Serie // "DRUCK" Wie echte Freunde, nur auf dem Bildschirm
Die norwegische Webserie "SKAM" hat Serienerzählen im Netz neuerfunden, Fans auf der ganzen Welt begeistert und Zuschauerrekorde aufgestellt. "DRUCK" ist die deutsche Neuauflage – und unsere Serienexpertin Vanessa ist süchtig.
Diese Serie gehört auf eure Watchlist, wenn... ihr gerne total eintaucht in die Serienwelt wie bei "iam.Serafina", die Webserie "Sorry For Your Loss" zwischendurch in einer kurzen Pause geguckt habt und ihr auf glaubwürdige Teenserien steht wie "Girl Cave".
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Hallo, ich heiße Vanessa. Und ich bin ein Insta-Stalker.
Dank der Serie "DRUCK" kann ich endlich ohne schlechtes Gefühl in das Leben von anderen Leuten eintauchen – um genau zu sein in die Leben von Hanna und Mia, Kiki, Amira und Sam, Matteo, Jonas, Carlos, Abdi und David. Sie haben grad Abi gemacht, am Barnim-Gymnasium in Berlin, und ich war die beiden letzten Schuljahre dabei. Ich habe ihre WhatsApp-Chats gelesen und ihre Insta-Posts geliket. Ich habe ihnen beim Leben zugeguckt, war mit auf Partys und hab mit ihnen im Bio-Unterricht gesessen. Creepy musste ich mich dabei nicht fühlen: Denn das hier ist "DRUCK", die super erfolgreiche, transmediale Webserie vom ZDF.
Wenn Realität und Serienwelt eins werden
Konzept und Story übernimmt "DRUCK" von der ultraerfolgreichen Teenserie "SKAM" aus Norwegen: Zum Serienende schauten durchschnittlich eine Million Zuschauer in Skandinavien zu, plus unzählige Fans auf der ganzen Welt. Das Geheimnis hinter dem Erfolg? "SKAM" ließ gekonnt die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Serienwelt verfließen, indem die Zuschauer immer mit dabei sein konnten, wenn etwas passierte: Neue Clips, Posts und Chatverläufe erschienen unregelmäßig zu jeder Zeit online, so dass die Fans quasi in Echtzeit mit dabei waren, wenn die Serienfiguren etwas erlebten – wie in der Realität. Diese plattformübergreifende Erzählweise, die wir von "Berlin Tag und Nacht" oder "Iam.Serafina" kennen, verleitet uns dazu, besonders enge Beziehungen zu den Seriencharakteren aufzubauen.
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Jungs sind scheiße! - DRUCK - Folge 11
Gibt's einen Vorfall in der Schulkantine, wird der Clip mittags gezeigt, eine Partyszene folglich in der Nacht, Frühstück - logischerweise - am frühen Morgen. Am Ende der Woche folgt eine erweiterte Zusammenfassung der Clips als 10 bis 15 Minuten lange Episode. Das erzeugt ein hohes Suchtpotenzial, auch für Leute, die die Schulzeit längst hinter sich gelassen haben. Eigentlich an 15- bis 19-Jährige gerichtet, waren in Norwegen knapp zwei Drittel der Zuschauer tatsächlich zwischen 20 und 40 Jahre alt. Auch Pola Beck, eine der Macherinnen von "DRUCK", gehört dazu, erzählte sie PULS 2018 im Interview zum Serienstart: "Da sind so viele Dinge, die einen betreffen, auch wenn man älter ist. Zwischenmenschliche Sachen, die da ausgetragen werden: Liebe, Eifersucht, Freundschaft, Konflikte – sind so universell und so präzise und genau erzählt. Das hat mich einfach total fasziniert."
