Ein Algorithmus für die Flüchtlingsverteilung Mit dieser KI können Geflüchtete so verteilt werden, dass sie bessere Chancen auf Jobs haben
Die Verteilung von Geflüchteten in einem Land ist eine komplizierte Sache. Doch eine KI könnte jetzt helfen: Forscher haben einen Algorithmus entwickelt, der Flüchtlinge so verteilt, dass diese die besten Chancen auf Jobs haben.
Von: Anna Bühler
Stand: 26.01.2018
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"EASY" - so nennt sich das Computerprogramm, das im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge genutzt wird, um Geflüchtete auf die Bundesländer zu verteilen. Schon ein bisschen ironisch der Name "EASY", oder? Schließlich ist die Sache alles andere als leicht. Es gibt unzählige Faktoren, die bei der Verteilung von geflüchteten Menschen beachtet werden müssen: Die Herkunft der Flüchtlinge oder die Zahl der freien Plätze in Unterkünften, zum Beispiel. Aber wie sieht es mit einem anderen, doch sehr sinnvollen Kriterium aus...
Wie wäre es, wenn man Geflüchtete an Orte bringt, wo sie möglichst gute Chancen auf einen Job haben?
Genau daran wurde jetzt in einer Studie aus den USA und der Schweiz gearbeitet. Forscher und Forscherinnen der Stanford University und der ETH in Zürich haben einen Algorithmus entwickelt, der bei der idealen Verteilung der Menschen auf unterschiedliche Regionen helfen soll. Ziel ist es, dass die Personen da leben können, wo sie die besten Chancen haben, auch beschäftigt zu werden. Dominik Hangartner ist Professor an der ETH und einer der Autoren der Studie. Er erklärt das Prinzip an einem Beispiel.
"Wir haben festgestellt, dass es für junge Männer aus dem Irak, die vielleicht schon im Heimatland in der Landwirtschaft erwerbstätig waren, viel einfacher ist, eine Arbeitsstelle im ländlich geprägten Kanton Graubünden zu finden als beispielsweise im Kanton Basel Stadt."
Prof. Dominik Hangartner, ETH Zürich
Sprich: Es gibt Synergien zwischen den Charakteristika der einzelnen Menschen und, im Fall der Schweiz, zwischen den Kantonen. Diese Synergien erkennt der Algorithmus und macht im Anschluss Vorschläge für eine Verteilung.
Um den Algorithmus zu trainieren, haben ihm die Forscher echte Daten aus den USA und der Schweiz gefüttert, also Daten die bereits erhoben wurden. Dazu wurde in der Schweiz das Staatssekretariat für Migration angezapft, also das Äquivalent zum BAMF. Dort konnten Dominik Hangartner und sein Team Registerdaten von allen asylsuchenden Flüchtlingen einsehen, die in den letzten Jahren in die Schweiz eingereist sind.
"Die Registerdaten beinhalten relativ detaillierte Informationen über den Asylprozess aber eben auch über die Charakteristika der Flüchtlinge, die für den Arbeitsmarkt relevant sind. So was wie Geschlecht, Alter oder Herkunftsland. Und wir wissen für die ersten fünf Jahre nach Anreise, ob die Person wirklich erwerbstätig ist und falls ja, was für einen Job sie hatte."
Prof. Dominik Hangartner, ETH Zürich
Aufgrund dieser gesammelten Daten hat der Algorithmus gelernt, wie eine ideale Verteilung aussehen könnte. In der Schweiz haben erste Test auch schon super funktioniert: Die Wahrscheinlichkeit, dass Geflüchtete Jobs finden, konnte um 73% gesteigert werden.
In Deutschland kann so ein Algorithmus derzeit aus rechtlichen Gründen im realen Betrieb nicht eingesetzt werden. Man bräuchte Daten aus dem BAMF und der Bundesagentur für Arbeit - diese dürfen aber momentan nicht verknüpft werden. Aber, betont Dominik Hangartner, ein Testlauf wäre dennoch drin. Beim IAB, der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit gibt es Datensätze, mit denen man schon hervorragend arbeiten könnte.
Letztlich ist es aber eine politische Entscheidung, meint Hangartner. Es liege nicht nur bei den Wissenschaftlern und Wissenschaflterinnen und das, lacht er, sei auch gut so.
Sendung: Netzfilter am 27.01.2018 ab 12 Uhr