Kommentar zu Hyäne Fischer Warum Satire und Party gleichzeitig gar nicht gehen
Hyäne Fischer ist ein echt gelungenes Satire-Projekt aus Österreich. Mit dem ersten Song im Fascho-Look wollen die Damen jetzt aber live auftreten – beim ESC. Für unseren Autor geht das Konzept so nicht auf, denn eine Bühne hat keinen doppelten Boden.
Letzte Woche ist ein Video aufgepoppt, das erstmal für Verwirrung gesorgt hat: Eine österreichische Sängerin namens Hyäne Fischer singt einen weirden Schlager über Wälder, Flüsse und den "Rausch der Zeit" – und marschiert durch einen Bergwald. Alle fragen sich: Wer ist die Sängerin, deren Name verdächtig an die Schlagersängerin Helene Fischer erinnert?
Hinter Hyäne könnte die österreichische Bloggerin Stefanie Sargnagel und ihre Satireburschenschaft "Hysteria" stecken. Manche erkennen hinter der Sängerin auch die Stimme von Gustav. Die Idee ist auf jeden Fall clever. Nur am Ende könnte es ein Problem geben, denn Hyäne Fischer will zum ESC und Sartire und Party gleichzeitig – geht nicht.
Wer Schlager hasst, muss Hyäne Fischer feiern
Zuerst: Jeder, der Schlager hasst, muss Hyäne Fischer feiern. Denn sie räumt in ihrem Song "Im Rausch der Zeit" mit den zwei Prinzipien der Musikrichtung Schlager auf: Lüge und Sehnsucht nach Vergangenheit. Und da ist es natürlich gut, wenn jemand klarmacht: Die Vergangenheit kann spätestens seit dem Nationalsozialismus niemand mehr als heil betrachten, auch Schlagersänger nicht. Die gute alte Zeit hat für immer zumindest einen fetten Brandfleck. Hyäne Fischer suhlt sich in diesem Brandfleck. Genauer: Sie feiert diesen Fascho-Style.
Feuchter Traum männlicher Nazis
Hyäne Fischer inszeniert sich im Video als Hitlergeliebte Eva Braun, als feuchter Traum männlicher Nazis: Eine laszive Frau räkelt sich im Bett, filmt sich vor einer Landschaft, die an Hitlers Quartier auf dem Obersalzberg erinnert, sie tanzt mit anderen Frauen die Tänze des Bundes Deutscher Mädels. Auch der Text "Im Rausch der Zeit sind wir bereit" könnte Propaganda aus dem Liederbuch der Hitlerjugend sein.
Dass die Autorin Stefanie Sargnagel dazu sagt, Hyäne Fischer soll mit diesem Song ausgerechnet ihr rechtspopulistisch-regiertes Land Österreich auf dem Eurovision Song Contest (ESC) in Israel vertreten, ist auch ziemlich originell.
Auch wenn irgendwelche Orf Opas was anderes behaupten: Hyäne Fischer fährt zum ESC 2019 für Österreich und "gwinnt uns den Schas!" Mit ihren in Rotation laufenden Tophit: "Im Rausch der Zeit" https://t.co/A5IXQ4CPxQ
— stefanie (@stefansargnagel) 28. November 2018
Denn damit fragt sie die Österreicher auch: Wie viel von eurem Rechtssein gebt ihr zu? Ob Hyäne Fischer am Wettbewerb zum ESC mitmacht, ist unklar. Aber da gibt es ein grundsätzliches Problem: Satire funktioniert nicht auf einer Bühne. Man kann nicht im Viervierteltakt zu Schlager abgehen – und sich gleichzeitig darüber lustig machen.
Böhmi hat gezeigt: Ironie auf einem Konzert geht nicht
Ich habe das mal wieder gecheckt, als ich auf dem Konzert von Jan Böhmermann und seinem Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld war. Als plötzlich Max Giesinger auf die Bühne kam, haben einige noch gedacht: What!? Was macht der denn hier? Böhmi ist für seine Satire, Giesinger vor allem für seine EM-Hymne "80 Millionen" bekannt – mit ihrem patriotischen Refrain: "Es wird nicht leicht/aber ihr schafft das schon / denn ihr seid nicht allein / Hinter euch stehen 80 Millionen."
Die AfD hat das auch gleich erkannt – und das Lied 2017 für einen Wahlkampfauftritt benutzt. Dagegen hat sich Max Giesinger gerichtlich gewehrt, er lehnt die AfD ab – das Bild einer einheitlichen Nation verbreitet er mit seinem Song trotzdem. Natürlich hat Böhmi beim gemeinsamen Auftritt auf der Bühne noch eine eigene Strophe dazu gedichtet, die sich drüber lustig macht. Aber verstanden haben diese Ironie auf dem Konzert wahrscheinlich nur wenige. Denn alle haben vor allem den Refrain gefeiert und ordentlich mitgegrölt.
Rammstein-Konzerte: Die Wut ist echt.
Eine Konzertbühne hat keinen doppelten Boden. Ein anderes Beispiel ist Rammstein. Man mag den Jungs noch so ein ironisches Spiel mit Fascho-Rock zugestehen – aber auf dem Konzert feiern Fans vor allem ihre Wut. "Wer nicht aufstand und mitgrölte, wie wir, wurde angemacht", schreibt der Journalist Stephan Lebert in der ZEIT. "Wir verließen das Konzert. Man kann sagen, aus Angst."
Muss man Angst haben, dass die falschen Leute Hyäne Fischer feiern? Bestimmt nicht. Dafür macht alleine der Name schon genug klar, was das Projekt ist: Satire. Und wer es versteht, entdeckt im Video ziemlich viele Details. Aber dass er dann noch drauf tanzen will – unwahrscheinlich.
Sendung: Filter, 7.12.2018, ab 15 Uhr