Umstrittene E-Zigarette Warum Juul zum massiven Problem werden könnte
Seit heute ist die umstrittene E-Zigarette Juul aus den USA auch bei uns erhältlich. Aber statt dabei zu helfen mit dem Rauchen aufzuhören, ist die Gefahr groß, dass Juul viele Jugendliche überhaupt erst nikotinabhängig macht.
Von: Hannah Heinzinger
Stand: 19.12.2018
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Der ursprüngliche Gedanke hinter E-Zigaretten ist: Raucher sanft beim Aufhören begleiten. Statt zur stinkigen Fluppe soll der ambitionierte Aufhörende zur E-Zigarette greifen. Die enthält zwar immer noch Nikotin, aber ohne Teer und die giftigen Stoffe, die beim Abbrennen entstehen. Je nach Hersteller gibt es außerdem unterschiedlich hohe Nikotindosierungen. Mithilfe des wahlweise nach Mango oder anderem Obst duftenden Nikotindampfs soll man sich dann langsam entwöhnen. Eigentlich ein löblicher Gedanke.
Sowas nennt man wohl Verschlimmbessern
Bei Leuten, die E-Zigaretten zum Entwöhnen benutzen funktioniert das auch ganz gut. Obwohl die Forschung auf diesem Gebiet noch nicht sehr weit ist, weiß Tabakforscher Tobias Rüther von der Tabakambulanz der Uni München:
"Wenn man vollständig umsteigt, ist die Wahrscheinlichkeit ganz mit dem Rauchen aufzuhören höher, als wenn man es nicht macht."
Tobias Rüther, Tabakamulanz der Uni München
Ob dieser Effekt bei der Juul auch eintritt, lässt sich noch nicht sicher sagen. Das Produkt ist noch zu jung, verlässliche Studien fehlen. Gerade sieht es eher so aus, als würde die E-Zigarette, die es seit heute auch in Deutschland gibt, eher zum Rauchen animieren - zumindest jüngere Menschen. Vor allem auf US-amerikanischen Schulhöfen ist die Juul ziemlich beliebt. Laut einer Studie der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde FDA hat die Zahl der Nutzer von E-Zigaretten an High Schools im Vergleich zum vergangenen Jahr um 78 Prozent zugenommen. Regelmäßig schlagen Schulleitungen, besorgte Eltern und die Presse in den USA Alarm. Das Netz ist voll mit Videos und Posts von jungen Leuten, die Tricks üben und Geschmacksrichtungen testen.
Die zugelassene Höchstdosierung von Nikotin ist in den USA wesentlich höher als in der Europäischen Union, deshalb konnte man die Juul lange Zeit nur im Netz direkt aus dem Ausland bestellen. 59 Milligramm Nikotin enthalten herkömmliche Juul-Kapseln in den USA, der in Deutschland zugelassene Höchstwert liegt bei 20 Milligramm pro Milliliter. Für die deutsche Markteinführung haben die Macher nachjustiert, die Juul ist hier mit einer geringeren Dosierung in die Läden gekommen, dem Höchstwert von 20 Millilitern.
Juul wirkt anders als herkömmliche E-Zigaretten
Das Problem ist, dass die Juul gleich von Anfang an sehr stark wirkt, sagt Tabakforscher Tobias Rüther. Denn es wird eine neue Form von Nikotin verwendet:
"Es flutet im Gehirn schneller an und liefert den berühmten Belohnungskick, wie bei der normalen Zigarette. Das haben die herkömmlichen E-Zigaretten bisher nicht gemacht. Bei der Juul wird das jetzt imitiert, das heißt sie macht sehr schnell süchtig."
Tobias Rüther
Ob die Juul bei Rauchern, die die E-Zigarette zum Aufhören verwenden, überhaupt etwas bringt, ist deshalb fraglich.
Cooler als normale Zigaretten
Die Juul hat optisch mit einer normalen Zigarette nicht mehr viel gemeinsam, sie sieht eher aus wie ein langer, dünner USB-Stick. Man bekommt sie in fancy Farben und den verschiedensten Geschmacksrichtungen. Mit dem klassischen Rauchen hat das nicht mehr viel gemein. Das schmale, moderne Design ist an die Generation Internet angepasst und soll ein ganz neues Erlebnis sein.
"Ich glaube, das ist genau der Trick. In Amerika wird das ganz gezielt für Jugendliche und junge Nerds beworben."
Tobias Rüther
In den USA hat das Unternehmen bereits Änderungen angekündigt: Die beliebtesten Geschmacksrichtungen Mango, Obst, Sahne und Gurke sollen nur noch mit strikter Altersprüfung zu kaufen sein, wie die genau aussehen soll, ist noch nicht ganz klar. Außerdem soll die Online-Werbung über Social-Media-Accounts der Marke runtergefahren werden. In Deutschland wird Juul wie andere Tabakerzeugnisse erst ab 18 erhältlich sein. Wie sich der Trend in Deutschland entwickeln wird, muss sich noch zeigen. Tabakforscher Tobias Rüther ist sich jedoch sicher: Da rollt ein "massives Problem" auf uns zu.
Sendung: Filter vom 19.12.2018 - ab 15 Uhr