Interview // Frank Doelger Der König hinter Game of Thrones
Frank Doelger ist der Produzent hinter der Fantasy-Serie "Game of Thrones". Wir haben mit ihm über seine Lieblingscharaktere gesprochen, wie er die "Red Wedding" erlebt hat und wie er die Zukunft des Formats Fernsehserie sieht.
Mit "Game of Thrones" hat der Sender HBO einen der größten Serienhits der US-amerikanischen Fernsehgeschichte gelandet. Seit 2011 wurden vier Staffeln der auf den Romanen von George RR Martin basierenden Serie ausgestrahlt, entwickelt von David Benioff und Dan Weiss, produziert von Frank Doelger. Der war diese Woche beim Münchner Filmfest und wir haben ihn uns dort für ein Interview geschnappt.
PULS: Wie oft haben Sie eigentlich die "Game of Thrones"-Bücher gelesen?
Frank Doelger: Ich muss zugeben, ich habe das erste Buch gelesen, dann noch das zweite und dann habe ich aufgehört. Aus dem einfachen Grund: Ich wollte unvoreingenommen sein. Ich wollte nicht in Meetings gehen und sagen: Naja, im Buch ist es doch so, und so machen wir es. Ich habe es zwar genossen, die Originalbücher zu lesen. Aber es ist wichtig, dass einer in der Produktion dabei ist, der objektiver ist. Wenn ich das Material anschaue, sehe ich es mit den Augen der Zuschauer, weil ich fast keine Ahnung habe, was passieren wird. Aber wenn wir die Serie fertig haben - und wir werden sie fertig machen - dann will ich mich hinsetzen und endlich alle Bücher lesen.
Haben sie einen Lieblingscharakter?
The Hound - ich fand immer schon, dass er ein toller Sidekick ist. Aber in der vierten Staffel hat es mich wirklich umgehauen, wie toll der Charakter geworden ist. Dass er meine Lieblingsfigur wird, hätte ich früher nicht gedacht. Aber es ist eine der faszinierendsten Rollen. Brillant geschrieben und wunderbar gespielt.
Es gab und gibt den großen Trend hin zu realistischen und authentischen Serien wie "The Wire", "Sopranos" oder "Gomorrha". Wieso habt ihr euch damals für so eine Mittelalter-Soft-Porno-Fantasy-Saga entschieden und daran auch geglaubt?
Als sich David Benioff und Dan Weiss das erste Mal das Material angeschaut hatten, war ihnen schon klar: Ja, das wird eine Fantasy-Serie. Aber sie haben auch begriffen, was für interessante Charaktere da drinstecken. Da entspinnen sich faszinierende Machtkämpfe zwischen Familien, Dynastien und ganzen Nationen. Und ganz am Anfang, beim ersten Meeting mit dem Sender HBO, haben sie es so vorgestellt: "Wir wollen eine Kombi aus 'Sopranos' und 'Herr Der Ringe' drehen." Das war der überzeugende Kniff. Und HBO ist ja sowieso eine Firma, die deshalb so erfolgreich ist, weil sie Dinge macht, die sich niemand anderes traut. Und diese Kombination hat es ausgemacht. Und sie haben gesagt: Lasst uns das riskieren! Lasst uns das machen!
Was ist denn ihre persönliche Vision mit "Game of Thrones"?
Mich fasziniert, dass George RR Martin so viele Elemente aus so verschiedenen Zivilisationen und Kulturen genommen und sie so geschickt kombiniert hat. Er hat da eine komplett neue Welt erschaffen. Und mich hat gereizt, da weiterzumachen. Ich habe mein Team immer ermuntert: Holt euch Ideen aus allen Kulturen! Baut das ein! Macht es einzigartig! So wie wir es noch nie im Fernsehen gesehen haben.
Sie haben auch die legendäre Folge "Rains of Castamere", besser bekannt als "Red Wedding" produziert. Mit einem überraschenden und phänomenalen Schluss. Es gab unzählige Reaction-Videos im Netz, in denen Leute schreiend vor dem Fernseher saßen. Es wurden auch schon Songs darüber geschrieben. Hätten sie jemals gedacht, was für einen Impact diese Szene auf die Zuschauer hat?
Ich wusste schon, als ich das Skript gesehen habe: Das wird eine starke Folge. Und dass sie enorm viel Aufmerksamkeit bekommen wird. Aber als ich den ersten Entwurf im Schneideraum gesehen habe, da war ich wirklich verblüfft, wie brilliant es geworden ist. Ich wusste schon, wie gut es auf dem Blatt ist, aber auf dem Bildschirm habe ich erst gemerkt, wie komplex und genial das Storytelling ist. Und obwohl ich wusste, welch irre Wendungen da auf mich zukommen, war ich überrascht und begeistert. Und ich habe schon geahnt: Das ist wirklich eine bedeutende Stunde im Fernsehen.
Sie waren Gast bei einer Podiumsdiskussion beim Münchner Filmfest. Thema: Die Zukunft der europäischen Serie. Warum kommen so erfolgreiche Serien wie "Breaking Bad" oder "Game of Thrones" zum Beispiel nicht aus Deutschland?
Wahrscheinlich ist der große Unterschied zwischen amerikanischen Serien und dem Rest der Welt ganz einfach die Länge. Die Serien dauern einfach länger und du musst der Geschichte so viel Zeit und Raum geben, wie sie braucht. Und dann sind es die vielen Talente, die in Amerika vom Film zum Fernsehen rüberwandern. Die Drehbuchautoren, die Regisseure, die Schauspieler. Früher gab es immer zwei Blöcke - entweder bist du beim Fernsehen oder beim Film. Und in Amerika verschwimmen diese Grenzen.
Was für Serien schauen Sie denn privat auf ihrer Couch zu Hause?
Die Serie, die ich am meisten liebe und verfolge ist "Breaking Bad". Die Serie ist wirklich überragend. Ich bin noch nicht ganz durch damit, aber ich hänge richtig dran. Und ich mag auch noch die Serie "True Blood" sehr gerne, weil ich es liebe, wie da eine Welt erschaffen wird, auch immer wieder mit Fantasyelementen. Das gefällt mir.
Die Dreharbeiten für die Fernsehserie gehen schneller voran, als der "Game of Thrones"-Erfinder George RR Martin Bücher schreiben und das Epos abschließen kann. Er ist deswegen jetzt auch Teil des Serienteams. Wie ist die Zusammenarbeit?
George hat wundervolle Episoden für die ersten vier Staffeln geschrieben. Er hat sich aber dazu entschieden, bei der fünften Staffel nichts mehr zu schreiben. Ich glaube, weil er seine ganze Zeit und Kraft in das neue und sechste "Game of Thrones"-Buch stecken will. Das ist seine Priorität. Aber es ist eine wunderbare Zusammenarbeit. Es wird alles mit ihm diskutiert, jede einzelne Änderung, die in der Serie vorgenommen wird. Ich glaube, er ist ziemlich angetan von unserer Arbeit und von der ganzen Fernsehserie.
Im Juli starten die Dreharbeiten für die fünfte Staffel. Würden Sie uns vielleicht einen kleinen Hinweis geben, wohin die Reise geht?
Auf gar keinen Fall. (lacht)