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Interview // Sebastian Steudtner "Die Welle macht mit mir, was sie will"

Er surft die größten Wellen dieser Welt. Sebastian Steudtner hat den Weltrekord im Big Wave Surfen einmal geholt. Jetzt will er es wieder schaffen. Und zwar crowdgefundet.

Von: Ann-Kathrin Mittelstraß

Stand: 16.09.2014 | Archiv

PULS: Sebastian, mit einer leichten Brandung kannst du anscheinend nicht viel anfangen – du nimmst die großen Wellen. Aber warum?

Sebastian Steudtner: Ich konnte auch mit einer kleinen Brandung schon immer viel anfangen. Ich habe als kleiner Junge schon davon geträumt, Surfer zu sein. Und jetzt hat mich mein Weg dahin gebracht, dass ich die größten Wellen der Welt surfe. Es gibt für mich nichts Faszinierenderes als so eine mächtige Wand im Rücken zu haben und da runterzufahren.

Stimmt es, dass du Höhenangst hast?

Beim Klettern habe ich schreckliche Höhenangst. Ab zehn Meter geht bei mir gar nichts mehr. Das ist nicht mein Element. Ich glaube auch ganz fest daran, dass jeder Mensch sein persönliches, eigenes Element hat - meins ist definitiv das Wasser.

Du hast schon einmal einen Weltrekord im Big Wave Surfen geknackt, mit einer 22 Meter hohen Welle vor Hawaii. Das willst du jetzt nochmal schaffen – mit 24 Metern in Portugal. So riesige Wellen erwartet man in Europa eigentlich nicht. Warum soll das gerade in Portugal klappen?

Bis 2010 waren die größten Wellen der Welt auf Hawaii, in Australien und in Südamerika. 2011 hat dann ausgerechnet ein Hawaiianer in Portugal eine noch größere Welle gesurft und den aktuellen Weltrekord aufgestellt. Vor Nazaré ist ein Unterwassergraben, der die Wellen zusammenführt und so groß werden lässt. Die Stürme in Europa sind stärker als im Pazifik. Das ist für uns Europäer Neuland. Wir wussten nicht wirklich, wo die Wellen brechen, und was wir brauchen.

Du musst wahnsinnig viel Kraft haben, um auf diesen Wellen zu surfen und zu stehen. Wie trainierst du?

Es gibt oft das Klischee, dass man als Big-Wave-Surfer 2,10 Meter groß sein muss – bin ich nicht! Ich wiege knapp 75 Kilo, eine Welle wiegt 500.000 Tonnen! Da macht ein bisschen Körpermasse mehr oder weniger keinen Unterschied. Die Welle macht mit mir, was sie will. Im Endeffekt geht es um die Fähigkeit, die Welle richtig zu lesen, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, richtig auf das Brett aufzusteigen, stehen zu bleiben, den Jetski zu fahren, ein gutes Team um sich herum zu haben, wissen, wann man wo sein muss auf der Erde, um die Welle zu erwischen – das ist eine sehr komplexe Sportart.

Und Kohle braucht man auch. Um den Weltrekord im Big Wave Surfen zu knacken erst recht. Wie viel kostet dich das?

Insgesamt geht es in den sechsstelligen Bereich. Es ist eine sehr aufwendige Sportart. Wir brauchen viele Jetskis -  einer kostet schon um die 15.000 Euro. Dann natürlich die ganzen Reisen, die Flüge, die Autos, die Logistik, mein Rettungsteam… da kommt einiges zusammen!

Du hast gerade ein Crowdfunding-Projekt gestartet über 37.000 Euro. Das reicht dann aber nicht aus, oder?

Nein, das ist eine Unterstützung dazu, die mir Freiheit gibt, mich besser auf den Sport und den Rekord zu konzentrieren und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ich es schaffe.  

Wie viel hast du schon und wie viel brauchst du noch?

Es läuft jetzt ungefähr zehn Tage, und wir haben schon über 25 Prozent eingespielt. Ich bin sehr optimistisch, dass wir auch den Rest noch zusammenbekommen. Mir war es wichtig, das auf die Art zu machen. Damit ich nicht zu irgendwelchen Marken und Firmen gehen muss, die nur nach ihrem Vorteil suchen. Ich will das mit einer Community von Leuten machen, die Bock darauf haben. Wir alle machen den Weltrekord, nicht nur ich.


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