Straight Allies in Bayern LGBTIQ*-Unterstützung hat jetzt einen Namen

Du bist hetero und voll für die Gleichberechtigung von LGBTIQ*-Menschen? Dann bist du vielleicht ein "Straight Ally". Eine Münchner Gruppe will diesen Begriff nach Bayern bringen.

Von: Inés Peyser-Kreis

Stand: 13.08.2019 | Archiv

Jacqueline Hofer beim CSD Nürnberg | Bild: Vilmos Veress

Jacqueline hüpft im strömenden Regen über das Kopfsteinpflaster der Nürnberger Altstadt inmitten von Konfetti und Regenbogenflaggen. Es ist Christopher Street Day – und Jaqueline ist überglücklich: "Ich bin jetzt gerade quietschend schreiend umarmt worden. Das waren drei lesbische Mädels mit einer straighten Freundin und die hat sich so gefreut: 'Ja, ich gehör jetzt auch dazu! Es gibt einen Namen, ich find‘s voll geil, was ihr macht.' Das macht einen total happy, dass man merkt, es gibt Menschen, die sagen: Ich warte genau da drauf."

"Das Kind hat jetzt einen Namen"

Zehn Tage vorher: Das erste Treffen einer neuen Gruppe im Sub e.V., dem Schwulen Kommunikations- und Kulturzentrum in München. Hier sitzen in einem fensterlosen Seminarraum, mit Bier in der Hand, die Straight Allies zusammen – die Hetero-Alliierten. Menschen, die selbst nicht queer sind, aber ihre schwulen, lesbischen, transsexuellen Freunde unterstützen.

Logo Straight Ally | Bild: Sub e.V.

In den USA gibt’s dieses Konzept schon lange: In den 70ern lag der Fokus zuerst auf Eltern, die ihre homosexuellen Kinder öffentlich unterstützen wollen. Heute ist es total normal, dass Kids an amerikanischen High-Schools Straight Ally-AGs gründen.

Im Deutschen gibt's dafür aber kein wirkliches Wort – denn hier ist das Konzept der Straight Allies noch nicht weit verbreitet, erzählt Jacqueline: "Ich hab' mich mit ner Amerikanerin unterhalten und hab sie gefragt: Weißt’n du, was ein Straight Ally ist? Die meinte: Klar, logisch. Und ich meinte: Ja schau, bei uns weiß das halt einfach niemand. Das wollen wir jetzt aber ändern."

Jacqueline hilft seit Jahren schon ehrenamtlich bei der Aids-Hilfe und im Sub e.V. und musste sich schon so manche dumme Frage anhören:

"Man erklärt sich dann immer so: Bist du sicher, dass du nicht lesbisch bist? Ja, ich bin halt da, ich unterstütz die Community, ich mach das immer."

Jacqueline Hofer, Mitbegründerin der Straight Ally Gruppe im Sub e.V.

Eine neue Art der Zugehörigkeit – das wünschen sich auch die anderen fünf Interessent*innen, die zum Kickoff-Termin in München gekommen sind. Zuerst geht's vor allem um Orga-Kram an: Welche Aktionen startet die Gruppe? Bedrucken sie sich Shirts? Über welche Kanäle wird kommuniziert? Stinknormale grundsätzliche Fragen, die man sich als neue Gruppe eben stellt. Nur eins ist von Anfang an klar: Sie alle wollen für die Gleichbehandlung aller Menschen kämpfen. Christian zum Beispiel haben die dummen Sprüche im Fußballverein und in der Schule schon immer genervt. Gesagt hat er trotzdem nichts. Bis sich eine Freundin von ihm geoutet hat: "Ab dem Zeitpunkt habe ich für mich selbst entschieden, dass ich da schon auch mal dazwischen geh. Dass man die Leute einfach mal fragt, warum sie das sagen, was sie sich dabei denken?"

Haltung zeigen im Alltag und in der Arbeit – gemeinsam gegen Homo- und Transphobie. Das sieht die Gruppe als ihr erstes Anliegen. Doch dafür müssen mehr Leute von der Bewegung mitbekommen. Darum geht's zehn Tage später zum Christopher Street Day nach Nürnberg. Denn gerade hier hoffen die Straight Allies, dass sie auch einige Leute aus dem ländlichen Nürnberger Umland erreichen.

Unterstützung sichtbar machen: Auch auf der Pride Parade

Der ausgelassene Party-Umzug beginnt am Berliner Platz in Nürnberg: Drag Queens machen sich schick und stolzieren zu den 90er-Trash-Hits, die aus den Boxen dröhnen, durch die Innenstadt. Auch die Gruppe um Jacqueline läuft mit, ist Teil des offiziellen Umzugs. Sie sollen Flagge zeigen, Flyer und Sticker verteilen. Nur: Was sagt eigentlich die Queer-Community dazu, dass Heteros unter eigenem Namen an "ihrer" Pride Parade teilnehmen?

Einige kennen schon das Konzept der Straight Allies, wie eine junge Frau und deren Clique, auf deren Wangen die Einladung 'Free Hugs' gepinselt ist: "Ich bin bi, er ist pan und er ist trans. Aber viele von unseren Freunden sind Straight Allies und die gehören richtig mit dazu und feiern mit. Die nennen sich aber meistens nicht so, weil sie sich selten als straight outen, sondern einfach mitkommen. Aber es stellt eh nie jemand in Frage, warum die dabei sind."

Das Feedback der Community: Super, dass die "Straight Allies" mitfeiern. Aber einige fragen sich: Braucht's dafür ein extra Label? So wie Matze, der in Goldkleid und Stöckelschuhen unterwegs ist:

"Der Name Alliierte, das klingt ein bisschen nach Normandie, ehrlich gesagt. Ich find's eigentlich blöd, dem einen Namen zu geben. Ich fände es geiler, wenn man sagt: Das ist für queere Leute und alle, die das gut finden. Ich bin schwul und ich finde, jeder, der mich gut findet, jeder, der die Vielfalt gut findet, soll da mitmachen. Ich mag Unterteilungen gar nicht, weder zwischen Lesben, Schwulen, Bisexuellen, whatever. Love is love!"

Die Straight Allies finden: Ja, das Label braucht’s, allein schon für die Sichtbarkeit nach außen hin: "Unterstützung muss sichtbar sein, damit sie richtig wirken kann", sagt Jacqueline.

Die Straight Allies bleiben also bei ihrem Namen. Zumindest vorerst. Um für das Thema zu sensibilisieren, immer mit dem Ziel, dass es irgendwann vielleicht so normal ist, ein Straight Ally zu sein, dass das Label überflüssig wird. Bis dahin flyert und stickert Jacqueline fleißig weiter – mit Erfolg: "Du drückst hier Leuten Aufkleber in die Hand und zwei Minuten später, wenn sie gelesen haben, was sie da eigentlich haben, kommen sie zurückgerannt und wollen mehr Aufkleber, das ist total geil!"

Ihr wollt mitmachen?

Wer sich den Straight Allies im Sub e.V. anschließen will, schreibt eine E-Mail an ally@subonline.org. Die nächsten Termine der Gruppe sind: Thekendienst im Sub e.V. am 23. August und der Christopher Street Day in Landshut am 28. September.

Sendung: PULS am 12.08.2019