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Actionsport-Magazine sterben aus Print ist tot, es lebe das Design

Skateboard MSM und Snowboarder MBM werden nicht mehr gedruckt und auch für viele andere Magazine gilt jetzt: online only. Schade, finden wir. Denn im Actionsport gab's legendäre Magazine mit wegweisendem Style.

Von: Jonathan Schulenburg

Stand: 11.06.2015 | Archiv

Egal ob Surfer, Skater, Snowboarder oder BMXer – jeder hatte schon mal ein Magazin über "seinen Sport" abonniert oder zumindest am Kiosk gekauft. Vielleicht hieß es Surfer oder Ride oder Monster Backside Magazine.

Die Geschichte der Actionsportmagazine beginnt im Sommer 1960 mit "The Surfer" von John Severson: 36 Seiten als Werbung für seinen Film "Surf Fever"– Schwarz-Weiß, abstrakte Cartoons, ein kleiner Artikel, eine Karte der Surfspots in Südkalifornien und ein How-to Artikel für Anfänger. Er verkauft 5000 Exemplare. Das Magazin soll seine jährlichen Surffilme begleiten und wird immer erfolgreicher. Später wird es zu "Surfer" umbenannt und zum prägendsten Magazin des Sports. Der Stil ist anfangs noch sehr künstlerisch und experimentell. Das Heft versucht auszudrücken, um was es beim Surfen geht: Surfen ist ein Lebensgefühl. Die Shortboard-Revolution der 70er Jahre macht auch vor den Covern nicht halt. Vorbei ist die Zeit der lässigen Longboards vorne drauf. Ab Ende der 80er Jahre sieht man dann immer mehr Surfer, die Aerials machen. Auch die landeten jetzt mehr und mehr auf dem Cover.

1991 ist David Carson hauptverantwortlich für ein Redesign der Zeitschrift. Er war selbst ein erfolgreicher Profi-Surfer, aber in seiner zweiten Karriere als Grafikdesigner noch prägender. Nachdem er in den 80er Jahren als Art Director bei "Transworld Skateboarding" und "Transworld Snowboarding" dabei war, nimmt er sich jetzt die Surfer vor. Sein Stil ist experimentell und neu: Er mischt Schriftarten und Schriftgrößen wild durcheinander – fast bis zur Unlesbarkeit der Texte – und beschneidet Bilder an unmöglichen Stellen.

Das erste Skateboard Magazin kommt ebenfalls von John Severson, dem Surfer-Gründer. 1964 startet "Quaterly Skateboarder", später wird es zu "Skateboarder Magazine". Mittlerweile ist das Magazin in der Transworld Verlagsfamilie aufgegangen. Severson schreibt im ersten Editorial, dass die Skateboarder zur damaligen Zeit Pioniere sind und die Geschichte des Sports erst geschrieben wird. Aber er erkennt auch schon die "Sturmwolken am Horizont", die Kritiker des neuen Sports.

"Today's skateboarders are founders in this sport - they're pioneers - they are the first. There is no history in Skateboarding – it’s being made now - by you. The sport is being molded and we believe that doing the right thing now will lead to a bright future for the sport. Already there are storm clouds on the horizon with opponents of the sport talking about ban and restriction."

(John Severson)

Wie von Severson vorausgesehen, wird "Street surfing" bald in vielen amerikanischen Städten verboten und als nicht sicher dämonisiert. Die Folge: So schnell wie Skateboarden kam, verschwindet es wieder und stirbt fast aus. Und damit kommt 1965 auch das Ende für das Magazin. Erst zehn Jahre später kommt es als "Skateboarder" wieder zurück. Skateboarder bestimmt die so genannte zweite Welle des Skateboardens in den 70er Jahren. Inhaltlich konzentriert sich das Magazin auf Kalifornien. Auf seinem Höhepunkt war es das populärste Actionsport-Magazin in den USA. Als der zweite Hype abebbt, kämpft das Magazin darum, seine Leser zu halten. Auf einmal gibt es auch Artikel über andere Sportarten wie BMX. Die Hardcore-Fans sehen das als Verrat. 1980 erfindet sich das Magazin neu als "Action Now". Die Themen: die ganze Bandbreite der Actionsportarten.

Dann tritt "Thrasher" auf den Markt: Das Hardcore-Magazin von Skatern für Skater kommt im Januar 1981 zum ersten Mal heraus. Die erste Ausgabe dreht sich um Downhill Racing und das Gold Cup Finale. Damals geht es Skateboarden nicht wirklich gut. Aber das Magazin wird schon bald zum Inbegriff der Skatekultur. Jeder Skater liest Thrasher. "Skate and destroy", das Motto des Magazins, wird zum Leitspruch einer ganzen Generation. Und die Grafiken von Künstlern wie Pushead oder Vernon Courtlandt Johnson beeinflussen mit ihren Skeletten und Totenköpfen das Magazin in Style und Design.

