Breitbart vs. Schmalbart Der gute Mob

Die US-Wahl war für Christoph Kappes ein Schock. Dass Populisten Wahlen gewinnen, obwohl sie offen lügen, konnte er sich nicht erklären. Aber statt in Depressionen zu verfallen, hat er den Watchblog Schmalbart gegründet.

Von: Max Muth

Stand: 18.01.2017 | Archiv

Eine Person mit breitem Bart und eine Person mit schmalem Bart | Bild: BR

Dortmund, Silvester 2016. Ungefähr tausend südländisch aussehende Menschen schießen mit Raketen und Böllern auf die Polizei, dann stecken sie unter "Allahu Akbar"-Rufen die Reinoldikirche in Brand. So steht es zumindest in einem Artikel des US-Portals Breitbart News. In Deutschland hat davon kaum ein Mensch gehört. Weil es die Horrornacht von Dortmund so nie gegeben hat. Wirklich passiert ist Folgendes:

Ein paar Syrer oder Araber waren in der Stadt unterwegs - vielleicht haben auch ein paar "Allahu Akbar" gerufen, um zu feiern. Irgendwann ist eine Rakete auf ein Baugerüst der Kirche geflogen und es hat kurz gebrannt. Alles halb so wild, sagen Feuerwehr, Polizei und ein anwesender Reporter. Aber Breitbart weiß es besser:

"1000-Mann-Mob attackiert Polizisten und zündet Deutschlands älteste Kirche an."

Breitbart.com

Über drei Millionen Follower hat Breitbart aktuell auf Facebook. Die Zahl der monatlichen Leser liegt nach eigenen Angaben bei 45 Millionen. Demnächst will Breitbart mit einem deutschsprachigen Ableger die Fakten verdrehen. Der Internet-Berater und Aktivist Christoph Kappes beobachtet die Seite schon länger:

"Breitbart News ist schon ein älteres Angebot aus den USA. Man könnte sagen, eine Art Turbo-Boulevard, also eine Boulevardzeitung im Netz. Aber eine mit einer ganz klaren politischen Agenda. Das hat der verstorbene Gründer auch gesagt: Das Ziel ist es, sich gegen die klassischen Medien zu stellen und sie zu zerstören."

Christoph Kappes

Das Prinzip ist klar: Breitbart schert sich nicht allzu sehr um die Wahrheit und berichtet, was ins Weltbild passt. Das ist weiß, antimuslimisch, ultrakonservativ und zum Teil auch offen rechtsnational.

Das alles klingt ein bisschen wie Donald Trump. Der künftige Präsident der USA und Breitbart, das sind für Christoph Kappes zusammenhängende Phänomene. Deshalb hat er Ende November angekündigt, für Breitbart Deutschland eine Art Watchblog zu gründen. Dafür hat er Leute im Netz gefragt, ob sie mitmachen wollen. Der Titel seines Projekts: Schmalbart. Die Resonanz auf seine Anfrage war überwältigend. 200 Leute wollen in ihrer Freizeit Desinformation im Netz bekämpfen. Aus dem Watchblog für Breitbart sind deshalb schnell mehrere Projekte geworden.

"Zum einen wollen wir eine Faktenbank gründen, die kurze, klare, einfache und verständliche Informationen bereithält - die man im Internet teilen kann. Zu Fragen, die einfach klingen, die aber gar nicht so leicht zu klären sind."

Christoph Kappes

Ein zweites Projekt ist ein bisschen kontroverser: Die Schmalbärte wollen sich im Netz zu einer Art "Mob des Guten" verbünden und Hasskommentarspalten mit Gegenargumenten fluten. In der Praxis heißt das: Einer schreibt, die anderen liken. Der Kommentar landet dann, wegen des Facebooks-Algorithmus, ganz oben im Hass-Thread. Christoph Kappes weiß, dass er sich da Mitteln bedient, die man an der Gegenseite oft kritisiert.

"Wir wollen schon mitreden und argumentieren. Wir sind keine Klick-Bots, die etwas nach oben treiben. Das klingt in anderen Ohren sonst vielleicht illegitim.  Es ist nicht so, dass wir willenlos auf das klicken, was unsere Leute da geschrieben haben."

Christoph Kappes

Breitbart & Co werden das wahrscheinlich ein bisschen anders sehen. Ob das wirklich etwas bringt, ist auch unklar, denn letztlich können die getrollten Rechtspopulisten die Störer auch einfach löschen. Wenn das passiert, will der "Mob des Guten" einfach weiterziehen zur nächsten Diskussion. In der Hoffnung, dass bei manchen Mitlesern vielleicht etwas hängen bleibt. Begegnen kann man dem "Schmalbart-Mob" ab Februar. Überall, wo es Hetze gibt.