Kulturhauptstadt Nürnberg? Nürnberg macht zu wenig für Subkultur - und stellt sich selbst ein Bein
Nürnberg hat ein großes Ziel: Kulturhauptstadt 2025 werden. Doch die Stadt fördert junge Kunst und Subkultur noch zu wenig. Die "Initiative für mehr Band- und Kunsträume" will das ändern. Wir waren bei einer Demo dabei.
Von: Sebastian Spallek
Stand: 18.07.2018
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Kunst entsteht nicht von alleine. Sie wächst nicht einfach aus dem Boden und macht die Städte bunt. Kunst - egal in welcher Form - ist ein Prozess. Und Kunst braucht vor allem eins: Platz. Zum Proben, Experimentieren und Kooperieren.
Wie so viele andere deutsche Städte hat Nürnberg ein Problem: Die Mieten schießen in die Höhe. Gerade für junge Bands und Künstler ist das schwierig, denn Proberäume sind ganz einfach zu teuer. Und von der Stadt finanzierte Räume gibt es keine.
Die Situation geht vielen Nürnbergern auf die Nerven: Rund 150 Leute haben sich am 13. Juli am alten Rathaus in Nürnberg versammelt um auf der Demo für mehr Band- und Kunsträume darauf aufmerksam zu machen, dass die Nürnberger Subkultur ziemlich leidet. Bei vielen, wie der Musikerin Linda Mund, geht es auch um die berufliche Zukunft: "Ich bin hier, weil ich gerne einen Proberaum für meine Band hätte. Wir alle haben Jazz studiert, sind jetzt fertig und wissen nicht, wie das weitergehen soll ohne Proberaum."
Nürnberg will Kulturhauptstadt werden
Dabei hat sich die Stadt gerade das Thema Kunst und Kultur fett auf die Fahnen geschrieben. Denn seit letztem Jahr steht fest: Nürnberg will 2025 Kulturhauptstadt werden. Um den Titel konkurrieren neun deutsche Städte - darunter auch die Dokumenta-City Kassel. Gerade jetzt, in der Bewerbungsphase, sollte sich Nürnberg eigentlich von seiner kulturell besten Seite zeigen. Und da gehört auch die Subkultur dazu. Trotzdem hat die Stadtverwaltung vor kurzem beispielsweise eine freie Galerie auf dem Nürnberger AEG-Gelände dicht gemacht. Genau sowas ist ein absolutes No-Go für Karl Rössner von der "Initiative für mehr Band- und Kunsträume".
"Wir als Initiative haben eben den Eindruck, dass die Stadt sich sehr gerne rühmt mit dem Produkt, aber diesen Werdegang zu wenig unterstützt. Es ist schlicht zu wenig Raum da. Wenn der Raum da ist, ist er zu teuer oder in einem katastrophalen Zustand."
- Karl Rössner, Mitveranstalter der Demo
Protest stößt auf Wohlwollen
Auch das Bewerbungsteam der Kulturhauptstadt ist auf das Problem mit den fehlenden Räumen für Kunstschaffende aufmerksam geworden und gibt sich ganz auf Linie der Demonstranten. Wirklich konkrete Vorschläge kann das Kulturbüro noch keine nennen. Hans Joachim Wagner, der Leiter des Bewerbungsteams, hat lediglich eine ungefähre Vorstellung, wie man die Situation für die Nürnberger Künstler verbessern könnte. Er meint zum Beispiel, es brauche einen fixen Ort in der Stadt, wo verschiedene Szenen in einen künstlerischen Austausch treten könnten. "Die Demo ist ein wichtiges Signal in die Stadt hinein. Wir sind bereits an zahlreichen Stellen unterwegs, um eine Besserung dieser Situation herbeizuführen", sagt Wagner.
Noch zwei Jahre Zeit
Die Stadt muss handeln, die Zeit rennt. Im Jahr 2020 fällt die Entscheidung über die Kulturhauptstadt und jedes kreative Potential kann helfen, die Jury zu überzeugen. Was Nürnberg braucht, sind Einrichtungen, in denen sich eine junge Kreativszene ausprobieren kann - von der Stadt finanziert. Dafür kämpft die "Initiative für mehr Band- und Kunsträume". Die Demo am Freitag war ein erstes Zeichen. Die Veranstalter planen schon die nächsten Projekte, um die Stadt kulturell zu pushen. Letztendlich müssen aber alle Beteiligten - die Künstler und Musiker, das Bewerbungsteam und die Stadt - das Problem gemeinsam angehen. Denn genau wie der Titel "Kulturhauptstadt" wächst Kunst nicht einfach so aus dem Boden.
Sendung: Filter am 17.07.2018 – ab 15 Uhr