1983 kommt das "Antimag" zu Trahser, "Transworld Skateboarding" auf den Markt. Ist das Thrashermotto "Skate and destroy", so geht es bei Transworld Skateboarding um "Skate and create". Alles ist ein bisschen mainstreamiger, das Design schöner oder zumindest cleaner als bei Trasher. Von 1984 bis 1988 ist David Carson als Art Director dafür verantwortlich. Bei den Magazinen geht es anfangs in erster Linie um Information – gedruckt auf billiges Zeitungspapier. Hochglanz: Fehlanzeige. Was die Prägung des Designstils betrifft, haben sich die einzelnen Boardsparten an Musik- und Subkulturen, vor allem Punk und HipHop orientiert. Skatepunk kommt nicht von ungefähr.

In Deutschland verbindet man einen Namen mit Skateboarden: Titus. Genauer Titus Dittmann. Er startet 1982 das erste Skateboard Magazin Europas: das Monster Skateboard Magazin. Seit 2010 ist es Teil von Factory Media, einem großen Medienhaus aus England, das sich auf Actionsport konzentriert. Sie haben Magazine wie Surfers, Snowboarder MBM und eben das Monster Skateboard Magazin unter einem Dach. Jetzt hat sich dieses große Medienhaus entschlossen seine Printsparte einzustampfen und voll auf das Internet zu setzen.   

Im Snowboarden ist "Absolutely Radical" im März 1985 das erste Magazin auf dem Markt – gestartet von Tom Hsieh Jr. in San Francisco. Er blieb acht Jahre Hauptverantwortlicher für das Magazin. Heute ist er Politikberater. Das Magazin wird später umbenannt in "International Snowboard Magazine" und hält sich nur bis 1991.

"Transworld Snowboarding" ist ungleich erfolgreicher: Das Magazin ist seit 1987 auf dem Markt und das am Häufigsten verkaufte Snowboard Mag weltweit. Gestartet wird es von drei Surfern in Südkalifornien. Auch hier hat David Carson anfangs seine Finger im Stil. Das Magazin bestimmt jahrelang die Snowboard-Szene. Kevin Kinnear stellt sich im ersten Editorial die Frage, warum drei Surfer aus Kalifornien bei perfekten Wellen im Sommer Tag und Nacht daran arbeiten ein Snowboardmagazin zu machen.

"Why would three surfers work night and day in the heat of a southern California Summer during a perfect south swell to make a snowboarding magazine? I don’t know. But I hope you have as much fun with our magazine as we did making it."

(Kevin Kinnear)

Die Bibel für alle, die etwas mit BMX am Hut hatten war lange "Bicycle Motocross Action" (seit 1982 nur kurz BMX Action). Bob Osborn gründet das Magazin im Dezember 1976 als eine Art Familienprojekt: Er und sein Sohn sind leidenschaftliche Dirtbiker. Das Foto der ersten Ausgabe stammt von seiner Tochter, die 10.000 Dollar um das Magazin zu starten kommt von seiner Schwester. Die erste Ausgabe kostet einen Dollar, umfasst 48 Seiten, nur sechs davon sind farbig. Aber immerhin schafft es das Magazin auf eine Auflage von 10.000. Heute hat die erste Auflage einen Sammlerwert von 700 Dollar. Inhaltlich geht es erstmal viel um Race-Wettbewerbe, später auch um Freestyle. 1984 startet Bob Osborn für die Freestyle-Fans noch "Freestylin". Ende der 80er Jahre zieht sich die Industrie langsam aus dem BMX-Markt zurück. Es gibt deswegen weniger Geld für Werbung in Magazinen. Viele machen dicht.

Cover vom Actionsportmagazin Ride von 1992 | Bild: TEN The Enthusiast Network

1992 startet Ride und füllt das Loch, das die pleitegegangenen BMX-Magazine hinterließen. Der Gründer Brad Macdonald ist selbst leidenschaftlicher BMXer und Fotograf. Anfangs ist sein Magazin auch eine klassische One-Man-Show: Fotos, Artikel schreiben, drucken – alles macht er bis Ausgabe 19 quasi allein. BMX bekommt wieder Aufwind und mit der Aufnahme in die X Games 1995 ist es zurück im Rampenlicht. Macdonald verkauft 1998 das Magazin, später geht es in die Transworld Familie auf. Viele sehen es als das einflussreichste BMX Magazin der letzten Jahrzehnte an.

Viele Magazine wurden von Sportlern gestartet. Ohne viel Geld, ohne viel Know-How, einfach mal machen. Die meisten hatten keine Ahnung von Magazin-Business oder Design. Doch genau diese Naivität öffnete neuen Stilen und Künstlern den Weg.


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