TV & Serie // "The End Of The F**king World" Wenn die Neue und der Psycho einen Roadtrip machen
Er ist ein Psycho, sie die laute Neue. Zusammen machen sie einen Roadtrip, um ihr Leben zu vergessen und gehen dabei versehentlich über Leichen. Eine wunderbare Serie – die euch runterzieht und zum Lachen bringt.
James ist 17. Und er ist ein Psychopath. Jedenfalls ist das seine Selbstdiagnose, nachdem er diverse kleinere und größere Tiere getötet hat. Und mit Gefühlen kann er auch nicht viel anfangen. Dann trifft er Alyssa und fasst einen, nun ja, ungewöhnlichen Plan: Er will wissen, wie es ist einen Menschen zu töten - und Alyssa soll sein Testobjekt werden.
Damit fängt die ganze Misere an. Denn Alyssa hat sich in den Loner mit den dunklen dichten Haaren verguckt. Anders als James platzt sie geradezu vor Impulsen und Regungen. Vor allem, wenn sie genervt ist und das jeden spüren lässt. Aber was in ihr vorgeht, das hören nur wir Zuschauer.
Der Anfang vom Ende
Irgendwie passiert es also, dass Alyssa und James zusammen im Auto von James Vater sitzen, ohne Geld oder Plan wohin, Handy zerstört – Hauptsache, ganz weit weg von ihren kaputten Familien.
"Ich wusste nicht, wohin wir fuhren oder wann ich sie töten würde. Aber ich hatte meinem Dad eine reingehauen und sein Auto geklaut. Und ich hatte das Gefühl, als wäre das ein guter Anfang."
(James in TEOTFW)
Es ist der Anfang vom Ende, um genau zu sein.
"The End of The F**king World“ ist eine Comicverfilmung. Früher, als das Kino noch der kreative Spielplatz für aufstrebende Filmemacher war, da wäre aus dieser Idee ein kleiner, feiner, unbeachteter Indiefilm geworden. Heute wird daraus eine Serie gemacht. Und zwar eine außergewöhnlich gute. Die pointierten Dialoge und Kameraeinstellungen stammen oft eins zu eins von den Comicseiten der Vorlage. Die Charaktere sind schräg, aber absolut glaubhaft, weil die beiden Schauspieler ihnen viel Tiefe verleihen: James - äußerlich ein einsames, apathisches Mauerblümchen - bebt innerlich. Ständig stellt er sich vor, Alyssa umzubringen: Das Messer in seiner Hand, Blut tropft von der Klinge und ihre zerzausten Haare eingetaucht in einer Blutlache.
Ein Hauch von vergilbten, geliebten 70er-Jahre-Kultfilmen
Leichter Spoiler: Alyssa trifft es erstmal nicht. Der Roadtrip endet trotzdem mörderisch und die beiden finden sich schon bald auf der Flucht vor der Polizei wieder. Mit dem legendären Gangsterpaar "Bonnie und Clyde“ hat ihre zarte Lovestory außer den klassisch verwaschenen, gelbstichigen Landschaftsbildern aber nicht viel zu tun.
Wer die kultige, schwarzhumorige Tragikomödie "Harold & Maude“ gesehen hat, wird den Spirit des Films in dieser Serie wiederfinden: Der Humor ist morbide und trocken, die Liebesgeschichte zwischen den beiden tragisch und irgendwie sehr echt.
Die Serie ist eine emotionale Achterbahnfahrt. Sie ist komisch, zieht einen runter und gibt einem trotzdem ein gutes Gefühl. Einen großen Anteil daran hat auch die nostalgische Musik aus den 60ern und 70ern: Oldschool-Liebeslieder wie "Have You Ever Loved Someone“ - die Titel sind plakativ, aber perfekt ausgewählt.
Noch nie hat das Wort bittersüß besser gepasst: "The End of the f**king World“ ist wirklich eine wunderbare Serie.
"The End of The F**king World" gibt's bei Netflix.
Sendung: Hochfahren vom 10.01.2018 - ab 7 Uhr