Bataclan-Überlebender beim Wiederholungskonzert "Der Sound der Snare Drum hat mich an die Schüsse erinnert"
Wie fühlt es sich an, als Überlebender des Terroranschlags im Bataclan nochmal die Eagles Of Death Metal live zu sehen? Wir haben mit Alexis aus Paris gesprochen, der lange gezögert hat, das Konzert zu besuchen - und am Ende doch hingehangen ist.
Am Dienstagabend haben die Eagles Of Death Metal das Konzert zu Ende gespielt, das am 13. November 2015 von Terroristen brutal beendet wurde. Damals sind 89 Menschen gestorben. Alexis hat überlebt. Er hat uns schon am Tag vorher erzählt, wie er sich angesichts des Konzerts fühlt - und ob er sich vorstellen kann, hinzugehen. Im Vorfeld war sich der 26-jährige nicht sicher - und war dann doch im Pariser Olympia.
PULS: Alexis, du hast uns gestern im Interview erzählt, dass du noch nicht weißt, ob du es packst, auf das Konzert zu gehen. Warum hast du dich dann letztendlich doch dazu entschlossen?
Alexis: Ich glaube, ich wollte einfach nicht bereuen, bei diesem riesen Ereignis nicht dabei gewesen zu sein. Ich wollte bei all den anderen Überlebenden sein, bei meinen neuen Freunden. Bei der Band. Aber am wichtigsten: Ich wollte mich selber testen und schauen, ob ich wieder zu einem Konzert gehen kann, ohne durchzudrehen. Und irgendwie habe ich mich auch verpflichtet gefühlt, hinzugehen. Weil ich das Glück habe, überhaupt noch die Wahl zu haben.
Und als du dann da standst, im Publikum, die Band auf der Bühne - hat es sich angefühlt wie ein normales Konzert?
Ja, irgendwie hat es sich in manchen Momenten wirklich normal angefühlt. Die Leute haben gequatscht, Bier getrunken - das war fast schon seltsam. Ich selbst bin oben auf dem Balkon gestanden, mit Menschen, die im Bataclan verletzt wurden, und mit Angehörigen von Leuten, die am 13. November gestorben sind. Für mich war das ehrlich gesagt alles andere als ein gewöhnliches Konzert. Es war viel, viel mehr als das.
Als wir gestern mit dir gesprochen haben, hattest du vor allem Angst davor, dass sich die Situation im Olympia ähnlich anfühlen würde wie damals im Bataclan - dieselbe Band, dieselben Songs und auch die Leute waren ja zum Teil dieselben - und das alles noch dazu in einem ähnlichen Club wie dem Bataclan. Gab es Momente, in denen du Angst hattest, und die Erinnerungen wieder lebendig wurden?
Mein Stuhl war direkt neben einer Tür. Und da habe ich natürlich ständig hingeschaut. Aber rund um das Olympia war so unglaublich viel Security, dass ich mich im Prinzip sicher gefühlt habe. Bei einem Song allerdings, hab ich aufs Schlagzeug geachtet - und der Sound der Snare Drum hat mich plötzlich an die Schüsse im Bataclan erinnert. Da konnte ich dann erstmal an gar nichts anderes mehr denken.
Du warst ja immer ein riesiger Musikfan. In deinem Blog hast du nach den Anschlägen von Paris geschrieben, dass deine Liebe zur Musik zerstört ist. Hat das Konzert gestern Abend daran vielleicht etwas geändert?
Das habe ich damals drei Tage nach den Anschlägen geschrieben - da stand ich noch immer unter Schock. Jetzt, drei Monate später, ist die Situation schon etwas anders. Aber meine Lieblingsmomente gestern Abend waren ehrlich gesagt zwei Songs, die nicht von den Eagles Of Death Metal sind: Ein Song des französischen Sängers Jaqcues Dutronc, der beim Intro lief, und dann bei der Zugabe ein Cover von meinem Lieblingssong aller Zeiten: "Brown Sugar" von den Rolling Stones. Da konnte ich einfach nicht anders und hab laut mit Jessie Hughes mitgesungen. Aber während der Songs der Eagles Of Death Metal, Songs, die ich mal über alles geliebt habe... ganz ehrlich - da habe ich nichts gefühlt. Und das macht mich echt traurig.
Hast du dir schon überlegt, welches Konzert du als nächstes besuchen willst?
Das gestern war schon ein bisschen hart für mein erstes Konzert seit dem 13. November. Aber ich hab's durchgezogen und ich glaube, ich kann vielleicht in den nächsten Monaten zumindest wieder kleinere Konzerte besuchen. Aber, weißt du was? Ich habe mir schon Tickets für ein paar Festivals im Sommer gekauft! Alles Open Airs, draußen, im offenen Gelände - wenigstens das versuche ich dann auf jeden Fall.