Psychologie Mit diesen 5 Tipps lernt ihr aus eurem Scheitern
Beim Scheitern ist etwas mehr als "nur schiefgelaufen": Der Typ, mit dem man fast schon zusammen war, gibt einem doch überraschend einen knallharten Korb. Beim Job-Casting wird die Mitbewerberin mit der größeren Klappe genommen und der minutiös geplante Traum von der Weltumsegelung platzt fünf Minuten vor Abfahrt. Die beiden Psychologen Martin Rüdiger und Astrid Schütz schreiben in ihrem Artikel 'Das Selbst, wenn es scheitert': "Im Falle des Scheiterns jedoch ist oder scheint es aussichtslos, das Handlungsziel jemals zu erreichen." Scheitern bedeutet, sich von einem drängenden Wunsch oder Lebenstraum endgültig zu verabschieden. Das ist hart, aber bietet auch die Chance, sich selbst besser kennenzulernen. Mit diesen fünf Schritten könnt ihr aus dem Scheitern lernen:
1. Es tut weh – ertrage es!
Wenn ein Traum zerstäubt wie Pollen im Wind, dann braucht es mehr als einen beknackten Schokoriegel, um wieder klar zu kommen. Tagelang im Bett liegen, bitterlich weinen, sich bei empathischen Freunden mächtig auskotzen - Das alles gehört zur Stunde Null nach dem Scheitern. Wichtig dabei: Dass eure engsten Vertrauten nicht sofort in den Verbesserungs-Modus schalten und Vorschläge machen, wie euer Leben doch noch eine Kehrtwendung nehmen könnte. Erst mal in Ruhe leiden. Gefühle wegdrücken verhindert, dass man das Erlebte verarbeiten kann. Die Münchner Diplom-Psychologin Lena Schiestel sagt:
"Ganz am Anfang ist es gut, die Traurigkeit zuzulassen und auf ganz basale Dinge zu achten: ausreichend essen, duschen und schauen, dass man gut schläft. Eben dass man nicht wegschiebt, sondern verdaut."
Diplom-Psychologin Lena Schiestel
2. Wenn es zu schlimm wird, ablenken!
Es gibt einen Unterschied zwischen Schmerz zulassen und gar nicht mehr hoch kommen. Bevor ihr anfangt, euch selbst zu zerfleischen, sprecht mit guten Leuten, von denen ihr Trost erwartet. Das können enge Freunde sein, ein Elternteil, Geschwister und auch ihr selbst dürft STOPP sagen. Diplom-Psychologin Lena Schiestel:
"Manchmal ist es wichtig, sich abzulenken. Zum Beispiel mit Serien schauen, rausgehen oder in dem man sich Biografien von berühmten Persönlichkeiten durchliest, die selber gescheitert sind und es trotzdem zu was gebracht haben. Das kann einem in dem Moment helfen zu sehen: Okay, aus denen ist auch noch was geworden."
Diplom-Psychologin Lena Schiestel
3. Innenleben nie mit Außenleben vergleichen!
Scheitern kommt oft mit einer übelriechenden Begleiterscheinung: Dem Vergleich. Wenn es bei einem selbst nicht läuft, sieht das Leben der Anderen gleich noch mehr nach Instafilter aus. Womit ihr sofort aufhören solltet, ist euer aktuell gebeuteltes Innenleben mit dem shiny Außenleben der Anderen zu vergleichen. "Das ist ein schiefer Vergleich, bei dem man selbst nur verlieren kann", sagt Diplom-Psychologin Lena Schiestel. Deshalb tut euch den Gefallen und meidet in dieser Zeit soziale Netzwerke. Auch die Profile, die das Scheitern feiern. Lasst auch das Stalking sein. Bleibt einfach nur bei euch und guten Menschen, die euch im Real Life den Kopf kraulen.
4. In die Analyse gehen!
Das ist der schwerste Part, ohne den ihr schöner Scheitern aber nicht lernen könntt. Wenn der erste große Schmerz überwunden ist, geht in den Analyse-Modus. Woran lag es? Was ist da eigentlich passiert? Kommt euch diese Situation aus vergangenem Scheitern vielleicht schon sehr vertraut vor? Analyse bedeutet in diesem Fall weder Selbstzerfleischung noch sture Selbstverteidigung, sondern das objektive Betrachten deines Scheiterns.
Bei allen Ereignissen, in die man emotional verwickelt ist, braucht das sehr viel Übung: "Im besten Fall schaut man auf sich, wie eine wohlwollende Freundin und betrachtet die Situation aus dieser Perspektive", rät Lena Schiestel. Damit könne man die Situation realistisch einschätzen lernen und sich die richtigen Fragen stellen: Wie groß war meine Chance wirklich, den Job zu bekommen? Hat die Frau des Lebens vielleicht doch einfach einen Dachschaden und mal wieder Ähnlichkeit mit meiner Mutter? Warum wollte ich das überhaupt?
5. Scheitern als Teil des Lebens akzeptieren!
Klingt banal? Ist es aber nicht. Auch wenn ihr Meisterinnen oder Meister der Vorbereitung, Selbsteinschätzung und überhaupt die idealen Menschen werdet: Ihr werdet wieder scheitern. Psychologin Lena Schiestel ist da ganz deutlich: "Klar kann man scheitern verhindern, das hieße aber auch, alle Träume zu begraben und nichts mehr zu wollen." Auch ein erfülltes Leben läuft nicht glatt und Biografien sind nun mal gesäumt von Tiefschlägen. Die können zu kleinen, ruckeligen Schlaglöchern werden, wenn ihr den Anspruch verliert, dass Dinge funktionieren müssen, nur weil ihr euch das wünscht. Das heißt nicht, dass ihr Pessimist*innen werden und nichts mehr wollen sollt, sondern eine realistischere Sicht auf euch selbst und die Welt bekommt. Das bedeutet zwar weniger Höhenflüge, aber eben auch "schöneres" Scheitern.