Strafverfahren gegen Jan Böhmermann Was bedeutet die Entscheidung der Bundesregierung?
Die Bundesregierung hat den Weg frei gemacht für ein Strafverfahren gegen Jan Böhmermann. Der Grund: Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts. Außerdem gibt es mehrere Strafanzeigen gegen ihn. Was muss Böhmermann jetzt befürchten?
Juristisch machen Jan Böhmermann gerade drei Dinge zu schaffen: Erstens fordert der türkische Präsident Erdogan eine Strafverfolgung Böhmermanns nach Paragraf 103 wegen Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten. Zweitens stellte Erdogan parallel dazu auch als Privatmann Strafanzeige wegen Beleidigung. Drittens will Erdogans Anwalt außerdem zivilrechtlich gegen Böhmermann vorgehen, weil der TV-Moderator bisher keine Unterlassungserklärung unterschreiben will.
Die zuständige Staatsanwaltschaft in Mainz erklärte bereits, dass sie die Ermittlungen in den ersten beiden Fällen miteinander verbindet. Durch die Einbeziehung des Sonderparagrafen 103 bekommt das Verfahren jetzt ein höheres politisches Gewicht - und im Fall einer Verurteilung droht Böhmermann eine höhere Strafe. Zusätzlich zu Erdogan haben auch Privatleute Böhmermann wegen Beleidigung angezeigt.
Im Grunde geht es jetzt darum, ob Böhmermanns Äußerungen durch das im Grundgesetz garantierte Recht auf Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt sind – oder nicht.
Das sind die möglichen Folgen für Böhmermann
Erstmal gar keine, jedenfalls juristisch gesehen nicht: Jan Böhmermann darf weiterhin senden und Satire machen – mit allen Themen, die er will. Käme es am Ende aber tatsächlich zu einer Verurteilung, könnte sich das ändern.
Nehmen wir an, Böhmermann wird wirklich wegen Beleidigung verurteilt. Würde er dann in einer zukünftigen Sendung wieder über Erdogan reden, würde der es dann wieder als Beleidigung verstehen und würde ein Gericht Böhmermann deshalb wieder verurteilen - dann wäre diese neue Strafe wahrscheinlich höher als beim ersten Mal. Es ist also ähnlich wie beim Supermarkt-Klauen: Wer einmal erwischt wird, bekommt eine kleine Strafe. Beim zweiten Mal ist die Strafe höher.
"Nur steht es ja nicht fest, dass er verurteilt wird. Immerhin hat er ein Grundrecht, auf das er sich berufen kann, niedergelegt in Artikel 5 des Grundgesetzes. Nämlich die Kunstfreiheit."
Jürgen Arnold, Anwalt unter anderem von Hans Söllner
Allgemein sieht Paragraf 103 StGB vor, dass man mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe rechnen muss, wenn man einen ausländischen Staatschef beleidigt. Voraussetzung für eine Strafverfolgung ist ein Strafverlangen der ausländischen Regierung und dass die Bundesregierung dem Strafverfahren zustimmt. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gemacht.
So geht es jetzt weiter
Jetzt ist die Mainzer Staatsanwaltschaft am Zug. Sie muss Böhmermanns Beitrag bewerten und entscheiden, ob sie Anklage erhebt. Damit entscheidet nicht die Bundesregierung, was Satire ist, sondern das Gericht.
Wenn die Staatsanwaltschaft zu dem Schluss kommt, dass es keine Satire ist, wird sie die Anklage wegen der politischen Bedeutung des Streits wohl direkt vor das Landgericht Mainz bringen. Über das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz könnte das Verfahren dann zum Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gehen. Der Verlierer könnte dann noch das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Wie häufig gibt es Anklagen wegen Beleidigung durch Künstler?
§103 StGB wird selten angewendet. Häufiger allerdings gibt es normale Strafanzeigen gegen Künstler wegen Beleidigung.
"Mein Mandant Hans Söllner hat dauernd irgendwelche Anzeigen gehabt, von Stoiber oder Beckstein oder wen es da alles getroffen hat. Manchmal war es Satire, dann gab es einen Freispruch. Und manchmal hat man gesagt, es ist Schmähkritik und dann ist er verurteilt worden. Das müssen die Richter entscheiden."
Jürgen Arnold, Anwalt unter anderem von Hans Söllner