Kommentar Der Weltfrauentag ist kein Werbegag!

Na, seid ihr heute auch schon über eine Rabattaktion zum Weltfrauentag gestolpert? Für unsere Autorin kein Grund zur fröhlichen Schnäppchen-Jagd. Denn letztlich geht es bei diesen Marketing-Aktionen nur um: Money, Money, Money.

Von: Miriam Harner

Stand: 08.03.2019 | Archiv

Bild: BR

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Werbung am Weltfrauentag

Pünktlich zum Weltfrauentag am 8. März überbieten sich Supermärkte, Drogerien und Klamottenläden wieder mal gegenseitig darin, mit einer "liebevollen Aufmerksamkeit" in Form von Rabattaktionen, Gutscheinen oder Gratis-Sekt der Damenwelt den verdienten Respekt zu zollen. Als müssten sie beweisen: "Wir lieben Frauen! Nein, wir lieben sie mehr! Aber wir lieben sie am meisten!"

Entschuldigung, aber seit wann ist der Tag, der eigentlich ganz im Zeichen des Kampfes für die Rechte und die Gleichberechtigung der Frauen stehen sollte, zur Kommerzialisierung à la Valentinstag freigegeben worden?

Heuchlerisch hoch zehn

Ich halte das gleich auf mehreren Ebenen für, gelinde ausgedrückt, problematisch: Es geht nicht nur die ursprüngliche Idee hinter dem "Internationalen Frauenkampftag" verloren. Es ist vielmehr der heuchlerische Versuch, das eigene Image aufzupolieren. Nehmen wir doch zum Beispiel den aktuellen Werbeprospekt vom Supermarktriesen Rewe. Darin auf vier Extraseiten Knallerangebote wie kitschige Blumensträuße mit Namen wie "Lady in Pink" zum Aktionspreis oder 20 Prozent Rabatt auf Mini-Pralinen. Das alles unter der Überschrift "Schön, dass es euch gibt".

Wenn das mal kein überzeugender Beweis dafür ist, dass sich die Rewe Group wirklich EXTREM über die Existenz des weiblichen Geschlechts freut! Nur nicht in ihrem Vorstand. Der besteht nämlich zu sage und schreibe 100 Prozent aus Männern! Netter Versuch, liebe Rewe Group, aber eure Glückwünsche anlässlich des Frauentags wirken vor diesem Hintergrund doch eher lächerlich.

Das Rabatt-Feuerwerk

Ein weiterer Punkt, der mir anlässlich des heutigen Rabatt-Feuerwerks die Zornesröte ins Gesicht treibt, ist der, dass hier mal wieder zu Hauf vermeintlich längst überholte Geschlechter-Klischees und sexistische Frauenbilder in pinken Zement gegossen werden. Glaubt ihr PR-Fuzzis im Ernst, dass ich mir als Frau zum Weltfrauentag nichts sehnlicher wünsche als Blumen, Gratis-Prosecco und Schlüsselanhänger in Herzform? Wie wär’s denn, wenn wir Frauen in Zukunft für unseren rosa Einwegrasierer nicht mehr bis zu 38 Prozent mehr bezahlen müssen als Männer für den gleichen in blau. Stichwort "Gender Pricing", was nichts anderes ist als systematische Abzocke zu Lasten der Frauen. 

Shitstorm, ich hör dir trapsen!

Ich sehe schon die Kommentare vor mir: "Jetzt meckert die Emanze schon, wenn sie mal was geschenkt bekommt!". Falsch. Ich liebe Geschenke! Ich lass mir aber nicht vorgaukeln, dass die Pseudo-Bevorzugung von Frauen an einem Tag im Jahr durch Rabatte und Preisnachlässe auch nur das kleinste bisschen an der Tatsache ändert, dass Frauen in Deutschland auch 2019 an den restlichen 364 Tagen Diskriminierung erleben. Nur ein paar Beispiele: 40 Prozent der Frauen bei uns haben seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren, sagt der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe.

Über die Hälfte aller Uniabsolvierenden in Deutschland war laut statistischem Bundesamt weiblich, knapp 50 Prozent aller 2017 vergebenen Doktortitel haben Frauen erhalten, trotzdem ist weniger als ein Drittel der Führungspositionen in deutschen Unternehmen mit Frauen besetzt. Und dass Frau im gleichen Job weniger verdient als ein Mann, hat nur einen einzigen Grund – nämlich dass sie eine Frau ist. Da kann sie sich noch so sehr den Arsch aufreißen.

Insofern liebe Supermärkte, Drogerien und Blumenhändler, tut mir einen Gefallen: Missbraucht den heutigen Weltfrauentag nicht für eure dümmliche Promo oder fürs "Pink Washing" eures Images. Der Internationale Frauenkampftag ist nämlich kein Werbe-Gag.

Sendung: Freundeskreis, 8. März 2019 - ab 10 Uhr