Datenschutz Diese vier Beispiele zeigen, warum wir Datenschutz ernster nehmen müssen

Big Brother im eigenen Wohnzimmer und Einstellungsgespräche, die wegen Instagram scheitern – wer seine Daten nicht schützt, riskiert viel. Wir verraten, was jedem von uns passieren kann und wie wir es verhindern können.

Von: Robin Köhler

Stand: 18.12.2019 | Archiv

Datenschutz | Bild: BR

"Ich habe sowieso nichts zu verbergen!" Mit solchen Sätzen rechtfertigen immer noch viele, dass sie das gleiche Passwort für mehrere Logins benutzen und grundsätzlich nicht über den Schutz der eigenen Daten nachdenken. Man sollte aber nicht unterschätzen, was Hacker*innen, Firmen und Regierungen mit den ganzen Informationen über uns anstellen können. Dabei gibt es genügend echte Fälle, die uns Feuer unter den Datenschutzhintern machen sollten.

Creepy Kameras

Kühlschränke mit Kamera, Türschlösser mit Mikrofon, eine Fütterungsmaschine für Hunde inklusive Videoüberwachung – das alles stellen wir uns freiwillig in die Wohnung. Je mehr dieser Geräte mit dem Internet verbunden sind, desto größer werden aber die Gefahren, von Hacker*innen beobachtet oder gestalkt zu werden. Anfang Dezember bemerkte zum Beispiel eine Familie aus den USA, dass nicht nur die Eltern über ein Video-Babyfon mit den Töchtern im Kinderzimmer sprachen, sondern auch ein Hacker, der sich als Weihnachtsmann ausgab.

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Jessica Holley - Dienstag, 10. Dezember 2019, 21:56 Uhr
Each time I've watched this video it's given me chills. A Desoto County mother shared this Ring video with me. Four days after the camera was installed in her daughters' room she says someone hacked the camera & began talking to her 8-year-old daughter. More at 6 on #WMC5 https://t.co/77xCekCnB0

Each time I've watched this video it's given me chills.
A Desoto County mother shared this Ring video with me. Four days after the camera was installed in her daughters' room she says someone hacked the camera & began talking to her 8-year-old daughter.
More at 6 on #WMC5 https://t.co/77xCekCnB0 | Bild: Jessica_Holley (via Twitter)

"Das passiert, wenn Dinge mit dem Internet verbunden werden, die nicht damit verbunden werden sollten", sagt Gus Hosein von der NGO Privacy International. Er warnt, dass Menschen immer mehr dieser Geräte in ihre Privatbereiche bringen und sich keine Gedanken darüber machen, welche Möglichkeiten sie Hacker*innen damit bieten. Denn oft sind diese Smart Devices nur schlecht vor Angriffen geschützt.

Operation erst nach Lösegeld!

Aber nicht nur in der eigenen Wohnung lauert Gefahr. Stellt euch vor, ihr liegt im Krankenhaus und wartet auf eine wichtige Operation. Plötzlich geht aber nichts mehr, weil ein*e Hacker*in eure Patientendaten verschlüsselt hat und nur gegen Lösegeld wieder freigeben will. Die Ärzte wissen also nicht, was sie bei euch machen sollen. Was nach Fake klingt, ist 2017 in vielen Krankenhäusern in Großbritannien passiert. Auch US-Kommunen sind schon Opfer solcher "Ransomware"-Erpressungen geworden, bei denen Hacker*innen Daten einfach hinter neuen Passwörtern verstecken.

Laut Hosein benutzen Krankenhäuser und Regierungen oft veraltete Computersysteme: "Sie investieren nicht genug, um diese auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Das macht es Hackern teilweise unglaublich einfach, die Kontrolle zu übernehmen." Natürlich kann nicht jede*r selbst kontrollieren, welche Windows-Version das nächste Krankenhaus benutzt. Aber Institutionen wie Privacy International hoffen, dass gesellschaftlicher Druck öffentliche Einrichtungen dazu bringt, sich zeitgemäße Soft- und Hardware zuzulegen.

Ich bin jetzt du

Wir müssen also oft darauf vertrauen, dass andere unsere Daten schützen. Laut Hosein können Hacker*innen mit den richtigen Infos nämlich so einiges machen – egal woher die Daten stammen: "Sie können in deinem Namen Kreditkarten beantragen oder neue Bankkonten eröffnen. Oder sie rufen bei deiner Bank an und leiten Überweisungen um". Schuld daran muss nicht mal ein leicht zu knackendes Passwort sein.

Besonders in den USA gibt es Datenbroker-Firmen, die ohne unser Wissen alle Daten über uns zusammentragen: egal ob Browserverläufe, Kaufverhalten oder Sozialversicherungsnummern. Wenn so eine Firma dann gehackt wird oder die Infos aus Versehen leakt, haben Kriminelle leichtes Spiel. Erst im vergangenen Jahr stellte der Datenbroker Exactis Telefonnummern, Adressen und Religionszugehörigkeiten von 340 Millionen Menschen ins Netz. Nur ein Beispiel von vielen. Selbst die größten Unternehmen der Welt könnten ohne weitere Investitionen unsere Daten nicht ausreichend schützen, warnt Privacy International. Aber: Wir können selbst mit Datensparsamkeit mithelfen! Muss ich unbedingt die Handynummer ins Bestellformular schreiben? Braucht der Onlineshop so dringend mein Geburtsdatum? Wenn nicht, behaltet diese Infos besser für euch.

Jobstopper Instagramprofil

Aber die Daten müssen nicht mal in die Hände von Hacker*innen gelangen, damit es für uns ungemütlich wird: Beispiel Einstellungsgespräch. "Es gibt schon jetzt Fälle in den USA, wo Arbeitgeber zu Datenbrokern gehen und alle Informationen über einen Bewerber einsehen. Das kann dazu führen, dass du einen Job nicht bekommst", sagt Hosein. Diese Datenbroker sammeln einfach alle Datenschnipsel, die sie über uns im Internet finden. Das schlimmste dabei: Am Ende müssen die Informationen über einen nicht mal stimmen.

Mehr Datenschutz JETZT

Das klingt alles ziemlich unheimlich. Trotzdem hofft Gus Hosein auf eine sichere Zukunft: "Wenn Firmen und Regierungen unsere Daten sammeln, dann müssen sie diese sicher halten. Sie dürfen diese nicht weiterverkaufen oder verwerten." Bis es soweit ist, können wir aber was tun: Privacy International empfiehlt bei allen Geräten darauf zu achten, dass die neuesten Updates darauf installiert sind. Außerdem lohnen sich Passwort-Manager. Die Zeiten, in denen wir das gleiche Passwort bei fünf Accounts gleichzeitig benutzen, müssen der Vergangenheit angehören. Und es braucht mehr Bewusstsein für Datenschutz. Weil nur, wenn alle checken, wie sehr Datenschutz jeden betrifft, können wir ihn auch von großen Firmen wie auch kleinen Stadtämtern einfordern.

PULS am 07.01.2020 - ab 15.00 Uhr