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Virtual Fitness // Interview Eike Hirschmann Was kann Virtual Fitness wirklich?

Spielend den Körper in Form bringen. Geringer Zeitaufwand. Wetter? Scheiß egal! Klingt nach dem perfekten Training und heißt: Virtual Fitness. Freeski-Athletiktrainer Eike Hirschmann hält den Trend allerdings für überschätzt.

Von: Alexander Brutscher

Stand: 31.05.2016 | Archiv

Eike Hirschmann testet VR | Bild: BR

Eike Hirschmann ist Physiotherapeut und Athletiktrainer in München. Er macht unter anderem die Mitglieder der Freeski-Nationalmannschaft fit, und zwar auf konventionelle Art. Mit Lukas Joas hat er jetzt etwas anderes ausprobiert: Virtual Fitness auf dem Trainingsgerät Icaros. VR-Brille auf, abheben und Balance halten.

PULS Playground: Eike, wie fällt dein Fazit nach eurem ersten Training auf Icaros aus?

Eike Hirschmann: Die Rückenmuskulatur und Bauchmuskulatur, die ganze Muskulatur, die uns aufrecht hält, die muss schon ziemlich arbeiten. Ich merke das Training am meisten im Schulter- und Nackenbereich. Es ist auf jeden Fall eine sehr gute und witzige Trainingsmöglichkeit, aber ich glaube Lukas' komplettes Training kann‘s nicht ersetzen.

Was hältst du von dem Hype um virtuelle Trainingsangebote?

Seit einigen Jahren kommen immer mehr Geräte auf den Markt. Natürlich ist es gut, einen Trainingsanreiz zu schaffen, aber virtuelles Training allein kann es nicht sein. Wozu brauche ich eine Brille, die mir eine Landschaft vorspielt, während ich auf dem Heimtrainer sitze und vor mich hin radel? Darauf kann ich verzichten. Da geh' ich lieber raus und radel draußen. Da habe ich mehr davon. Wenn sich der gesamte Körper wie bei Icaros durch eine Landschaft bewegt, und ich nicht nur stumpf auf einem Fahrrad sitze, dann ist es schon sinnvoll. Durch die Luft fliegen, das kann ich sonst nicht.

Kann Fitnesstraining im virtuellen Raum normales Training ersetzen?

Ich denke nicht. Man braucht jemanden, der drauf schaut, hin und wieder Feedback gibt. Dadurch lernen wir am meisten. Wenn man sich so ein Gerät für Zuhause kauft, hat man kein Feedback.

Fitnessgerät ICAROS im Test: Kann Virtual Reality das Training revolutionieren?

Ist virtuelle Fitness ohne Trainer gefährlich?

Ja, definitiv! Man muss gut angeleitet werden, damit man die Brille richtig einstellt und die richtige Position einnimmt. Menschen mit Beschwerden oder speziellem Trainingsziel müssen gezeigt bekommen, wie man das Gerät einsetzt. Wenn sie sich da einfach reinhängen und denken „alles easy“ kann mehr kaputtgehen als repariert werden.

Eine Trainingseinheit auf Icaros dauert etwa fünf bis 20 Minuten. Was hältst du generell von Express-Workout?

Wenn du zehn Minuten Vollgas gibst, um Aggressionen loszuwerden und dann zurück an die Arbeit gehst: mega gut! Aber als Trainingseffekt ist das nicht unbedingt positiv. Wenn du Ausdauer haben willst, musst du länger trainieren.

Hast du ein Fitnessmantra?

Lieber zehn Minuten am Tag zwei bis drei Übungen machen, die man für sich entdeckt hat, die einem gut tun, als gar kein Training! Das dann auch gern mehrmals. Aber zehn Minuten pro Tag sind auf jeden Fall besser als einmal in der Woche eine ganze Stunde. Das macht man auch eher. Man kann kürzere Einheiten leichter in den Alltag integrieren und Übungen in Rituale einbinden – Zähne putzend auf einem Bein stehen zum Beispiel. Das ist gut fürs Gleichgewicht. Dann hast du in drei Minuten ein tägliches, kleines Training. Bei Leistungssportlern ist das natürlich anders, die müssen täglich mindestens eine Stunde ran.


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