TV & Serie // "Philip K. Dick's Electric Dreams" Wo die Realität aufhört und der (Alp-)Traum beginnt
Alternative Realitäten, Androiden und Totalüberwachung - das kennen wir schon aus "Black Mirror". Diese neue Sci-Fi-Serie kann da zwar nicht ganz mithalten, ist aber ein ordentlicher Lückenfüller bis zur nächsten Staffel.
Es gibt Tage, da wacht man auf – duscht, frühstückt, geht aus dem Haus. Alles wie immer eigentlich.
Und plötzlich klingelt der Wecker.
Der ganze Weg zur Arbeit, das Frühstück, die Dusche: Nur ein Traum. Was bleibt, ist das unheimliche Gefühl, nicht mehr unterscheiden zu können, was echt ist und was nicht. Der Autor Philip K. Dick muss das sehr gut gekannt haben. Denn dieses Gefühl spielt in vielen seiner Kurzgeschichten ein Rolle. Und auf diesen Geschichten basieren nicht nur Filme wie "Blade Runner" und "Minority Report", sondern jetzt auch eine Serie: "Electric Dreams".
Glück ist nur im Traum möglich
Einen dieser Electric Dreams hat die Polizistin Sarah (gespielt von Anna Paquin aus "True Blood"). Nach einem traumatischen Erlebnis macht sie Urlaub in einer virtuellen Realität. Und schon sehr bald weiß sie nicht mehr, ob ihr Leben außerhalb der Simulation real ist – es ist einfach zu perfekt: Sie ist erfolgreich im Job, zuhause wartet die wunderschöne Freundin, vor der Tür das fliegende Auto. Für Sarah klingt ihr eigenes Leben wie die Fantasie eines alten Mannes.
Glück scheint in "Electric Dreams" nur ein Zeichen von wilder Vorstellungskraft zu sein. Anders als in der erfolgreichen Serie "Black Mirror" geht es in "Electric Dreams" nicht so sehr um aktuelle, gesellschaftliche Fragen, die Schattenseiten von Social Media oder die allgegenwärtigen Vernetzung.
Die Serie ist eher klassische Science-Fiction, die darauf setzt, dass die Menschen schon die moralisch richtigen Entscheidungen treffen werden. Zum Beispiel in der herausragenden Folge "Der Pendler": Darin entdeckt ein Bahnmitarbeiter eine mysteriöse Haltestelle, die auf keinem Plan eingezeichnet ist. Dort kann er seinem tristen Alltag für ein paar Stunden entfliehen. Doch auch hier kommt mit dem kurzen Glück der Realitätsflucht das große Unbehagen. Denn die Welt, in die er zurückkehrt, verändert sich mit jedem Besuch.
Keine drohende Technohölle
Alternative Welten und Leben, das gute alte "was wäre wenn"-Spiel – in "Electric Dreams" würfelt jede Folge neu. Die Serie konfrontiert uns nicht wie "Black Mirror" mit einer drohenden Technohölle aus menschlichen Schwächen und technologischen Möglichkeiten, die nur das aufs Böseste weiterdenkt, was in der Gesellschaft gerade schon zu beobachten ist. Das liegt sicher auch daran, dass die Vorlage für "Electric Dreams" aus einer ganz anderen Zeit stammt: Philip K. Dick hat zwischen 1950 und seinem Tod Anfang der Achtziger wie ein Verrückter geschrieben. Die Serienmacher haben seine Ideen nur angepasst. Aus Zeitreisen werden so Reisen in die Virtual Reality, statt über das Internet werden die Menschen eben von Telepathen ausspioniert.
Leider bedient die Serie zu viele alte Science-Fiction-Klischees und das oft auch recht platt: Von den zehn Folgen kann man sich ruhig die Hälfte sparen, trotz der vielen bekannten Gesichter, wie Bryan Cranston aus Breaking Bad oder Sängerin Janelle Monae. Wer ein zweites "Black Mirror" erwartet, wird enttäuscht. “Electric Dreams” schafft es nur ganz selten, unser Leben und die Gegenwart in ähnlicher Weise zu kommentieren. Für ein paar Folgen unterhaltsamer Realitätsflucht reicht's trotzdem.
"Philip K. Dick's Electric Dreams" ist bei Amazon abrufbar.
Sendung: Hochfahren vom 17.01.2018 - ab 7 Uhr