Film // Junction 48 Habibis in der Hood
Drogen, Gewalt, Rap – das sind die Themen in erfolgreichen amerikanischen Hip-Hop-Filmen wie "8 Mile" oder "Notorious". Es sind auch die Themen in einem neuen sehenswerten Film - nur kommt der aus dem politisch gespaltenen Israel.
Die israelische Stadt Lod ist ein hartes Pflaster. Polizeisirenen und Pistolenschüsse sind dort genauso Teil des Stadtlebens wie anderswo hupende Autos. Die bestverdienenden Bürger sind Drogendealer. Und weil dort arabische und jüdische Israelis Tür an Tür wohnen, gibt es auch politische und religiöse Spannungen. In dieser Stadt lebt der arabischstämmige Israeli Kareem mit seiner Familie. Den stressigen und oft gefährlichen Alltag erträgt er nur dank: seinen Homies und HipHop.
Kareem lebt in den Tag hinein. Er arbeitet bei einem Callcenter, geht feiern, schaut das 2Pac-Poster an seiner Wand an und tagträumt über eine Karriere als Rapper. Aber mehrere Schicksalsschläge bringen das Leben von Kareem und seinen Freunden durcheinander. Erst stirbt sein Vater bei einem Autounfall, dann soll das Haus von seinem Kumpel Talal abgerissen werden. Dessen Vater war 60 Jahre zuvor mit Tausenden anderen Arabern nach Jordanien geflohen und hatte bei der Rückkehr sein zerstörtes Zuhause wieder aufgebaut. Dieses Zuhause will der Staat Israel jetzt plattmachen und durch ein Museum für friedliche Koexistenz ersetzen.
Rap kann Grenzen überwinden – aber nicht alle
Der Nahostkonflikt durchdringt alle Lebensbereiche der Figuren in "Junction 48". Talal verschafft Kareem und seiner Crew einen Auftritt in Tel Aviv – in einem Club, der eigentlich nur von Juden besucht wird. Kareem geht trotzdem hin – die Verlockung, in einem richtigen Club zu spielen, ist einfach zu groß. Die jüdische Vorband singt eine Ode an das Land Israel. Für Kareems Freundin Manar geht das gar nicht klar.
Kareem wird von Tamer Nafar gespielt, der im echten Leben Teil der Rap-Gruppe Dam ist und auch das Drehbuch für "Junction 48" mitgeschrieben hat. Als arabischer Rapper mit israelischem Pass, der seit 10 Jahren knallharten Beef mit dem jüdischen Rapper Subliminal hat, weiß Nafar, dass HipHop Menschen tennen und zusammenbringen kann. Er weiß aber auch, dass Rap in einem Land, in dem so viel Gewalt herrscht wie in Israel, auch instrumentalisiert werden kann. Manar zum Beispiel, eine talentierte Sängerin, wird im Film nicht nur von jüdischen nationalistischen Rappern dumm angemacht, sondern auch von der eigenen, strenggläubigen Familie am Musikmachen gehindert. In Lod ist Rap für viele eine lästige Nebensache – für andere ist er überlebenswichtig.
"Junction 48" ist zwei Menschen gewidmet: der israelischen Menschenrechtsaktivistin und Mutter des Regisseurs Urdi Aloni, und Nafars arabischstämmigem Vater. Der Film wird nicht im Alleingang für Frieden im Nahen Osten sorgen – dazu ist der Konflikt zu komplex, die Fronten zu verhärtet. Aber das Rap auch in solchen Situationen zumindest für Hoffnung und Ablenkung sorgen kann, das zeigt "Junction 48" sehr eindringlich.