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Info Fitz and The Tantrums aus Los Angeles machen ihrem Namen keine Ehre. "Tantrum" heißt auf Deutsch "Wutanfall". Ihre Musik klingt aber eher, als hätten die beste Laune aller Zeiten, auch von allen Launen, die noch kommen.

Die Macht von Serien "Gewalt in Serien kann auch Gewalt im realen Leben auslösen"

Die Serie "Tote Mädchen lügen nicht" läuft mittlerweile in der dritten Staffel – der Vorwurf, die Serie würde zum Suizid verleiten, bleibt erhalten. Wir wollten von einem Experten wissen: zu Recht?

Von: Valerie Künzl

Stand: 18.09.2019 | Archiv

Szene aus der Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" Staffel 2. | Bild: Netflix

Können Serien ihre Zuschauer*innen wirklich in den Tod treiben? Eine neue Studie aus Österreich scheint diesen Verdacht jetzt zumindest bei einer Serie zu bestätigen. Wegen der Netflix-Hitserie "Tote Mädchen lügen nicht" soll tatsächlich die Suizidrate in den USA angestiegen sein. Schon seit der ersten Staffel hatten Expert*innen den Macher*innen vorgeworfen, in der Serie würde Selbsttötung verherrlicht. Benedikt Till, Professor an der Medizinischen Universität Wien war an der neuen Studie beteiligt. Er erklärt, welchen Einfluss Serien auf unsere Psyche haben und wie gefährlich "Tote Mädchen lügen nicht" wirklich ist.   

PULS: Herr Till, was machen denn Serien mit uns als Zuseher*innen?

Benedikt Till: Wenn ich in Serien bestimmte Dinge sehe, dann haben die einen Einfluss auf mich. Das kann in die negative, aber auch in die positive Richtung gehen. Zum Beispiel besteht die Frage, ob Gewalt in Serien auch Gewalt im realen Leben auslöst. Diesen Zusammenhang gibt es auf alle Fälle. Wenn solche Dinge, wie Gewalt, Terroranschläge oder Suizid immer wieder thematisiert werden, wenn Leute immer wieder damit konfrontiert sind, kann es zu einem Nachahmungsverhalten kommen.

Die dritte Staffel der Serie "Tote Mädchen lügen nicht" ist Ende August erschienen. Darin wird der Selbstmord der 17-jährigen High-School Schülerin thematisiert. Worauf liegt der Fokus in dieser Serie?

Wir sehen hier eine ganz explizite, aber dennoch geschönte Darstellung von dem Suizid der Hannah Baker. Wir sehen keinen Ausweg aus dieser Situation, in der sie sich befindet. Alles ist hoffnungslos. Es gibt keine Lösungen. Sie hat eine ganz große Zahl an Problemen und der Einzige, der helfen könnte, ist der Schulpsychologe, der komplett inkompetent dargestellt wird und eigentlich der dreizehnte Grund für ihren Suizid ist. Und da muss man sich dann natürlich sehr wohl Kritik gefallen lassen. Hier wird offensichtlich kein Fokus auf Hilfe gelegt, sondern wirklich nur auf Sterben, auf Suizid.

Ist denn hier ein solches Nachahmungsverhalten im Bereich Suizid bei dem Zuseher*innen zu beobachten?

Ja, in den USA wurde nach der Ausstrahlung der ersten Staffel definitiv ein Anstieg der Suizide bei Jugendlichen im Alter von zehn bis 19 Jahren beobachtet, insbesondere bei Mädchen in diesem Alter. Das ist vereinbar mit dem sogenannten Werther-Effekt. Das bedeutet, die Suizidrate in der Bevölkerung steigt an, wenn auf eine sensationsträchtige Art und Weise über einen Suizid berichtet wird. Dieser Effekt ist bei der Zielgruppe (von "Tote Mädchen lügen nicht") stark zu beobachten. Also bei Mädchen in diesem Alter, die sich mit Hannah Baker identifizieren können.

Netflix hat darauf reagiert und versucht die Szene zu entschärfen. Bei manchen Folgen wird jetzt eine Warnung eingespielt. Wie effektiv ist das?

Es gibt keine Evidenz, dass diese Warnungen wirksam sind. Ganz im Gegenteil. Es gibt sogar eine Studie, die zeigt, dass diese Warnungen Jugendliche sogar noch angespornt haben, sich diese Serie anzusehen, weil es das Ganze noch interessanter gemacht hat.

Jetzt haben wir nur über die negativen Effekte gesprochen. Aber können Serien denn auch eine positive Auswirkung haben?

Ja, sicher. Wenn ich jetzt einen Film habe, der zeigt, wie sich jemand in einer suizidalen Krise befunden hat und zeigt, was der gemacht hat, um seine Krise zu bewältigen und dann alles besser geworden ist und das Ganze ein Happy End hat, dann hat das nachweislich einen positiven Effekt, man spricht auch vom Papageno-Effekt. Das konnten Studien auch ganz klar zeigen. Dann geht es den Leuten besser und sie sind motiviert ihre eigene Krise zu lösen. Sie fühlen sich dann mehr gewappnet, falls sie wieder in so eine Krise kommen. Jetzt wissen sie nämlich, wie sie damit umgehen müssen. Es geht also immer darum, wie ich über das Thema, in diesem Fall über Suizid, spreche. Es kommt darauf an, welcher Fokus gelegt wird – auf das Sterben beziehungsweise auf die Suizidmethoden oder eben darauf, dass es Hilfe und Menschen gibt, die sich schon einmal in so einer Krisensituation befunden haben, diese aber erfolgreich bewältigen konnten.  

Hast du dunkle Gedanken? Wenn es dir nicht gut geht oder du daran denkst, dir das Leben zu nehmen, versuche, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen du dich melden kannst.

Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.

Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer Email-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Website. Informationen findest du unter www.telefonseelsorge.de.

Sendung: PULS am Nachmittag am 23.08.2019 – ab 15 Uhr.