Pro & Contra Was für und gegen Lobbyismus spricht
Sie gelten als die wahren Strippenzieher, die Gesetze im Geheimen beeinflussen und haben deshalb einen schlechten Ruf: Lobbyisten. Dabei gibt es auch gute Gründe für die Beratung von außen. Eine Gegenüberstellung.
Von: Christian Orth
Stand: 30.03.2017
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Lobby – so nennt man nicht nur den Eingangsbereich in einem Hotel, sondern auch den Vorraum zum Parlament. Da treffen sich Politiker mit Leuten, die nicht vom Volk gewählt wurden. Zum Beispiel mit Vertretern von Unternehmen, Verbänden oder Organisationen. Mit ihnen reden sie dann über Gesetzesentwürfe und anstehende Entscheidungen.
Pro: Lobbyisten bringen Fachwissen in die Politik
Nicht immer haben Politiker voll im Blick, wer von ihren Entscheidungen betroffen ist oder wie krass die Auswirkungen eines Gesetzes sein können. Deshalb sind sie auf die Meinung von Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft angewiesen. Hier kommen die Interessensvertreter ins Spiel. Die Unternehmen und Organisationen beschäftigen sich meistens schon eine Ewigkeit mit bestimmten Themen und haben deshalb oft viel mehr Know-How als ein Abgeordneter.
Pro: Auch NGOs und Umwelt-/Sozialverbände machen Lobbyismus
Lobbyarbeit ist nicht nur was für Rüstungskonzerne, die ihre Waffenexporte verdoppeln wollen. Auch Organisationen, die auf der vermeintlich guten Seite stehen, versuchen Einfluss auszuüben – darunter Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. Greenpeace zum Beispiel beschäftigt in Berlin nach eigenen Angaben sechs Mitarbeiter.
Lobbyismus ist übrigens nicht nur etwas für professionelle Interessensvertreter - prinzipiell kann jeder einen Abgeordneten zu kontaktieren um ihm seinen Standpunkt zu erklären und damit seine Meinungsbildung zu beeinflussen.
Contra: Lobbyisten sind Egoisten
Politiker sollen die Interessen aller Menschen in unserer Gesellschaft vertreten. Lobbyisten haben dagegen in der Regel nur die Interessen ihrer eigenen Unternehmen/Organisationen im Auge. Das Wohl der ganzen Gesellschaft ist zweitrangig.
Contra: Lobbyarbeit ist nicht für alle möglich
Lobbyismus muss man sich leisten können. Während ein Wirtschaftsverband oder ein Großkonzern jede Menge gut bezahlter Vertreter in die Hauptstadt schicken und regelmäßig zu Veranstaltungen einladen kann, haben NGOs und Mittelständler diese Möglichkeiten meistens nicht. Das führt zu einem Ungleichgewicht.
Contra: Lobbyismus in Deutschland ist intransparent
Wie viele Lobbyisten gibt es überhaupt in Deutschland? Eine Frage, auf die es keine klare Antwort gibt. Lobbykritische Organisationen wie Lobbycontrol oder Abgeordnetenwatch schätzen, dass in Berlin rund 6.000 professionelle Lobbyisten arbeiten. Das würde bedeuten: Auf einen Bundestagsabgeordneten kommen neun Lobbyisten. Für wen die Interessensvertreter arbeiten, ist nicht bekannt. Lobbyismus in Deutschland ist also so transparent wie ein Holztisch.
Es gibt eine Art Lobbyliste des Bundestags, auf der sind aktuell 2311 Verbände und ihre Ansprechpartner eingetragen. Aber: Die Eintragung ist freiwillig und betrifft nur Verbände. Aber auch Unternehmensvertreter, Lobby-Agenturen, Kanzleien, Einzel-Lobbyisten, Stiftungen, Thinktanks oder NGOs sind Lobbyisten. Und selbst wenn es eine vollständige Liste gäbe – es wäre immer noch unklar, was die Leute die da draufstehen wirklich tun.
Die deutsche Gesellschaft für Politikberatung und der Deutsche Rat für Public Relations plädieren deshalb für ein "Lobbyregister". In dem soll dann auch stehen, welcher Lobbyist an welchem Gesetz beteiligt war. Andere Länder sind da schon viel weiter: Die USA schon seit über 20 Jahren ein Lobbyregister und auch in Österreich, Polen, Großbritannien und Kanada gibt’s sowas schon.
Contra: Fliegende Wechsel schaden der Politik
Ein weiteres Problem ist der sogenannte "Drehtür-Effekt". Das heißt: Für einige Abgeordnete geht’s nach der Politik wie durch eine Drehtür raus aus dem Bundestag, direkt rein in den Bürostuhl eines Unternehmens. Bekanntestes Beispiel: Ex-Kanzleramtschef Pofalla, der jetzt für die Deutsche Bahn arbeitet. Damit das nicht mehr so leicht geht, wurde inzwischen eine Karenzzeit eingeführt. Das bedeutet: Bis zu 18 Monate lang darf ein Politiker nicht in ein Wirtschaftsunternehmen wechseln. Die Entscheidung trifft ein Gremium. Manche Bundestagsabgeordnete warten aber gar nicht bis zum Ende ihrer Zeit im Bundestag, sondern sind einfach schon währenddessen als Lobbyisten aktiv.
Sendung: PULS im TV, 30.03.2017 und Filter, 03.04.2017 ab 15 Uhr