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Snapchat aus dem Bundestag Der direkte Draht nach Berlin

Im US-Wahlkampf ist Snapchat schon nicht mehr wegzudenken. Seit ein paar Wochen hat auch die Politikerwelt in Berlin Snapchat für sich entdeckt. Nach dem Erfolg der AFD passt die App ihnen nämlich gerade ziemlich gut.

Von: Christine Auerbach

Stand: 21.03.2016 | Archiv

Snapchat wird auch im Bundestag immer beliebter | Bild: BR

Hendrik Thalheim, Leiter der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit von der Fraktion Die Linke im Bundestag ist ein ziemlicher Pionier. Er ist offizieller Snapchat-Beauftragter seiner Partei. Die Linke ist die erste Bundestagsfraktion, die seit ungefähr drei Wochen snapchattet. Wer ihren Kanal abonniert hat, bekommt alle paar Tage ein Update aus dem politischen Alltag in Berlin. Die Snaps von Thalheim zeigen Parteivorsitzende Katja Kipping im Wahlkampf oder den Weg vom Parkhaus bis zum Morgenkaffee. Auf dem Snapchat-Account der Linken gibt es kaum Statements. Stattdessen: Schnappschüsse.

"Es geht nicht darum, die große harte Nachricht zu verbreiten oder wie bei Twitter der schnellste Informant zu sein, sondern darum, eine Art vierte Dimension der Politik deutlich zu machen. Dieses Atmosphärische, das dahinter steht - wie Leute arbeiten, wie was entsteht. Weil damit Politik viel näher rückt."

Hendrik Thalheim (Die Linke)

Johannes Steiniger sitzt für die CDU im Bundestag und hat neben dem Politikerjob gerade sein Referendariat gemacht. Seine Schüler haben ihn auf Snapchat gebracht. Auch er postet Bilder aus seinem Politiker-Alltag: Seinen Tisch im Sportausschuss, seinen Schreibtisch im Büro, seine Zugfahrten zwischen Berlin und seiner Heimat Rheinland-Pfalz.

Dass die deutsche Politik gerade jetzt Snapchat entdeckt, ist vielleicht kein Zufall. Denn in seltener Einigkeit haben die beiden Politiker von CDU und Linke ein gemeinsames Ziel - jedenfalls bei ihren Social-Media-Aktivitäten und vor allem bei Snapchat:

"[Über Snapchat] sind die User unmittelbar dabei. Wir senken die Hürde, die ja doch offensichtlich viele empfinden – dieses 'Die da oben machen was sie wollen und wir erfahren davon nichts und wenn wir was erfahren ist es nur Mist.'"

Hendrik Thalheim (Die Linke)

"Wir sehen in der aktuellen AFD-Diskussion auf der einen Seite eine hohe Politisierung und Mobilisierung – viele Leute, die jahrelang nicht gewählt haben, haben gesagt, dass sie den Politikern einen Denkzettel verpassen wollen, weil die ihnen nicht mehr zuhören. Und ich glaube, dieses Zuhören, Ängste aufnehmen und damit umgehen und nicht als irrelevant abkanzeln, das ist zentral."

Johannes Steiniger (CDU)

Denn die klassischen Parteien, sagt Hendrik Thalheim von den Linken, stehen nach dem Erfolg der AFD alle vor der gleichen Frage: Wie man den offensichtlich brüchig gewordenen Kommunikationsfaden zwischen Bürgern und Parteien wieder herstellen und dicker machen kann. Natürlich kann eine Spaß-App wie Snapchat diesen Faden nicht knüpfen. Aber sie ist ein leichter Ansatz um zu zeigen: Auch ein Bundestags-Politiker sitzt im Zug auf dem Gang, wenn kein Sitzplatz mehr frei ist. Und muss sich seinen Kaffee selber machen.

Hendrik Thalheim snappt für Die Linke unter "linksfraktion". Johannes Steiniger findet ihr unter "josteiniger".


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