Christina kriegt die Krise Das Märchen vom faulen Griechen
Frührente, Kaffeepause, Urlaub ohne Ende: Kein Wunder, dass Griechenland in der Krise steckt - die arbeiten doch eh nix! Soweit das Vorurteil. Christina hat auf ihrem Roadtrip ein anderes Griechenland kennengelernt.
Es war einmal... ein Grieche. Er lebte in einem Land, in dem seit fünf Jahren die Finanzkrise den Alltag bestimmte. Vielleicht hat er ja einen Job. Wenn er jünger als 25 ist, stehen seine Chancen dafür nicht allzu gut. Jeder zweite junge Grieche ist nämlich arbeitslos. Und selbst wenn er Arbeit hätte, verdient er oft wenig oder gleich gar nichts - weil ihm der Arbeitgeber seit Monaten das Gehalt nicht überweist.
Es gibt viele Gründe, warum Griechenland in der Krise steckt. Die angebliche Faulheit der Griechen ist keiner. Aber sie wird nur zu gerne von Medien und Politikern in ganz Europa als Ursache genannt, sogar von Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit Sprüchen wie diesem aus dem Jahr 2011: "Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig."
Egal wen ich auf meinem Roadtrip in Griechenland getroffen habe: Wer einen Job hat, der arbeitet. Viel. Ob der Mann meiner Cousine, der sieben Tage die Woche für 12 Stunden am Tag im Büro sitzt, ob mein Bekannter, der teilweise dreimal täglich in die Arbeit fährt und dort unbezahlte Nachtschichten einlegt oder die Startupper im Athener Stadtzentrum.
Eine von ihnen, Maria, sieht dort Tag für Tag, wie viel die Leute arbeiten. Sie meinte zu mir: "Griechen sind nicht faul, sie sind entspannt. Wenn es tagsüber so heiß ist, kann man nicht einfach im Büro bleiben, so wie in vielen anderen Ländern. Trotzdem arbeiten Griechen, nur eben zu anderen Arbeitszeiten und unter anderen Umständen. Ja, Griechen genießen das Leben, aber sie sind nicht faul."
Medienkampagnen der letzten Monate haben das Bild vom faulen Griechen, der eh nur am Strand liegt, weiter angefeuert. Dabei zeigen Zahlen der OECD: Im Schnitt sitzen Griechen 150% länger am Arbeitsplatz als Deutsche.
Und in Sachen Urlaub? Auch wenn in Griechenland oft die Sonne scheint - griechische Arbeitnehmer haben nicht mehr Urlaubstage als andere Europäer. Im Gegenteil: Gesetzlich stehen ihnen, je nachdem wie lange sie schon in einem Unternehmen dabei sind, 20 bis 26 bezahlte Urlaubstage zu. Zum Vergleich: Das deutsche Bundesurlaubsgesetz schreibt für uns 24 Tage vor, in vielen Tarifverträgen sind es aber sogar 30 - also sechs Wochen. Das Vorurteil vom faulen, ewig urlaubenden Griechen? Ein Märchen, mehr nicht.