In der ersten Staffel folgen wir vor allem Hannah, die zu sich selbst finden muss und dadurch neue Freundschaften schließt. In der zweiten verliebt sich ausgerechnet die kluge, selbstbewusste Mia in den Schul-Draufgänger und in der aktuellen Staffel stellt sich Matteo seinen Gefühlen für einen Mitschüler. Mit den Lovestories werden gleichzeitig immer auch Themen behandelt, die unsere Gesellschaft so umtreiben: Sexuelle Belästigung und Depressionen, Transsexualität, Essstörungen, Drogen, Glauben und Geschlechterrollen – ohne zu verniedlichen oder zu skandalisieren. "DRUCK" ist überraschend unpeinlich.
Kiffen geht in Norwegen gar nicht
Die Dialoge sind glaubwürdig und berühren, weil die jungen Laiendarsteller am Skript mitgewirkt haben und auch bei der Social-Media-Begleitung Input geben. Die Produktion ist im Vergleich zu normalen Serien besonders anspruchsvoll. Neben Regisseurin Pola Beck und Autor Alexander Lindh sind auch die Social-Media-Redakteure am Dreh beteiligt, weil gleichzeitig alle Kanäle bespielt werden müssen. Nur so entsteht später ein zusammenhängendes medienübergreifendes Serienuniversum.
Vom Drehbuch der norwegischen Vorlage haben sich Beck und Lindh längst gelöst. Das tut der Serie gut, fällt der eingeschworenen "SKAM"-Community aber natürlich auf. Seit dem Start der Serie werden alle Unterschiede auf tumblr diskutiert, viele davon sind kulturell bedingt. Denn nicht alle Handlungsstränge lassen sich eins zu eins von Norwegen auf Deutschland übertragen, sagt Regisseurin Pola Beck: "Kiffen ist zum Beispiel hier in Deutschland nichts Besonderes, die Jugendlichen haben Zugang dazu. In Norwegen ist das ein Riesending, dass der Freund der Hauptfigur anfängt zu kiffen. Es wäre lächerlich, hier in Deutschland zu erzählen: Oh Gott, mein Freund kifft! Da würden die sagen, was mit euch los, ist das jetzt eine pädagogische Maßnahme?"
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Matteo – DRUCK – Trailer
Besser als das Original
"DRUCK" erzählt echte, relevante Geschichten, die Menschen verbinden, über Geo-Blocking-Grenzen und Sprachbarrieren hinweg. Fancommunities übersetzen mittlerweile sogar Folgen ins Englische und verbreiten sie illegal über tumblr. "SKAM" mauserte sich innerhalb von vier Staffeln zu einem staatlich ausgezeichneten, weltweiten Kulturbotschafter für Norwegen – mit Millionen Fans von Brasilien bis in die Mongolei, die norwegische Bräuche und Floskeln lernen, mit ihren Lieblingsfiguren leiden und die Handlung der Serie diskutieren wie Weltpolitik.
Für "DRUCK" ist dieses Konzept auch aufgegangen: Die Folgen der aktuellen dritten Staffel wurden allein bei Youtube im Schnitt 725.000 Mal abgerufen, insgesamt kommt der Youtube-Channel der Serie auf 56 Millionen Views. Viele Fans sind sich einig, dass "DRUCK" inzwischen sogar noch ein Stückchen besser ist als die norwegische Serienmutter "SKAM". Ich kann die vierte Staffel jedenfalls kaum erwarten. Sie wird sich um Amira drehen – die Queen der Fan-Herzen.
"DRUCK" könnt ihr bei Youtube sehen. Am 20. Juli startet die vierte Staffel. Dann erscheinen unter der Woche wieder in unregelmäßigen Abständen Clips, am Ende der Woche folgt eine erweiterte Zusammenfassung. Dieser Artikel wurde am 18.06.2019 zum Ende der dritten Staffel aktualisiert.
Um das Geheimnis von richtig guten Webserien geht's im PULS Serienpodcast "Skip Intro":
Bingen oder sein lassen? Vanessa Schneider checkt für euch neue Serien aus und sagt, was Sache ist. Und sie diskutiert zusammen mit wechselnden Gästen über die Hypes und Geschichten hinter den spannendsten neuen Serien. Abonniert Skip Intro hier!
Sendung: PULS am 19.06.2019 ab 7 Uhr.