Interview // Monaco F Kempten statt Compton
Zur Wiesn ist er wieder überdeutlich, der Hype um die Heimat: Fans in Trachten-Streetwear gehen ab zu Mundart-Acts. Wieso sehnt sich der Pop so sehr nach dahoam? Rapper Monaco F im Gespräch über Heimat zwischen Beats und Bars.
Er ist einer der Vorreiter des Mundart-Rap, Kabarettist - und aufgewachsen in Regen im Bayerischen Wald der 90er: Monaco F kennt den Hype um die Heimat. Und der ist popkulturell allgegenwärtig. Egal ob Literatur, Comedy, Mode oder Musik - überall boomt gerade Heimatliches und Regionales. Monaco F profitiert davon, schwimmt aber nicht einfach blind mit dem Strom.
Franz, was ist Heimat für dich?
Ich benutz' den Begriff "Heimat" eigentlich gar nicht. Ich hab' eine Zeile, in einem Song von mir, in dem es um Heimat geht, da sag ich "Na, na, so stimmt des ned, i hob niemals über Heimat gredt, sondern immer über Identität"- und die ist natürlich mit einem gewissen Landstrich verbunden und vor allem auch mit Sprache.
Aber warum? Stört dich der Begriff, oder weshalb grenzt du das so ab?
"Heimat" hat für mich halt oft so ein abgrenzendes Element: "Da samma dahoam und bei uns läuft's ja so" - also ich mag einfach diesen konservativen Anstrich von dem Begriff Heimat nicht, weil das, was ich in meinem Dialekt rappe, war immer einladend. Wir haben schon immer gesagt: "Hey, mir san so!", aber immer so auf Vielfalt gedacht. Wenn man böse wär, ist das das Gegenteil von Heimat, weil Heimat, da gibt's bestimmte Regeln: "Des g'hört dazu und des muss man mochn und da muss man sein, des muss ma ohziahng, so muss man sich verhaltn".
Wenn du als Jugendlicher Rap gehört hast, waren das dann immer nur Sachen aus Compton und Brooklyn oder waren da auch deutsche Sachen dabei?
Nein, da waren auch deutsche Sachen dabei. Ich war damals auf einer Party, irgendwo in so einem Kaff, von so Metal-Jungs und da wurde eine Rap-Band aus Deggendorf angekündigt."Porentiefe Reinheit" hießen die. Und ich hab mir gedacht: "Boah fett, da muss ich hin!" Ich bin dann auch einfach auf die Bühne gegangen und hab mit denen mitgerappt und so ist dann zumindest mal ein Kontakt nach Deggendorf entstanden, was die nächste größere Stadt in der Nähe war. Dort ist damals, Mitte der 90er, schon eine ganz kleine HipHop-Bewegung entstanden.
War das dann auf Hochdeutsch oder schon auf Bairisch?
Nein, das war auf Hochdeutsch. Das Bairische ist erst viel, viel später gekommen. Und zwar so um 2001 herum, damals habe ich mit einer anderen Crew auf Hochdeutsch ein paar Tracks aufgenommen. Die Aufnahmen haben ein paar Leute von irgendwelchen Radiosendern in die Finger bekommen und die haben uns als Feedback gegeben: "Ja, aber da hört man ja den Dialekt raus - also das hat niemals eine Chance." Und weil ich einfach ein recht sturer Kerl bin und mich das so gewurmt hat, dieses Herablassende meiner Sprache gegenüber, habe ich den ersten Dialekt-Track geschrieben. Und hab da hat es kein Zurück mehr gegeben. Damals wäre niemand auf die Idee gekommen, auf Bairisch zu rappen. Auch wenn der Deutschrap-Hype damals schon da war, war das trotzdem immer noch etwas Undergroundiges, vor allem in Bayern.
Das heißt, dass du auf Bairisch rappst, hat nichts damit zu tun, dass du gern das Bayern reinbringen wolltest, sondern dass du das Bayern nicht aus dir rausgekriegt hast?
Das ist ja das, was dann später zu meiner Identität geworden ist: "Ich bin a Waldler, der bairisch redt, oba warum kann ich deswegn ned des machn?" Das hat mich damals einfach so gewurmt und es ist immer noch ein Thema von mir, dieser Stadt-Land-Konflikt: "Der Städter, der woaß, wie's läuft, der des g'hobene Hochdeutsch redt und die Affn' vom Land, die auch mal probiern' wolln'." Und das ist es, warum ich das auf bairisch durchgezogen habe. Bayerntum oder so etwas, das war mir damals vollkommen wurscht. Es hat natürlich ein bisschen was mit HipHop zu tun, weil das Authentische wichtig ist im Rap.
Wie war das, als du das erste Mal auf der Bühne gestanden bist und auf Bairisch gerappt hast, haben die Leute gecheckt, was du da machst?
Ans erste Mal kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich wurde jahrelang eher belächelt. Im Bayerischen Wald bin ich belächelt worden, weil ich Rap gemacht hab und auf den Rap-Bühnen bin ich belächelt worden, weil ich auf Bairisch gerappt hab. Wir haben damals jahrelang vor zehn bis 20 Leuten gespielt. Und meine Kollegen haben gesagt, "Boah Franz, bist sicher, dass du des machn' magst? Des glaub ich ned, dass sich des durchsetzt." Der Watschenbaum-Song, den wir dann 2009 auf YouTube gehauen haben, war die Initialzündung: Die Leute waren endlich bereit dafür. Aber acht Wochen zuvor sind wir selber dagesessen und haben gesagt, "Hey, rentiert sich des überhaupt? Solln wir des überhaupt machn?" Gut, dass wir damals gesagt haben, "Ach, scheiß drauf!" Mittlerweile ist da ja ein Movement draus geworden und das ist wirklich schön.
Es ist ja nicht das erste Mal, dass es Pop aus Bayern gibt. Auch bei Leuten wie Hans Söllner ging es darum, mit diesen Bayern-Klischees von Fleckvieh und Lederhosen aufzuräumen. Wie ist das bei euch?
Das war uns auch ganz wichtig, dass wir sagen, "Mia san zwar Bayern, mia san von daher und mia redn' auch so", aber das ist abgekoppelt von diesem ganzen Klischee. In diesem Sinne haben wir sehr politisch gedacht, weil wir uns abgrenzen wollten von den Klischees und dem CSU-geschwängerten Bayern, das alles an sich gerissen hat, was irgendwie mit Bayern zu tun hat. Das hat sich aber auch in den letzten Jahren sehr gedreht: Ich spiel auf Brauereifesten, wo Leute in Lederhosen dasitzen und Rap hören und daneben sitzt der Trachtler, der sich einen Joint dreht. Und das finde ich wunderschön.
Nervt dich das auch manchmal, dass es so viel Heimatzeug gibt und viele Comedians und Rapper, die das auch machen?
Es gibt viele Sachen, die mir nicht gefallen. Wenn da zu viel Heimattümelei dabei ist oder wenn es so schlagermäßig wird, da bin ich auch musikalisch einfach raus. Ansonsten finde ich das richtig cool, weil ich natürlich auch was davon habe. Ich hab das auch mit aufgebaut, das sage ich ganz offen. Ich bin nicht stolz drauf, aber ich freue mich, dass ich mit meinem Sturkopf mit dafür gesorgt habe, dass das existiert und dass wir Konzerte spielen können, wo nicht nur zehn Leute da sind, die uns auslachen.