Belästigung im Nachtleben Wie sich Frauen beim Feiern wieder wohlfühlen können
Belästigung im Nachtleben ist zum Glück endlich zum Thema in der Öffentlichkeit geworden. Was wir darüber hinaus tun können – und müssen.
Die fremde Hand am Arsch – fast jeder weibliche Hintern muss im Nachtleben irgendwann Bekanntschaft mit ihr machen. Grenzüberschreitungen aller Art – durch Blicke, Gesten oder Worte – gehören für viele Frauen zum Feiern dazu. Belästigungen beim Weggehen sind leider so alltäglich geworden, dass es schon gar nicht mehr auffällt, wie beschissen sie eigentlich sind. Doch was tun, im überfüllten Club? Wen zur Rede stellen, wenn um einen herum der Bass wummert?
Glücklicherweise findet das Thema Belästigung im Nachtleben immer mehr Aufmerksamkeit. Aktionen wie "Ist Luisa da?" schlagen Wellen, viele Clubbetreiber haben keinen Bock mehr, dass in ihrem Laden Belästigung stattfindet:
"Ich denke, dass wir ganz, ganz viele Sachen nicht mitkriegen, weil die so unterschwellig laufen. Und ich denke, die Aufgabe für uns als Club ist, zu schauen: Wie kann ich den Frauen signalisieren – egal was du machst – wenn du dich blöd fühlst, komm zu uns und melde dich. Und hab überhaupt keine Scheu."
David Süß, Betreiber des Münchner Technoclubs Harry Klein
David Süß hat deswegen eine Diskussionsrunde zum Thema "Wohlfühlen im Nachtleben" veranstaltet. Mit dabei war die Soziologin Christine Preiser, die für ihre Doktorarbeit Türsteher in verschiedenen Clubs durch die Nacht begleitet hat. Auch sie kennt die alltäglichen Belästigungen beim Feiern und sagt: Egal was passiert, sprecht auf jeden Fall mit den Türstehern.
"So unterschiedlich die Leute sind, die an der Tür stehen – wenn man zu ihnen hingeht und sagt: 'Hey, ich fühl mich bedrängt', wurde das immer sehr, sehr ernst genommen und sehr viel Aufwand betrieben, die Leute zu finden. Und ich hab für mich so das Gefühl mitgenommen: Ok, das nehme ich jetzt auch in Anspruch."
Soziologin Christine Preiser
Die meisten Türsteher sind mittlerweile speziell für solche Situationen geschult und wissen, wie man damit umgeht. David Süß denkt zusätzlich darüber nach, in seinem Club sogenannte "Awareness Teams" einzusetzen, wie es sie in Hamburger Clubs schon gibt. Das ist speziell geschultes Personal, das sich unter den Feiernden befindet und das eingreift, wenn Situationen zu eskalieren drohen und als genereller Ansprechpartner bereitsteht.
Ganz wichtig ist es, so Christine Preiser, dass man sich darüber bewusst ist, nicht selbst schuld zu sein. "Was sich definitiv ändern muss, ist dieses Victim Blaming. Die Leute, die verantwortlich sind, sind die Täter und nicht die Betroffenen."
Damit sich etwas ändert, ist es auf jeden Fall wichtig, überhaupt etwas zu tun. Den Mund aufzumachen und zu sagen, dass die Aktion so gar nicht geht. Oder sich an jemanden zu wenden, der das für einen übernimmt. Denn wer sich durch den Club grapscht und keinen Konter kriegt, wird immer weitermachen. Und jedes Schweigen kann als stumme Bestätigung aufgenommen werden.
Sendung: Filter vom 12.04.2017 ab 15 Uhr