Film // "Eine Braut kommt selten allein" mit Sido Meine Straße, mein Zuhause, meine Braut
Fernsehfilm im Ersten: Eine Roma-Familie kommt bei einem Gras anbauenden Hartz-IV-Empfänger unter. Die Hauptrolle spielt Sido. Und man fragt sich: Kann das was, will man das? Überraschende Erkenntnis: Das funktioniert tatsächlich.
Was haben A$AP Rocky, Bushido und Lil‘ Kim gemeinsam?
Antwort: Sie sind alle Rapper, die schon mal in Spielfilmen mitgespielt haben. Dieser Karrierespagat ist in den USA noch ein bisschen gängiger als bei uns, aber so langsam geht auch in Deutschland der Trend in diese Richtung: Xatar war schon an der Seite von Moritz Bleibtreu zu sehen, und Mittwochabend war in der ARD ein anderer Deutschrapper in einer Spielfilm-Hauptrolle zu sehen: Paul Würdig a.k.a. Sido.
Der spielt in "Eine Braut kommt selten allein" einen arbeitslosen Ex-Clubbetreiber namens Johnny, der in einem Plattenbau in Berlin-Hellersdorf lebt. Wir lernen ihn kennen, als er am Anfang des Films einem Typen namens Avram bei einer Schlägerei zu Hilfe kommt und ihn bei sich übernachten lässt. Der "bedankt" sich prompt – indem er seine Schwester, die Unterkunft braucht, vor Johnnys Tür abstellt.
Sofia kommt aus einer Roma-Familie, die in Serbien legt. Sie ist kurz vor ihrem Hochzeitstag abgehauen, spricht kaum Deutsch, und ist in Johnny verliebt – sagt sie jedenfalls. Johnny lässt sie bei sich einziehen und lässt sich schließlich breitschlagen, auch ihre Familie – Tanten, Onkel, Cousinen, etc. – in seiner Wohnung aufzunehmen. Kann das gut gehen? Haben die neben den Cannabispflanzen überhaupt Platz?
Die Belehrungskeule wird im Schrank gelassen
Der Ansatz "exotische Großfamilie in spießigem Umfeld erlebt witzige Dinge" ist oft übertrieben platt und öde, aber "Eine Braut kommt selten allein" umgeht dieses Schlagloch auf überraschend taktvolle Weise. Sophia und ihre Familienmitglieder sind keine Karikaturen, sondern Menschen, die einfach über die Runden kommen wollen und sich danach sehnen, irgendwo dazuzugehören. Dass das in Deutschland für Menschen wie Roma und Sinti schwierig ist, wird aber auch nicht verschwiegen. Die Kommentare zur Flüchtlingsdebatte sind gewitzt, die Belehrungskeule wird im Schrank gelassen.
Sido hatte vor Drehbeginn schon Erfahrungen als Schauspieler gesammelt: in der "8 Mile"-Persiflage "Blutzbrüdaz" spielte er den Möchtegern-Battlerapper Otis.
In "Eine Braut kommt selten allein" macht er seine Sache als Hauptdarsteller nicht schlecht: Sidos körperliche und emotionale Ausdrucksfähigkeit ist zwar begrenzt, aber er verkörpert den vom Leben gebeutelten, gutherzigen Johnny auf eine sehr realistische Weise und gibt einer kurzweiligen und stellenweise tatsächlich lustigen Komödie einen menschlichen Angelpunkt.
"Eine Braut kommt selten allein", ein Film von Buket Alakus, mit Sido und Michelle Barthel, kann man sich in der der ARD-Mediathek anschauen.
Sendung: Plattenbau vom 06.12.2017 ab 19 Uhr