Ballroom-Szene in München So will das "LOVERS" Kollektiv die Münchner Partyszene diverser machen
Das Künstlerkollektiv “LOVERS” veranstaltet diverse Partys in München, die jede Bandbreite von LGBTQI+ vereinen - inspiriert von der Ballroom-Szene. Wir haben mit Jan Waizenhöfer, einem der Gründer, gesprochen.
"Diversity is Unity – let’s melt together" – mit diesem Motto wollen Jan Waizenhöfer und Lorand Lajos das Münchner Nachtleben aufwirbeln. Ihre Inspiration? Die Ballroom-Culture - eine LGBTQ+ Subkultur, die ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten der 80er Jahre hat. Ballroom-Partys waren schon damals wilde Abende mit fantastischer Musik, bunten, aufwendigen Kostümen und Wettbewerben. Auch der Tanzstil Vogueing kommt aus der Szene und ist heute wieder ein Ding.
Jan Waizenhöfer und Lorand Lajos ist die Party-Szene in München zu homogen. Deshalb werden beim "BALL" einmal im Monat im Münchner FOLKS Club die verschiedensten Tanzstile ausgepackt und jede*r, der*die mitmachen will, ist Willkommen.
PULS: Was hat euch bisher an der Münchner Partyszene gestört?
Jan Waizenhöfer: München ist klassischerweise eine sehr geteilte Szene. Das heißt, es gibt viele homogene Partys, die sich rein an Schwule oder Lesben richten. Die Transcommunity kommt selten irgendwo unter und auch die Partys an sich sind sehr homogen. In einer Stadt wie München, die eine Leistungsträger-Stadt ist und viel auf Prestige und Oberflächlichkeiten aufbaut, entwickelt sich innerhalb der Szene so eine blöde Angewohnheit, dass man sich beim Feiern gegenseitig eigentlich nur abcheckt und dabei keinen Spaß hat. Wir wollten das aufbrechen.
Wie geht’s besser?
Wenn auf Partys ein buntes, gemischtes Publikum ist, dann sind die Leute viel entspannter. Weil sie sich nicht gegenseitig miteinander vergleichen, sondern sich ein bisschen mehr auf sich konzentrieren können, auf’s Feiern, und nicht so sehr auf das "Wie komme ich jetzt bei anderen an?". Hinzu kommt natürlich: Dadurch, dass diese Partys so homogen sind, sind sie eigentlich auch sehr diskriminierend. Wenn man jetzt seine heterosexuellen Freunde mitbringt, dann werden die manchmal irgendwie blöd angeschaut oder gefragt: Was macht ihr jetzt hier? Und so etwas ist einfach unnötig. So etwas hat uns auch schon ganz viele Partys verdorben.
Inspiration für eure Partys ist die Ballroom-Szene. Was steckt dahinter?
LOVERS-Mitbegründer Jan Waizenhöfer
Die Ballroom-Culture hat ihren Ursprung im New York der 70er/80er Jahre. Die ist dort aus der Black-and-Hispanic Transkultur entstanden. Vor allem schwarze Schwule oder schwarze Transmenschen hatten im Alltag einfach keine Chance, gute Jobs zu bekommen oder anerkannt zu werden. Sie haben sich dann Spaces kreiert, wo sie in verschiedenen Kategorien das sein konnten, was sie im echten Leben nicht sein konnten. Dort hatten sie die Möglichkeit fame zu ergattern, eine Trophäe zu bekommen und legendary zu werden.
München muss doch eigentlich mal richtig cool gewesen sein. Total viele Stars waren hier unterwegs – Freddie Mercury zum Beispiel. Hast du eine Theorie, warum das nicht mehr so ist?
Das ist wirklich nur eine Theorie, aber ich glaube, dass München zu der Zeit, als wir noch ein geteiltes Deutschland hatten, in Westdeutschland tatsächlich so ein bisschen die Künstlermetropole war. Schwabing war damals das Künstlerviertel Münchens und das Glockenbachviertel war das Schwulenviertel, wo auch Freddie Mercury zu finden war. Und dann ist Berlin passiert. Und in Berlin konzentriert sich momentan auch viel, was die Künstler- und Partyszene anbelangt.
Was ist der Unterschied zwischen Berlin und München?
Die Berliner nehmen sich selbst in allem immer sehr ernst, sind in ihrem Elfenbeinturm und auch oftmals ein bisschen überkandidelt - während wir Münchner für Gelassenheit stehen. Klar, wir sind ein bisschen Schickeria, aber wir sind auch einfach entspannt. Das ist etwas Schönes. Wir sind sehr familiär. Und dieser Spirit ist noch da. Also, es gibt ja einen Grund, warum wir dieses Kollektiv gegründet haben.
Wir fühlen uns von den Veranstaltungen oder von dem Außenbild nicht mehr repräsentiert. Deswegen haben wir gesagt: Wenns sonst keiner macht, dann machen wir das jetzt eben, Aktionismus jetzt, wir nehmen das in die Hand und probieren einfach mal.
Muss ich noch etwas beachten, wenn ich jetzt zu eurer nächsten Party will?
Drag Queens und Drag Kings kommen umsonst rein.
Sendung: PULS am 20.10.2019 - ab 15.00 Uhr