AfD-Wahlkampagne So analysiert einer der besten Werber Deutschlands die Strategie der AfD
Wie bleibt eine Marke im Kopf? Wenn das jemand weiß, dann Ronald Focken. Er ist Geschäftsführer der Serviceplan Group – einer der größten Werbeagenturen Europas. Im Interview mit PULS verrät er, was die AfD alles richtig macht.
PULS: Wie entwickelt man eine Marke, Herr Focken?
Ronald Focken: Wichtig ist, dass eine Marke sofort erkannt wird. Idealerweise muss man das Logo gar nicht lesen, sondern hat allein durch den Colourcode, also durch die Farbgestaltung des Logos einen Wiedererkennungswert. Mal ein Beispiel: Wenn Sie an einer Tankstelle vorbeifahren und Sie sehen eine Muschel, wissen Sie gleich, was ich meine. Das Wort "Shell" brauche ich gar nicht mehr.
Wie ist das bei der AfD? Die ist ja kein Unternehmen, sondern eine Partei.
Die Alternative für Deutschland hat, was Logo, Gestaltung und Farbkombination angeht, eine hohe Prägnanz. Wenn Sie das Blau mit dem Pfeil sehen, dann verbinden Sie das ganz klar mit der AfD. Interessant ist auch die Typologie. Das Wort "Alternative" ist sehr groß geschrieben, "für Deutschland" kleiner darunter. Was assoziiert man damit? Ein gewisses Unbehagen, Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien – eine Alternative eben. Der Pfeil geht erst nach unten, bevor er mit einem Schwung nach oben geht. Die Alternative für Deutschland soll anscheinend die Partei sein, die dafür sorgt, dass es wieder nach oben, in die richtige Richtung geht.
Neben dem Logo ist auch die Kampagne dahinter wichtig. Wie schlägt sich die AfD in den Social-Media-Kanälen?
Bei Facebook werden beispielsweise einzelne Motive gezielt aufbereitet: Die AfD greift dort Fragmente aus Reden von Politikern auf oder kommentiert Themen, die gerade in den Medien sind. Da werden Zitate oft zusammenhangslos auf eine Texttafel geschrieben und so simplifiziert. Das ist schon brachial, muss man sagen. Wenn heute ein Kommentar von Sigmar Gabriel oder Angela Merkel kommt, dann können Sie damit rechnen, dass irgendwo eine Headline auf einem Plakat auftaucht und die AfD versucht, das in den Netzwerken irgendwie weiter zu verteilen.
Das wirkt sehr professionell. Steht da ein großes Team dahinter?
Ob es ein großes Team ist, kann ich nicht beurteilen, aber es gibt auf jeden Fall eine klare Strategie – das sagt Frauke Petry auch offen. Man muss polarisieren, um in die Medien zu kommen und das setzt die AfD ganz konsequent und bewusst um. Auch wenn sie dabei auf 60, 70 Prozent Ablehnung in der Bevölkerung stoßen. Wenn sie aber zehn oder 20 Prozent überzeugen, dann reicht’s ja. Das ist genau die Diskussion, die wir gerade haben, deshalb steht die AfD ja auch kurz davor in mehrere Landtage einzuziehen.
Wie unterscheidet sich der Auftritt der AfD zu dem anderer Parteien, zum Beispiel der CDU/CSU oder der SPD?
Die AfD mobilisiert besser. Die haben nicht die Budgets der CDU oder auch der SPD. Sie müssen also relativ wenig Geld effizient einsetzen und das machen sie ehrlich gesagt ganz exzellent. Ich bin der Meinung, dass die Parteienwerbung in Deutschland generell sehr Old School unterwegs ist. Schauen Sie sich den politischen Wahlkampf an: Da haben Sie Köpfe, die stehen als Plakate an irgendwelchen Straßen und Ausfahrten. Man kann die Menschen gar nicht unterscheiden und keiner kann sich was merken.
Die AfD hat auf Facebook 250.000 Facebook-Likes und damit doppelt so viele wie die CDU/CSU und fast dreimal so viele Likes wie die SPD. Woher kommen diese Unterschiede?
Die Zahl, die Sie gerade genannt haben, sagt alles. Was ist das Überzeugendste in der Kommunikation – egal ob Produkt, Marke oder Partei? Letztendlich der persönliche Dialog. Genau das schafft man über Social Media. Man kann seine Haltung zu einem Thema mit anderen Menschen teilen und weitergeben. Das haben die etablierten Parteien in den letzten Jahren viel zu wenig umgesetzt. Genau diese Lücke hat die AfD gefüllt. Und zwar vollkommen hemmungslos. Natürlich wird da über eine gewisse Linie hinausgeschossen. Die Frage ist: Wie kommst du in die Tagesthemen? Provokation ist da ein Stilelement. Schauen Sie sich die USA an, Trump macht es nicht anders. Er sucht Themen, die möglichst simpel und relevant für die breite US-amerikanische Bevölkerung sind und versucht, sie dann zu platzieren – und kriegt Zustimmung. Das hat nichts mit einem roten Faden zu tun, sondern mit Medienwirksamkeit. Bei der AfD ist es nicht viel anders. Das Flüchtlingsthema überstrahlt gerade alles und ist damit das perfekte Thema.