Lisa Vicari über ersten deutschen Netflix-Film "Kino und Netflix schließen sich nicht gegenseitig aus"
Eine Comedy zwischen zwei Welten: Mit "Isi & Ossi" kommt der erste Netflix-Film aus Deutschland. Hauptdarstellerin Lisa Vicari hat mit uns über Veränderungen in der Filmwelt zwischen Kino, Streaming und Instagram gesprochen.
Lisa Vicari kennt man als die ernste Marta in der Netflix-Serie "Dark". Der Streaming-Riese scheint sie am Haken zu haben, denn nun spielt sie die Hauptrolle im ersten deutschen Netflix-Film, der romantischen Komödie "Isi & Ossi". Darin spielt die 23-Jährige die Heidelberger Milliardärstochter Isi, die vorgibt, den armen Boxer Ossi aus Mannheim zu daten, um ihre Eltern zu erpressen. Eine vorhersehbar-süße Liebesgeschichte - aber auch eine Komödie, die klamaukig mit Milieu-Unterschieden spielt. Die bayerische Newcomerin hat mit uns über Situationskomik, universelle Geschichten und die Koexistenz von Kino- und Netflix-Liebe gesprochen.
Lisa, du hast in den letzten Jahren eher ernstere Dramen-Rollen gespielt. "Isi & Ossi" hat jetzt aber ein paar Comedy-Elemente für dich mit drin. Wie sind solche Rollen für dich unterschiedlich zu spielen?
Ich fühle mich in ernsteren Rollen und Dramen schon sehr wohl, muss ich sagen. Mir macht das sehr viel Spaß, die düsteren Seiten der Menschen zu erkunden. Aber ich hatte auch mal Lust, was komplett Anderes zu drehen und eine Komödie zu machen. "Isi & Ossi" war auch das richtige Projekt dafür. Es war von der Vorbereitung gar nicht so anders, sondern eher beim Drehen: Es hatte alles insgesamt ein viel schnelleres Tempo. Ich musste erst lernen, wie es ist witzig zu sein, und Witze oder Situationskomik zu spielen. Aber da habe ich einfach dem Regisseur Oliver Kienle vertraut. Ich find’s schwierig einzuschätzen, was jetzt lustig ist und was nicht, wenn man selbst gerade in der Situation steckt.
Du studierst neben dem Schauspiel noch Medienwissenschaft. Wieso ist dir ein paralleles Studium wichtig, was gibt dir das?
Es ist einfach ein schöner Ausgleich. Gerade in Phasen zwischen Projekten, in denen ich nicht drehe - weil ich dann einen Alltag habe. Und ich bilde mich weiter und kann mich ausprobieren. Der Studiengang ist thematisch relativ breit gefächert und ich kann sehr viel frei entscheiden. Da kann ich auch mal hinter der Kamera stehen. Ich habe zum Beispiel einen Dokumentarfilm gemacht als Projekt. So Dinge sind total schön: Zu wissen, dass ich da mich weiterhin ausprobieren kann und trotzdem eigentlich meine Priorität auf dem Schauspiel zu haben.
Du hast auch in der Serie "Dark" mitgespielt. Die war international mega erfolgreich. Inwiefern hast du das gemerkt?
Ich merke es am stärksten auf Instagram. Das ist natürlich genau so international wie Netflix. Ich habe es an meinen Followerzahlen gesehen und an den Statistiken. Im Vergleich kommen viel mehr Leute aus Südamerika und aus der ganzen Welt als aus Deutschland. Ich merke es auch, wenn ich im Urlaub bin und auf einmal angesprochen werde von Menschen - am anderen Ende der Welt! Das ist total absurd, weil mir die Reichweite manchmal gar nicht so bewusst ist. Aber irgendwie sehen das Menschen auf der ganzen Welt und mögen es auch. Das ist total cool. Schon ein kleines Wunder irgendwie.
Da ist durchaus bemerkenswert, dass "Isi & Ossi" zwar für ein internationales Publikum produziert wurde, aber eigentlich eine total regional spezifische Geschichte erzählt: Der Film spielt mit den Klischees der Städte Heidelberg und Mannheim. Wie passt das zusammen, wie soll das international verständlich sein?
Die Geschichte ist natürlich regional erzählt. Aber ich glaube, es gibt das Phänomen von zwei komplett unterschiedlichen Gesellschaften, die ganz nah beieinander sind und sozialem Gefälle, auf der ganzen Welt. Man kann sich auch damit identifizieren und sich in "Isi & Ossi" verlieben, wenn man nicht aus Deutschland, Mannheim oder Heidelberg kommt.
Hast du den Eindruck, dass die Art zu produzieren für internationale Streamingdienste anders ist als für eine deutsche Kinoproduktion? Merkt man das am Set?
Am Set eigentlich nicht. Wir hatten bei beiden Projekten (Anm. d. Red.: "Dark" und "Isi & Ossi") immer ein fast komplett deutsches Team. Aber die Stoffe, die von Netflix entwickelt werden, sind mutig. Das wäre nicht der Fall, wenn sie fürs Kino geplant worden wären und Förderung hätten bekommen müssen. Man spürt bei Netflix die Liebe zum Film und die Leidenschaft. Die glauben an Filmemacher. Kinoproduktionen sind sehr abhängig von der Finanzierung. Deswegen werden die manchmal nie finanziert, weil der Weg so lang ist. Aber es gibt nach wie vor tolle Projekte im Kino, die da auch genau richtig sind.
Wird es irgendwann gar kein Kino mehr geben und nur noch Filme und Serien zum Streamen?
Ich hoffe, dass es immer noch Kino geben wird, weil ich bin leidenschaftlicher Kinogänger. Der Trend geht auf jeden Fall zu Streaming. Aber ich finde, es muss nicht Entweder-Oder sein. Filme wie "Marriage Story" find ich sehr toll. Der lief erst im Kino und ist dann auf Netflix rausgekommen - oder auch "The Irishman". Das sind Beispiele für Filme, die von großartigen Filmemachern gemacht werden, die auch bis dato nur fürs Kino gearbeitet haben und jetzt den Schritt gewagt haben, für Netflix zu arbeiten. Die haben gezeigt, dass das auch geht. Das finde ich total schön.