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Die Frage Warum sterben so viele Menschen an unseren Grenzen?

Sie steigen in kleine Boote, sie klettern über hohe Zäune - und viele kommen dabei ums Leben. Die Frage macht sich auf die Spur von Flüchtlingen und zeigt, wie dicht Europas Grenzen sind und warum das trotzdem keinen abschreckt.

Von: Christine Auerbach

Stand: 02.07.2014 | Archiv

Die Frage: Warum sterben so viele an unseren Grenzen?

Die einen baden, die anderen sterben. Das Mittelmeer ist ein Massengrab, zeigen die Zahlen: Fast 20.000 Menschen sind seit 1988 im Mittelmeer bei ihrer Flucht nach Europa gestorben, haben die Macher des Blogs Fortress Europe errechnet. Dabei zählen sie nur die Toten, über die Medien und Behörden berichtet haben. Die echte Zahl dürfte also noch viel größer sein.

Die klapprigen Boote sind für die meisten jedoch nur das Ende einer oft jahrelang dauernden Odyssee durch verschiedene Länder. Gewaltmärsche durch Wüsten, Angst vor Abschiebung und brutale Schlepper sind dabei an der Tagesordnung. Viele, die am Ende an den europäischen Grenzen ankommen, wollten dabei erst einmal gar nicht nach Europa: Die meisten Menschen, die vor Gewalt und Krieg im eigenen Land fliehen, so das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), suchen nämlich erst einmal Unterschlupf in ihren Nachbarländern. Pakistan, Iran, Libanon und Jordanien nehmen derzeit am meisten Flüchtlinge auf. Unter den zehn Ländern, die am meisten Flüchtlinge aufnehmen, ist kein einziges europäisches Land. Der Stammtischspruch "alle wollen nach Europa" ist also ziemliche Panikmache.

Bayern und die Asylbewerber

100 neue Asylbewerber, heißt es aus dem bayerischen Sozialministerium, kommen derzeit nach Bayern - pro Tag. Das ist viel. Auch im Rest von Deutschland steigt die Zahl der Asylanträge - letztes Jahr waren es bundesweit über 100.000. Der Grund an diesen Zahlen sind die vielen Kriege und Konflikte derzeit, allen voran der Krieg in Syrien.

Im Vergleich zu dem, was andere Länder stemmen, sind die deutschen Zahlen aber gering: Pakistan versorgt gerade 1,5 Millionen Flüchtlinge. Im Libanon, der kleiner als Schleswig-Holstein ist, sind fast 900.000 Leute gestrandet. Insgesamt sind weltweit 50 Millionen Menschen auf der Flucht, sagt das UNHCR. So viele wie seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr.

Angekommen in Deutschland

Hat es trotz allem jemand bis in die Festung Europa geschafft, und vielleicht sogar bis nach Deutschland, heißt das noch nicht, dass er angekommen ist. Die Bearbeitung der Asylanträge kann Jahre dauern, in Bayern dürfen Asylbewerber in der Zeit ihren Regierungsbezirk nicht verlassen, müssen in Gemeinschaftsunterkünften leben und dürfen nur eingeschränkt arbeiten. Gegen diese Behandlung kämpfen Asylbewerber seit Jahren.

Im Juni 2013 kommt es zu einer der größten Demos auf dem Münchner Rindermarkt. Eine Woche befinden sich Asylbewerber in Hungerstreik, einige Tage davon trinken sie auch nichts mehr. Eine Lösung ihrer Probleme ist dabei nicht in Sicht, jeder Verhandlungsversuch zwischen Politikern und Streikenden scheitert. Am Ende wird das Camp geräumt. Der Protest geht aber weiter. Seitdem machen Asylbewerber deutschland- und europaweit mit Demonstrationen, Märschen und weiteren Hungerstreiks auf ihre Lage aufmerksam. Sie nennen sich dabei non-citizens, weil ihnen ihrer Meinung nach grundlegende Bürgerrechte verwehrt bleiben.

Die Dublin-Verordnung

Europäer können innerhalb Europas frei wählen, wo sie wohnen und leben möchten. Asylbewerber nicht. Die sogenannte Dublin-Verordnung regelt, dass sie in dem Land bleiben müssen, in dem sie das erste Mal europäischen Boden betreten haben. Solange bis ihr Asylantrag durch ist oder sie abgeschoben werden.

Bei der Durchführung dieser Dublin-Verordnung arbeiten die nationalen Grenzbehörden zusammen. An der deutsch-tschechischen Grenze gibt es zum Beispiel ein gemeinsames Zentrum, das bei allen grenzüberschreitenden Problemen zusammenarbeitet, von Drogenhandel bis zu Asylrechtsverstößen. "Wenn im Zug zum Beispiel eine Kontrolle stattfindet, ruft der Kollege hier im Zentrum an und die deutschen und tschechischen Kollegen recherchieren in ihrem System die notwendigen Informationen. Wenn die Person dann tatsächlich unerlaubt eingereist ist, dann muss sie zurückgeführt werden", sagt, Markus Leitl, der deutsche Leiter des Zentrums. Was sich so einfach anhört, ist vor allem für Länder wie Italien, in denen gerade ein Großteil der Asylbewerber ankommt, ein großes Problem.

Wie machen es die anderen?

Nicht nur in Europa, auch in den USA gibt es Leute, die illegal über die Grenzen kommen. Der Großteil in den USA kommt dabei aus Lateinamerika. Die Hispanics sind inzwischen die größte Minderheit in den USA, 2050 heißt es, wird jeder dritte Amerikaner lateinamerikanischer Herkunft sein. Der Unterschied zu Deutschland und den USA: In den USA ist jeder, der dort geboren ist, automatisch US-Bürger. In vielen hispanischen Familien haben deshalb die Kinder einen US-Pass. Die Eltern sind immer noch illegal. Sie nehmen das in Kauf, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Was also tun?

Eine Möglichkeit das Sterben an unseren Grenzen zu verhindern, wäre es, die Wege nach Europa zu erleichtern. Bisher ist es für Menschen aus Afrika und aus Kriegs- und Krisengebieten nämlich fast unmöglich, ein Visum zu bekommen und legal einzureisen. Es bleibt ihnen also nichts anderes übrig, als den gefährlichen Weg zu nehmen, mit bezahlten Schleusern, Booten oder zu Fuß über die grüne Grenze.


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