Von Rapjournalisten zu Indienerds Diese fünf Musikpodcasts aus Deutschland solltet ihr unbedingt kennen
Podcasts und Musik führen inzwischen eine innige Beziehung. Macht auch Sinn, denn über Musik lässt sich bekanntermaßen immer reden. Wir stellen euch die fünf besten Musikpodcasts aus Deutschland vor.
257, 187, 31 – der Anfang einer IBAN? Was hat Shindy mit Verona Pooth zu tun? Und was soll man davon halten, dass Trettmann immer noch Gzuz featured? In der immer größer werdenden Deutschrapszene verliert man schnell den Überblick. Unzählige Künstler, unzählige Produzenten, jede Woche neue Songs, neue YouTube-Trends, neuer Beef... Wer soll da am Ende noch durchblicken? Antwort: Falk Schacht und Jule Wasabi. Die beiden Rap-Journalist*innen wissen Bescheid, berichten von eigenen Erfahrungen und Beobachtungen, ordnen ein und sind nie um einen pointierten Kommentar verlegen. Hier reichen sich zwei Generationen Rap-Fans die Hand und diskutieren am Ende nicht nur über Deutschrap, sondern die Gesellschaft.
Ein Musikalbum zu veröffentlichen ist ein Großprojekt. Ungefähr ein Dutzend Songs müssen erst einmal komponiert, getextet und arrangiert werden. Meistens folgen ein paar Demos, es wird gefeilt, gesägt, produziert - und dann doch wieder verworfen. Je nach Künstler*in kann sich dieser Prozess über Jahre ziehen. Die Bewertung eines Albums fällt dagegen meistens ungleich knapper aus: Gut, schlecht, egal. Zeit müsste man sich doch nehmen, um sogar einen einzelnen Song wirklich zu sezieren und zu analysieren. Und das am besten zusammen mit den verantwortlichen Künstler*innen. Coole Idee, oder? Dachte sich auch Gregor Schenk und hat den Podcast "Tracks & Traces" ins Leben gerufen. Jede Folge behandelt auf knapp 25 Minuten einen Song, erzählt wird das Ganze von den Künstler*innen selbst. Drangsal, Bonaparte oder BOY erklären, wie ihre Riffs geboren werden, welche Effekte auf Gitarren und Gesang liegen und wie ihre Drumbeats aufgebaut sind.
In einer Folge von "COSMO Machiavelli" sagt der Rapper Manuellsen: "Geh mir weg mit Politik." Paradoxerweise geht es aber in diesem Podcast genau darum: wie Rap und Politik unweigerlich zusammenhängen. Jan Kawelke und Vassili Golod beleuchten – jeder auf seine Art – politische Themen und zeigen die Verbindungen im HipHop auf. Dabei finden sie einen angenehmen Mittelweg zwischen der oft harten Sprache von Rap und politikwissenschaftlichem Fachjargon und laden sich Leute ein, die von beiden Bereichen Ahnung haben: mit Felix Kummer sprechen sie über den Rechtsextremismus in Chemnitz, mit Zugezogen Maskulin über den Mauerfall oder mit Keke & Sahra Wagenknecht über mental health.
Eigentlich ist "Mit Verachtung" kein Podcast über Musik. Es geht meistens um ganz alltägliche Dinge wie kaputte Heizkörper, die Playstation 4 oder Minischweine. Hin und wieder erzählen Max und Benjamin, aka Drangsal und Casper, dann aber von Konzerterlebnissen oder kommen über ihre Lieblingsbands ins Schwärmen. Und dann merkt man, dass hier zwei Musiker mit einem großen Fanherz und einem schier unermüdlichen Musikwissen am Start sind. Seit November 2018 liefern die beiden leider nicht mehr regelmäßig ab, denn Casper und Drangsal haben ihren Podcast pausiert. Wir hoffen, dass es wie bei The Libertines ein feierliches Comeback geben wird. Bis dahin kann aber problemlos einfach noch mal die alten Folgen komplett Binge-hören.
Tocotronic-Bassist Jan Müller hat mit "Reflektor" eine richtige Podcast-Perle geschaffen. Herrlich unaufgeregt spricht er unter anderem mit Marco Wanda oder Abwärts-Sänger Frank Z über deren Sicht auf das Musikmachen, über Erfolg und Scheitern. Jan Müller ist kein gelernter Journalist, hat aber trotzdem die perfekte Radio-Stimme und eine ganz besondere Sicht auf die Dinge: Denn wer könnte Musiker*innen passendere Fragen stellen als jemand, der das Musikgeschäft schon seit 25 Jahren aus erster Hand kennt. Das macht den Podcast "Reflektor" nicht nur charmant, sondern besser als viele andere Interviewformate.
Sendung: PULS am 18.12.2019 - ab 19.00 Uhr