Serie // "The Act" Der unglaubliche Fall der Gypsy Rose Blanchard
Vor einigen Jahren berichtete die amerikanische Journalistin Michelle Dean bei Buzzfeed über einen außergewöhnlichen Mordfall, bei dem auf den zweiten Blick nichts so war, wie es schien. Auf Deans Recherchen basiert "The Act".
Diese Serie gehört auf eure Watchlist, wenn... ihr die True-Crime-Dokuserie "Making A Murderer" am Stück durchgesuchtet habt, euch bei der Krimiserie "Mindhunter" die Haare zu Berge standen und ihr "Dirty John" ohne das Guilty in Guilty Pleasure schaut.
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Nachbarn melden sich am 14. Juni 2015 bei der Polizei von Springfield, Missouri in den USA. Sie machen sich Sorgen um die alleinerziehende Mutter Dee Dee Blanchard und ihre schwerkranke Tochter Gypsy Rose. Bis auf einen alarmierenden Facebook-Post gibt es keine Spur von den beiden. Die Polizei findet Dee Dee Blanchard daraufhin erstochen in ihrem Bett.
Gypsy, die niemand jemals ohne ihren Rollstuhl gesehen hatte, wird wenige Tage später festgenommen. Wie sich herausstellt, war sie weder krank noch auf den Rollstuhl angewiesen. Noch verstörender: Zusammen mit einer Internetbekanntschaft hatte sie den Mord an ihrer Mutter geplant. Wie es dazu kommen konnte, erzählt die Miniserie "The Act" - vom Fund der Leiche bis zur Inhaftierung der beiden Täter.
"Diese Serie beruht auf einer wahren Begebenheit"
Vor einigen Jahren berichtete die amerikanische Journalistin Michelle Dean bei Buzzfeed über einen so grausigen, wie außergewöhnlichen Mordfall, bei dem auf den zweiten Blick nichts so war, wie es schien. Auf Deans Recherchen basiert "The Act".
Gypsy Blanchard war ihr ganzes Leben lang von ihrer Mutter auf unvorstellbare Weise misshandelt und gefangen gehalten worden. Psychologen, die sich mit dem Fall befasst haben, gehen heute davon aus, dass ihre Mutter Dee Dee am Münchausen-Stellvertretersyndrom litt. Eine psychische Störung, bei der Menschen nahestehende, oft ihre Kinder, künstlich krank machen, um Aufmerksamkeit für ihre Aufopferung zu bekommen.
Dee Dee Blanchard hatte jahrelang nicht nur Ärzten, Nachbarn und Freunden weisgemacht, dass ihre Tochter nicht gehen oder essen kann, geistig behindert und pflegebedürftig ist. Auch ihre Tochter konnte sie lange täuschen. In Gypsy wachsen erste Zweifel, als sie schon mitten in der Pubertät ist - da glaubt sie noch fünf Jahre jünger zu sein, als sie eigentlich ist. Mutter Dee Dee hatte auch das Geburtsjahr ihrer Tochter gefälscht.
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THE ACT | Offizieller Trailer | STARZPLAY
Wahre Kriminalfälle füllen Crime-Magazine und die Doku-Sparten bei den Streamingdiensten, in Podcasts gehen Journalist*innen und Crime-Fans den Fällen eingehend auf die Spur und führen - wie bei "Serial" und "Making A Murderer" - sogar dazu, dass die Ermittlungen in manchen Fällen wieder aufgenommen werden. Es ist eine Genugtuung, wenn unschuldig Verurteilte durch die unermüdliche Arbeit von Hobbyermittler*innen und Journalist*innen endlich Gerechtigkeit erfahren. Gleichzeitig dienen die Dokus, Podcasts und Zeitschriftenartikel über Justizskandale und grausige Verbrechen vor allem unserer Unterhaltung. Die wenigsten von uns haben wahrscheinlich ähnliches erlebt. Was uns in unserer relativen Sicherheit vor dem Bildschirm anzieht, ist die Spannung, der Blick in die menschlichen Abgründe, die Frage, ob der oder die Verdächtigte wirklich zu so einer Tat imstande sein kann.
Die Grenze zwischen Fakt und Fiktion verschwimmt
Die Geschichte von Gypsy Blanchard ist so ungeheuerlich, dass man kaum glauben kann, dass sie wahr ist. Und "The Act" tut auch alles, damit wir es möglichst schnell vergessen. Damit will ich nicht sagen, dass die Serie schlecht ist - im Gegenteil. Sie ist spannend erzählt, unheimlich detailgetreu inszeniert und sie bedient in den richtigen Momenten unsere voyeuristischen Impulse. Aber "The Act" ist eben keine Dokumentation, sondern eine Dramaserie, die einen wahren Fall nachstellt - mit Schauspielern, einem durchgestylten Set und einer Handlung, die perfekt in das Korsett eines einstündigen Spannungsbogens passt. Das echte Leben ist viel komplizierter.
Die beiden Hauptdarstellerinnen - Patricia Arquette als Dee Dee und Joey King als Gypsy Rose Blanchard - haben sich so intensiv mit ihren Rollen auseinandergesetzt, dass man sie fast nicht mehr von ihrem realen Gegenstück unterscheiden kann. So vermischen sich manchmal Fakt und Fiktion.
Dass Gypsy Rose Blanchard diese Dinge wirklich erlebt hat und heute für ihre Tat im Gefängnis sitzt, daran musste ich mich nach jeder Folge wieder selbst erinnern. Bei mir bleibt am Ende der Serie ein unbehagliches Gefühl. Weil mein Entertainment auf den tragischen Erfahrungen echter Menschen basiert. Ich habe versucht, es mit einer intensiven Netzrecherche über den Fall loszuwerden. Wirklich geholfen hat es mir aber nicht.
"The Act" ist ab dem 14.06. im Amazon Prime Channel Starzplay verfügbar. Dazu passt die HBO-Doku "Mommy Dead and Dearest" bei Sky on Demand.
Warum uns True-Crime-Geschichten so sehr faszinieren hört ihr im PULS Serienpodcast:
Mit Paulina Krasa und Laura Wohlers vom funk True-Crime-Podcast "Mordlust" diskutiert Vanessa Schneider über "When They See Us", "The Act", "Dirty John" und andere True-Crime-Drama Serien, die uns ans Sofa fesseln und uns die Haare zu Berge stehen lassen. Warum das manchmal nicht ganz unproblematisch ist und wo ethische Grenzen überschritten werden, ist Thema bei "Skip Intro". Abonniert den Podcast hier!
Sendung: Hochfahren vom 12.06.2019 – ab 7 Uhr.