Trump for President Wie konnte dieser Mann so weit kommen?
Trump ist tatsächlich der republikanische Kandidat für den wichtigsten Job der Welt. Eine Überraschung? Eigentlich nicht, sondern eine logische Konsequenz: Die Republikaner setzen schon länger auf extreme Typen.
"Mit wem beraten Sie sich bei wichtigen Themen?" – "Ich führe Selbstgespräche, denn ich habe ein sehr gutes Gehirn." Dieser Dialog entstammt keiner Therapiestunde, nein, die Antwort kommt vom bald vielleicht mächtigsten Mann der Welt: Donald J. Trump, jetzt offiziell nominierter Kandidat der Republikaner für die US-Präsidentschaft.
Wie konnte das nur passieren?
Manche bei den Republikanern stricken eine Opfer-Legende. Trump habe die Wähler verführt und die Partei für seine Zwecke missbraucht. Sie tun so, als sei Trump der betrunkene Onkel, den niemand je auf der Familienfeier haben wollte, der jetzt aber das Erbe der Großeltern verwaltet. Nur: Das stimmt so leider nicht. Trumps Erfolg ist keine Überraschung und seine Kandidatur keine Sensation. Trump ist die logische Konsequenz von dem, was die Republikaner seit 2008 veranstalten.
Extremkandidatin No. 1: Sarah Palin
Sarah Palin hat es schon 2008 bewiesen: Mit teils unfassbar dämlichen Aussagen kann man sehr viele Menschen erreichen. Palin verkaufte es als außenpolitische Kompetenz, dass sie an manchen Tagen Russland von Alaska aussehen könne. Besonders ihren Hass auf die Medien lieben ihre Unterstützer: Sie prägte den Begriff lamestream media, der zum Schlachtruf rechter Ideologen wurde. Der Weg von ihr zu Trump ist kurz – kein Wunder, dass sie aktuell seinen Wahlkampf unterstützt.
Nachdem Obama die Wahl 2008 gewonnen hatte, kam es zum bösen Masterplan der Republikaner-Spitze: Nach Möglichkeit alles blockieren, was von diesem Präsidenten vorgeschlagen wird. Nachdem sie 2010 die Mehrheit im Repräsentantenhaus hatten, kam es in Washington quasi zum politischen Stillstand. Das Ergebnis: Der Hass auf die die Hauptstadtpolitik und die Medien – bei vielen eh schon immens – wurde noch größer.
Extrembewegung Tea Party
Diese Anti-Washington-Stimmung brachte auch die "Tea Party" hervor. Jene hasserfüllten Verschwörungstheoretiker, die Barack Obama für den leibhaftigen Satan halten, weil er gebildet, schwarz und Linkshänder ist. Sie haben die Partei radikalisiert und damit den Nährboden für einen wie Trump geschaffen.
Extremkandidatin No. 2: Christine O’Donnell
Die Republikaner setzten bereits auf ähnlich schräge Typen. Es waren unfassbare Kandidaten, die die Partei mal unterstützt, mal toleriert und nur im Ausnahmefall halbherzig kritisiert hat. Ein Beispiel: Christine O’Donnell, Senatskandidatin in Delaware, hetzt gegen Homosexuelle und hält die Evolutionstheorie für einen Mythos. Erst als im Internet ein Video auftauchte, in dem sie über ihre Erfahrung als Hexe spricht, war ihre Laufbahn beendet.
Extremkandidaten No. 3 + 4
2012 boten sich die Bewerber für die republikanische Präsidentschaftskandidatur ein Rennen darum, wer besonders rechts ist. Newt Gingrich hatte einen ähnlich rassistischen Unterton wie Trump und stellte das Verbot von Kinderarbeit in Frage. Michelle Bachmann behauptete, die Gründungsväter hätten gegen die Sklaverei gekämpft – obwohl die meisten von ihnen selbst welche hatten.
Und jetzt eben Trump
Trump vereint diese ganze Verrücktheit. Er hat sich während seiner Kampagne unfassbar viele Ausfälle geleistet, von denen bei anderen Kandidaten ein einziger gereicht hätte, um dem Wahlkampf ein Ende zu setzen. Trump scheint jede dieser rhetorischen Katastrophen nur stärker zu machen. Zwar haben die Amerikaner seit jeher ein Faible für politische Außenseiter. Nur der Hass, die Überheblichkeit und die Ignoranz, die Trump den Etablierten entgegenwirft, hat es so noch nie gegeben.
In Deutschland haben wir es nicht wirklich besser
Und während Trump noch im Konfetti-Regen von Cleveland steht, denkt sich vielleicht so mancher Deutsche: Na ja, die Amis halt wieder. Nur, so leicht ist es leider nicht. Eine Mittelschicht, die vor lauter Verlustängsten in Massen nach rechts abdriftet, haben wir in Deutschland auch. Auch hier haben viele Angst vor Fremden. Aus lamestream media wird Lügenpresse, aus liberal Washington "die da oben". Verschwörungstheorien gibt es auch bei uns immer mehr. Willkommen bei der AfD. Auf Umfragewerte wie Trump kommen sie allerdings nicht. Noch nicht?
Trump würde in Deutschland nicht funktionieren, dazu ist politischer Krawall hierzulande immer noch zu unbeliebt. Und Petry, Meuthen und Gauland von der AfD liefern momenten mehr Intrigen, als eine mittelmäßige Gute-Zeiten-Schlechte-Zeiten-Folge.
Aber es könnte kritisch werden. Nämlich dann, wenn ein rechtspopulistischer Charismatiker auf den Plan tritt, der seine radikalen Ansichten in seriöse Sätze verpacken kann und sich die Politikverdrossenheit zunutze macht.