Kommentar zum Hackingskandal Wir sollten uns bei dem Hacker ernsthaft bedanken
Jeder verurteilt den Hackerangriff auf private Daten von Politikern und Promis. Unser Autor findet, wir sollten dem Hacker lieber dankbar dafür sein, dass er sich endlich mal die Richtigen ausgesucht hat: die Personen, die daraus einen Skandal machen.
Können wir bitte alle mal aufstehen, uns kurz verneigen und dem Hacker oder der Hackerin "Danke!" sagen?! Ich rede von den Hackingangriffen, durch die viele persönliche Daten von Politikern, Journalisten und Promis geleakt wurden.
Versteht mich nicht falsch, natürlich ist es scheiße, dass nun massenweise intime Chats, private Mailadressen oder Handynummern von bekannten Leuten für jeden einsehbar im Netz stehen. Wer würde schließlich nicht gerne mal Angela Merkel einen Telefonstreich spielen, wenn man ihre private Nummer zufällig auf Twitter findet? Es gibt gute Gründe, weshalb niemand will, dass solche privaten Infos öffentlich einsehbar sind. Aber dieser Hackerangriff hat die Richtigen getroffen. Nicht weil es die gehackten Politiker oder Promis verdient hätten, das will ich damit nicht sagen. Aber endlich sind Leute davon betroffen, die etwas ändern können und den Skandal einen echten Skandal werden lassen.
Endlich gibt es Betroffene, die man kennt
Bisher hat sich kaum jemand dafür interessiert, wenn der Exfreund von Laura aus Bayreuth ihre Handynummer zusammen mit einigen intimen Bildern ins Netz gestellt hat. Schließlich kennt niemand von uns diese Laura.
Doch kaum sind ein paar prominente Namen wie Angela Merkel, Casper oder Dorothee Bär betroffen, ist der Aufschrei groß und Politiker erzählen in Opferberichten, wie schlimm so ein Hack ist.
Manchmal muss man eben erst selbst den Schmerz fühlen, um nachzuvollziehen, wie weh etwas Anderen tut.
Jetzt will jeder etwas ändern
Innenminister Seehofer hat den Hack inzwischen zur Chefsache erklärt und will sich um die Aufklärung des Falls kümmern. Und Bundesjustizministerin Barley fordert sogar schon strengere Sicherheitsvorgaben für Softwarehersteller und Plattformbetreiber. Die meisten Politiker benehmen sich also so, als wäre das der erste Hackingskandal ever! Dabei stellen Datenschützer und Netzaktivisten diese Forderungen schon seit Jahren – sie wurden bisher nur immer ganz unten auf die politische Agenda gesetzt. Doch jetzt will plötzlich jeder Politiker mit Fachbegriffen punkten, seine Kennwörter ändern und Leute und Firmen für die Sicherheit unserer Daten verantwortlich machen.
Keine Frage, der Hack an sich bleibt immer noch scheiße – vor allem, falls wirklich ein politisches Ziel dahintersteckt, wie manche vermuten. Aber ich habe das Gefühl, dass dieser Fall diesmal langfristig etwas verändern könnte.
Vielleicht setzen Politiker wirklich neue Sicherheitsvorgaben durch, vielleicht werden für solche digitale Gewalt endlich eigene Straftatbestände eingeführt. Sollte der Fall für diese Veränderungen sorgen, kann man dem Hacker oder der Hackerin durchaus dankbar sein. Selbst wenn es nur dafür gesorgt hat, dass man mal wieder seine eigenen Kennwörter geändert hat.
Sendung: Filter vom 07. Januar 2019 ab 15 Uhr