Kommentar zum Vollverschleierungsverbot Keine Frau darf gezwungen werden, etwas an- oder auszuziehen
In den Niederlanden sind Burkas in öffentlichen Gebäuden künftig verboten. Auch in Deutschland wünschen sich viele ein Vollverschleierungsverbot. Sie wollen Frauen also vorschreiben, was sie anziehen dürfen. Ernsthaft jetzt?!
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich bin keine Freundin von Burka, Niqab und Co. - egal ob in Deutschland, Frankreich, im Iran oder sonstwo. Unsere Mütter und/oder Omas haben in den 70ern und 80ern ja nicht umsonst harte Emanzipationskämpfe gefochten. Aber ein Verbot? Das ist ein Rückschritt! Und das Gegenteil von Gleichberechtigung.
Über Jahrhunderte haben Männer dafür gesorgt, dass Frauen Klamotten anhaben, die sie den Männern Untertan machen, indem sie sie zum Beispiel in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken, wie zum Beispiel das Korsett. Dass das Ding ganz nebenbei auch noch das Verhältnis von Taille und Hüfte "optimiert", kam den Männern natürlich nicht ungelegen.
Frau in Hose sorgt für Aufruhr im Bundestag
Wie männlich bestimmt die Klamotte der Frau bis in die 70er Jahre war, zeigt eine Anekdote aus dem Bundestag. Am 15. April 1970 hat es eine Frau doch tatsächlich gewagt, in einem Hosenanzug das Parlament zu betreten. In einem Hosenanzug! Die Republik hielt den Atem an und wenn es damals schon Twitter gegeben hätte, dann wäre ein ordentlicher #Aufschrei am Start gewesen. Die Gesellschaft war männlich geprägt und dominiert und eine Frau hatte Rock zu tragen - fanden die Männer.
Und jetzt - im Jahr 2016 - geht es wieder darum, Frauen vorzuschreiben, was sie anziehen dürfen oder eben nicht. Das ist einfach grundsätzlich scheiße.
Im Iran oder in den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es sehr genaue Vorschriften, was Frauen anzuziehen haben, wenn sie das Haus verlassen. Die einen sagen, dass Frauen so vor Übergriffen durch Männer geschützt werden. Die anderen sehen es als eine Form der Unterdrückung. Das erste Argument ist dabei eigentlich nur eine Fortsetzung des zweiten, denn die Männer könnten sich ja auch so verhalten, dass Frauen nicht vor ihnen geschützt werden müssen. Klappt anderswo ja auch einigermaßen gut. Im Bezug auf diese Vorschriften heißt es im Westen immer, das ist nicht zeitgemäß und ein deutliches Zeichen, dass die Frauen in diesen Ländern (noch) nicht gleichberechtigt sind. Auch Männer sagen das.
Angst vor dem Unbekannten
Und jetzt kommt man im Westen auf die Idee, Frauen die Vollverschleierung zu verbieten - also selbst Vorschriften zu machen. Über die Hälfte der Deutschen findet die Idee super, heißt es im aktuellen ARD-DeutschlandTrend.
Hauptsächlich dürfte dahinter die diffuse Angst vor dem stehen, was man nicht kennt und schon gar nicht versteht. Eine Burka passt für viele eben nicht in unsere westliche, aufgeklärte Gesellschaft. Aber passt das Verbot eines Kleidungsstückes in unsere westliche, aufgeklärte Gesellschaft?
Die Anschläge in einem Regionalexpress bei Würzburg und am Rande eines Festivals in Ansbach dürften zusätzliche Ängste geschürt haben. Frauen, die sich verschleiern, sind Muslima und auch die Attentäter waren Muslime. Und man weiß ja nie, was die unter diesem weiten Gewand alles dabei haben... Glaubt wirklich irgendjemand, dass ein Vollverschleierungsverbot auch nur einen einzigen Anschlag verhindert hätte oder es in Zukunft tun wird?!
Wenn eine Frau also eine Burka tragen möchte, dann soll sie das von mir aus tun. Auch wenn ich es, als im Westen groß gewordene Frau, wohl nie verstehen werde. Aber sie muss es wollen und nicht wollen müssen. Genauso wenig darf sie dazu gezwungen werden, sie auszuziehen.