TV & Serie // "Tote Mädchen lügen nicht" Staffel 2 3 Gründe warum ihr euch die zweite Staffel sparen könnt
Ein totes Mädchen schickt ihren Mitschülern aus dem Jenseits Kassetten und macht sie für ihren Tod verantwortlich: Die Story war ein Riesenhit - in Buchform und als Netflix-Serie. Doch die zweite Staffel ist leider ein Reinfall.
Die erste Staffel von "Tote Mädchen lügen nicht" hat im vergangenen Jahr für endlose Diskussionen gesorgt, weil sich darin ein Mädchen, Hannah Baker, das Leben nimmt und dann auf mehreren Kassetten erklärt, wer daran ihrer Meinung nach die Schuld trägt. Das Ganze war eine Buchverfilmung - und eigentlich eine abgeschlossene Geschichte. PULS Serienjunkie Vanessa Schneider hat die zweite Staffel geschaut und sagt: Die müsst ihr nicht gesehen haben, aus drei Gründen:
Grund 1: Die zweite Staffel erzählt nochmal die gleiche Geschichte
"Tote Mädchen Lügen nicht 2" beginnt etwa fünf Monate nach Hannahs Tod. Ihre Mutter hat die Schule verklagt, weil Hannah dort vergeblich Hilfe gesucht hatte. Im Laufe des Prozesses müssen Mitschüler Clay, Jess, Alex und Co. aussagen - und wieder über die Ereignisse aus der erste Staffel berichten. In 13 viel zu langen Folgen. Damit das nicht langweilig wird, kommen im Gerichtsaal aber einige Details ans Licht, die Hannah auf ihren Kassetten ausgelassen hat. Und die wollen oft so gar nicht in die Logik der ersten Staffel passen. Zum Beispiel: Hannah hatte eine bisher unbekannte Sommerliebe, bevor sie Clay traf. Auf den Kassetten verliert sie kein Wort darüber. Und das, obwohl sie so glücklich war?
Grund 2: Sie banalisiert Hannahs Leid
Durch den Prozess erleben wir die Zeit vor Hannahs Tod nochmal durch die Augen ihrer Mitschüler - die sich natürlich ganz anders an alles erinnern - und alle mit Hannah befreundet gewesen sein wollen. So erfahren wir auch von ihren Problemen mehr. Aber vor allem bekommen wir Kontext, den wir - und Hannahs Story - aber gar nicht gebraucht hätten. Niemand kann beurteilen, ob das, was Hannah erlebt hat, wirklich so schlimm war, wie sie es wahrgenommen hat: Sie sah aufgrund von Bullying, Einsamkeit und Depressionen keinen Ausweg mehr. In der ersten Staffel hatte Hannah durch ihre Kassetten wenigstens noch die Erzählung selbst in der Hand - in der zweiten wird ihr jede Selbstbestimmung abgesprochen. Alles, was von ihr bleibt sind idealisierte Erinnerungen, ein ruinierter Ruf und Clays Hirngespinste. Der sieht sie in seiner Trauer nämlich überall und lässt sie seine Gedanken aussprechen - wie eine Handpuppe.
Grund 3: Sie ist so didaktisch wie ein Sozialkundefilm
Die erste Staffel wurde stark kritisiert - weil es keine Triggerwarnungen vor verstörenden Szenen gab und die Serie ausführlich zeigte, wie Hannah sich das Leben nimmt. Auch sollen nach dem Serienstart mehr Leute bei Google nach "Suizid" gesucht haben. Aus diesem Fehler hat "Tote Mädchen lügen nicht" gelernt: Direkt am Anfang der ersten Folge machen die Darsteller auf möglicherweise irritierende Inhalte aufmerksam und geben Hilfestellung. Vor besonders krassen Folgen, in denen sexuelle Gewalt, Drogenkonsum oder Selbstverletzung vorkommen, wird ein weiterer Hinweis eingeblendet und eine Adresse für eine eigens eingerichtete Website, auf der man Hilfsangebote finden kann. Das ist super und sehr durchdacht. Anders als die Serie selbst. Da werden viele dieser Probleme nämlich mit einem erhobenen Zeigefinder angesprochen - mit fast schon belehrenden Dialogen und viel zu viel Drama. Ja, die Schulzeit ist immer irgendwie dramatisch - aber an der Liberty High School scheint es nicht einen einzigen Teenager zu geben, dem es einigermaßen gut geht, der vernünftig handelt und Eltern hat, denen er oder sie vertraut. Dieses Drama hat in der ersten Staffel noch total süchtig gemacht. In der zweiten ist es leider nur noch anstrengend. Dafür gibt es einen billigen Cliffhanger für eine dritte Staffel.
Die zweite Staffel von "Tote Mädchen lügen nicht" könnt ihr bei Netflix sehen. Die Autorin hat die Folgen 1 bis 6, sowie 12 und 13 gesehen.
Hilfe bei Suizidgedanken
Wenn ihr düstere Gedanken habt, oder daran denkt euch etwas anzutun, versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Ganz anonym geht das zum Beispiel telefonisch bei der Telefonseelsorge. Die erreicht ihr kostenfrei und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 oder im Chat auf der Webseite der Telefonseelsorge. Das muslimische Sorgentelefon ist erreichbar unter 030 / 44 35 09 821. In ganz Deutschland gibt es viele Beratungsstellen für Menschen mit Suizidgedanken, wo seht ihr auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.
Sendung: Hochfahren vom 23. Mai 2018 – ab 07.00 Uhr.