CO2-Kompensationen Bäume spenden für den globalen Süden – bringt das was?
Baum für Baum gegen die Klimakrise. Das Prinzip hinter online Baumspende-Projekten ist simpel. Während die EU den Klimanotstand ausruft und auf der Weltklimakonferenz Aktivisten um Greta Thunberg für mehr Klimaschutz demonstrieren, scheinen Baumspenden als eine bequeme, alltagsfreundlichere Möglichkeit selbst aktiv zu werden. Aber was bringen die Pflanzaktionen wirklich? Und was bedeuten die Bäume dort, wo sie gepflanzt werden?
Über Elf Tonnen CO2 pro Jahr. So viel Treibhausgas erzeugt jeder einzelne durchschnittlich in Deutschland. Europaweit sind wir damit auf Platz fünf. Noch krasser ist der Vergleich mit den südlichen Entwicklungsländern. In Südamerika, Afrika oder Südostasien liegt der jährliche Pro-Kopf-Wert deutlich unter fünf Tonnen. Kein Wunder also, dass es bei uns Trend ist, die eigene Klimabilanz zu pimpen. Besonders beliebt: Bäume pflanzen… lassen. Und zwar in südlichen Entwicklungsländern. Also dort, wo die Emissionen eigentlich gering sind.
Baum für Baum gegen die Klimakrise: Bringt das was?
Weltweit greifen Menschen die natürlichen Waldbestände an, vor allem in den Tropen: Jede Minute verschwinden 30 Fußballfelder Regenwald. Laut WWF-Bericht bedeutet das, dass Afrika seit 1990 zwölf Prozent seiner Waldfläche verloren hat. Im Amazonas, der größte Regenwald der Erde, wurden seit 1995 mehr als 310.000 Quadratkilometer zerstört. Blöd nur, dass die Tropenwälder richtig wichtig sind für unser Klima. Die Wälder sind praktisch unser Kohlenstoffspeicher und binden sogar 30% der von Menschen verursachten Treibhausgase. Verschwinden die Wälder, verschwindet, wortwörtlich, unsere grüne Lunge. Darum gilt Aufforstung weithin als eine schnelle und einfache Lösung für die Klimakrise. Aber, so einfach ist es nicht, sagt Dr. Christopher Martius vom Center for International Forestry Research (CIFOR) Deutschland:
"Es entsteht der Eindruck: ‚jetzt haben wir eine Klimakrise, jetzt können wir Bäume pflanzen dann haben wir die Krise gelöst‘. Die Bäume fehlen, weil bestimmte Rahmenbedingungen die Menschen dazu gebracht haben, die Bäume abzuholzen. Das heißt, man kann jetzt nicht irgendwo hingehen und Bäume pflanzen und hoffen, dass die dann stehen bleiben."
Dr. Christopher Martius, Geschäftsführer Center for International Forestry Research (CIFOR) Deutschland
Denn Wälder sind für viele Gemeinden in Entwicklungsländern Lebensgrundlage: Für Nahrung, Medizinpflanzen, aber auch für Holzkohle, oder Einkünfte aus dem Rohstoffhandel. Erfolgreiche Aufforstungsprojekte müssen deswegen ganz eng mit Kleinbauern vor Ort zusammenarbeiten und herausfinden, was die tatsächlich wollen und brauchen. Vorsichtig sollte man deswegen bei Klima-Websites sein, die anbieten, dass man bei der Online-Baumspende auch die Baumart bestimmt, die gepflanzt werden soll. Aus der Ferne könne man nämlich unmöglich wissen, welche Baumsorte die richtige ist – weder für das örtliche Ökosystem noch für die Kleinbauern, sagt Dr. Martius.
"Es kommt darauf an, natürliche Waldbestände wiederaufzubauen, oder Agrarsysteme mit denen die Bauern arbeiten und Geld verdienen können."
Dr. Christopher Martius, Geschäftsführer CIFOR Deutschland
Baum-Setzlinge brauchen langfristige Pflege, damit sie überleben und irgendwann auch tatsächlich ausreichend CO2 binden. Das bedeutet auch Aufwand und Kosten vor Ort, zum Beispiel für Zäune. Das sollte bei der Spendensumme unbedingt berücksichtigt werden.
Problematisch ist auch das Thema Landnutzung. Denn manche Aufforstungsprojekte führen dazu, dass Locals den Zugang zu den Bäumen, also zur Lebensgrundlage verlieren. Im Extremfall werden Gemeinden sogar umgesiedelt oder vertrieben, das hat eine Studie des Oakland Institute bestätigt. "Carbon Violence", so nennt die Studie dieses Phänomen und macht damit nochmal extra deutlich, dass Aufforstungsprojekte weitreichende soziale, politische, wirtschaftliche und kulturelle Konsequenzen haben, wenn Locals ihr Mitspracherecht verlieren.
Wie erkennt man ein gutes Projekt?
Ob die Baumspende in Entwicklungsländern wirklich was bringt - für‘s Klima und Locals - ist nicht immer leicht zu erkennen. Orientierung gibt zum Beispiel das vom Umweltbundesamt empfohlene Gold-Standard-Siegel. Auch die Stiftung Warentest hat sich Klimaorganisationen genauer angeschaut und einen Ratgeber veröffentlicht. Zwei der Top Anbieter unterstützen auch Baumpflanzprojekte. Denn Baumspenden sind in Grunde nicht verkehrt. CO2 vermeiden ist und bleibt aber die beste Lösung für die Klimakrise.