Urheberrechtsreform Darum protestieren so viele YouTuber gegen Uploadfilter
Die Urheberrechtsreform ist ein Umbruch für das Internet. Die Proteste gegen Uploadfilter und Lizenzvereinbarungen werden stärker. Ob im Netz oder auf der Straße – der Aufschrei in Deutschland ist so laut wie noch nie.
Facebook, Instagram und Twitter sind überflutet von Memes und das gegenseitige Markieren unter lustigen Bildern gehört zur normalen Kommunikation in den sozialen Medien. Damit könnte aber bald Schluss sein, denn seit dem 13. Februar sind die Verhandlungen zwischen dem Europaparlament und dem Rat zur Urheberrechtsreform abgeschlossen. Wird die Reform in der finalen Abstimmung angenommen, ändert sich so einiges im Netz. Nicht nur Memes würden verschwinden, auch viele YouTube Videos und sogar Überschriften von geteilten Artikeln würden nicht mehr vollständig angezeigt werden. Kein Wunder, dass in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern lautstark protestiert wird.
Besonders kritisiert werden schon seit Monaten die Artikel 11 und 13. Dabei handelt es sich um Artikel 11 aus der "Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt". Darin geht es darum, dass die Verbreitung von Inhalten ohne Zustimmung des Urhebers verhindert werden soll. Diese Regelung ist als als "Linksteuer" oder "Leistungsschutzrecht" bekannt. In Artikel 13 steht, dass große soziale Netzwerke wie YouTube, Facebook oder Instagram in Zukunft dafür haften, wenn auf ihren Plattformen Inhalte veröffentlicht werden, in denen Urheberrechte verletzt werden. Um das Hochladen solcher Inhalte zu verhindern, werden vor allem die großen Plattformen einen Uploadfilter installieren.
Julia Reda aus der Piratenpartei ist Mitglied im Europäischen Parlament und setzt sich für die Änderung der beiden Artikel ein. Für sie ist es undenkbar, dass Plattformen überall auf der Welt Lizenzen einholen müssen: "Das wird dazu führen, dass Plattformen nur noch mit bekannten Creators zusammenarbeiten und das Internet so wird wie das Kabelfernsehen, wo die meisten nur noch zusehen dürfen, aber nicht selbst Inhalte publizieren."
Deutschland hat Angst ums Internet
Diese Meinung teilen viele, das zeigt sich zum Beispiel auf Twitter. Unter #NieMehrCDU und #SaveYourInternet protestieren deutsche Nutzer gegen die Urheberrechtsreform.
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Warum Youtube (doch) bedroht ist | #SaveYourInternet
Auch Jonathan Babelotzky, der Vorstand des Kreisverbandes München der Piratenpartei, protestiert gegen Uploadfilter. Der Student engagiert sich schon seit 2017 aktiv gegen die Urheberrechtsreform. Mit Kunstaktionen und Comedy-Demonstrationen informiert und motiviert er andere, selbst bei der Organisation von Protestaktionen mitzuhelfen. Auch über Youtube versucht Babelotzky Leute zu erreichen und erklärt in Videos, was der Uploadfilter für das Internet in Europa bedeuten könnte.
Julia Reda versucht Menschen europaweit über ihren Blog zu informieren. Sie möchte, dass die Öffentlichkeit vor allem über den aktuellen Verlauf der Verhandlungen Bescheid weiß. Dafür hat sie viele Sitzungsdokumente aus den Verhandlungen über die Urheberrechtsreform verständlich aufbereitet und auf ihrem Blog veröffentlicht. Für sie ist das Internet nicht nur ein Medium, in dem man konsumiert, sondern eines, in dem man selbst Inhalte erstellen und teilen kann.
YouTube ist so laut wie noch nie
Dass viele Menschen dasselbe denken, sieht man auch an der Flut von YouTube Videos, die zu einem Protest gegen Artikel 11 und 13 aufrufen. "Uploadfilter – klingt erstmal gar nicht so verheerend - ist es aber", sagt Luca von ConCrafter. "Dieser sogenannte Uploadfilter wird das Internet, so wie wir es heute kennen, grundlegend verändern“, meint HerrNewstime. Jarow und Julien Bam haben Anti-Artikel-13-Songs veröffentlicht. Sie und viele andere Youtuber versuchen seit Monaten, über die Urheberrechtsreform aufzuklären. Klar, denn im schlimmsten Fall steht ihr Job auf dem Spiel.
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Artikel 13 DISSTRACK | Julien Bam
"Ich habe mein ganzes Programm umgestellt und berichte vorrangig auf meinem Kanal über Artikel 13, weil ich da einen gewissen Nachholbedarf sehe", sagt Thomas von HerrNewstime. Von seiner Community wird seine Berichterstattung sehr gut angenommen: "Ich bekomme täglich tausende Nachrichten zu dem Thema und viele Leute bedanken sich auch bei mir."
Zusätzlich rufen Thomas und viele seiner Youtuber-Kollegen wie LeFloid oder Unge zum Protest auf. So beteiligten sich am 16. Februar rund 1.500 Menschen in Köln an der Demo gegen Uploadfilter – nur zwei Tage nachdem die YouTuber dazu aufgerufen hatten. Thomas war auch dort. Auch die Petition gegen die EU-Urheberrechtsreform unterstützte er zusammen mit LeFloid, MrTrashpack und einigen anderen YouTubern. 4,7 Millionen Unterschriften haben sie Bundesjustizministerin Katarina Barley übrreicht.
Reform Ja oder Nein – noch ist alles offen
Die Urheberrechtsreform hat natürlich auch Befürworter. Laurenz Kiefer ist Kreisvorstand der Jungen Union München-Mitte und hält die Urheberrechtsreform für notwendig. "Ich glaube, dass es Uploadfilter in den sozialen Netzwerken braucht, um für Rechtssicherheit zu sorgen und auch um Verbraucher zu stärken, die vielleicht gar nicht wissen, ob sie legale Inhalte posten", sagt er. "Da sind die Rechtssicherheit im Internet und das Urheberrecht auch wichtiger als die Meinungsfreiheit."
Jonathan Babelotzky hält Uploadfilter aber für die falsche Methode. Deswegen engagiert er sich bei den Piraten ganz besonders für die Proteste gegen die Urheberrechtsreform. Zusammen mit der Petition Save The Internet organisieren sie Demonstrationen in ganz Europa für den 23. März – kurz vor der endgültigen Abstimmung über die Urheberrechtsreform.
Ob diese Demonstrationen und die öffentlichen Proteste die Uploadfilter verhindern können ist unklar. Thomas von HerrNewstime ist aber optimistisch. "Alleine, weil jetzt ja der ganze Protest entsteht und weil das Thema jetzt nicht mehr im Hintergrund stattfindet, denke ich, dass sich jetzt immer mehr Abgeordnete Gedanken machen und am Ende gegen die Reform stimmen", sagt er.
Sendung: Filter am 21.01.2019 ab 15 Uhr