Kommentar Nehmt die AfD verdammt noch mal ernst!
Auf Twitter kursiert gerade der Hashtag #AfDFragen, bei dem User ultra-ironische Fragen im AfD-Stil an die öffentlich-rechtlichen Sender stellen. Aber das ist ein Schritt in die falsche Richtung.
Die AfD hat in Sachsen über 600 Fragen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestellt und damit mal wieder eine Steilvorlage geliefert, um sich über sie lustig zu machen. Genau das passiert auch gerade auf Twitter. Unter #AfDFragen führen User die Frageliste der AfD weiter, nur eben mit ironischen und überspitzten Fragen.
Viele der Tweets sind meiner Meinung nach grandios und treffen genau meinen Humor. Als Social-Media-affiner Mensch wäre es mir jetzt natürlich ein innerliches Blumenpflücken, mir ein paar fancy Tweets zu überlegen, um mich dem Hashtag anzuschließen und damit auch über die AfD lustig zu machen. Aber ich tue es nicht. Denn genau da liegt meiner Meinung nach das große Problem: Es wäre ein Schritt in die falsche Richtung.
Wenn die vergangenen Wochen und Monate etwas gezeigt haben, dann dass es nichts bringt, sich über offensichtlich radikale Menschen lustig zu machen. Bis einen Tag vor der US-Wahl war ich mir sicher, dass Donald Trump eine Witzfigur ist, die am Ende dahin zurückkehren wird, wo sie hergekommen ist und nicht ernsthaft für das Amt des US-Präsidenten in Frage kommt. An meiner Haltung ihm gegenüber hat sich nichts geändert - nur, dass er jetzt eben eine erschreckend mächtige Witzfigur geworden ist.
Wir sollten uns ernsthaft mit der AfD und ihrer Agenda auseinandersetzen
Kurz nach der US-Wahl überschlugen sich dann die Meldungen, dass wir ein Medienproblem haben. Dass man Trump hätte ernst nehmen müssen, statt ein Mem nach dem anderen aus dem Hut zu zaubern. Beim Lesen dieser Artikel habe ich mich ertappt gefühlt. Ich habe mich auch lieber über Trumps Haare lustig gemacht, als mich ernsthaft mit seiner Politik auseinanderzusetzen. So wie mir ging es wohl vielen anderen auch. Wohin das geführt hat, kann man sich jetzt die nächsten vier Jahre anschauen.
Die AfD ist mittlerweile in so vielen Landtagen vertreten, dass ich mir mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 ernsthafte Sorgen mache. Es ist aus meiner Sicht allerhöchste Eisenbahn, sich ernsthaft mit der Partei und ihrer Agenda auseinanderzusetzen, statt sich bei jeder Gelegenheit zum x-ten Mal über sie lustig zu machen.
Denn im Endeffekt sind diese Tweets, Meme und Schenkelkopfer eine intellektuelle Selbstbeweihräucherung von denen, die sich für intelligenter halten als die, die AfD wählen. Gleichzeitig suggerieren sie damit den Menschen, die die AfD wählen, dass man sie nicht für voll nimmt und dass sie einer unreflektierten "Unterschicht" angehören, die keine Ahnung von der Welt hat. Dann könnte es passieren, dass wir in einem Jahr wieder da sitzen und unseren Augen nicht trauen, wenn eine Partei, deren Programm sich stellenweise wie eine 2.0-Version von "Mein Kampf" liest, die Politik in unserem Land mitbestimmt.