Entspannung in der Küche Revolutionäre bayerische Haushaltshilfen

Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein waren die Rollen von Mann und Frau in der Familie klar definiert. Der Mann bringt das Geld heim und die Frau kümmert sich um Kinder und Haushalt. Aber das Hausfrauenleben war oft ein Knochenjob.

Von: Andreas Höfig

Stand: 07.07.2021 | Archiv

Entspannung in der Küche: Revolutionäre bayerische Haushaltshilfen

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In frühen Küchen sah es aus wie in einer Schmiede. Offenes Feuer, Rauch, Ruß, von hinten Zugluft und wenig Licht. Die Küche war die "Hölle der Hausfrau". Erleichterung brachte erst die Einführung von geschlossenen Herden, den so genannten Sparherden. Statt einer offenen Feuerstelle gab es eine gemauerte Kochecke mit Kaminabzug. Unter der Herdplatte befand sich ein Bratrohr und daneben ein Behälter, der warmes Wasser bereit hielt, das "Grandl". Dann kam ein Münchner Schlosser auf eine gleichermaßen einfache wie revolutionäre Idee.

Der Wamsler-Herd - der Küchentraum der Hausfrau

Der Wamsler Jubiläumsherd und ein Ofen der Moderne Bild: BR / Andreas Höfig

1875 baute Friedrich Wamsler in seiner Schwabinger Werkstatt den ersten transportablen Kochherd. Er hatte alle Raffinessen des gemauerten Sparherds, aber er konnte auf ein Pferdefuhrwerk geladen und direkt vor Ort angeschlossen werden.

"Der hat ganz normal seine Bratrohrtüren, seine Feuerungstüren. Er hat auch einen Aschekasten, den man herausziehen kann, und die Asche dann entsorgen kann. Also komplett aufgebaut wie ein ganz normaler Festbrennstoffherd, auch mit dem ehemals patentierten bayerischen Doppelzug. Das ist auch eine Erfindung von Wamsler. Unterhalb vom Bratrohr werden doppelt die Abgase nochmal um das Bratrohr herumgeleitet, so dass der Wirkungsgrad und die Temperaturentfaltung weitaus besser ist, als wenn man nur einen Zug hat und durchschießt."

Arne Beck, Vertriebsleiter der Firma Wamsler, die heute in Ungarn produziert

Elektrifizierung des Haushaltes Bild: BR / Andreas Höfig

Das Backen in solchen Holzherden ist für Köche und Hausfrauen bis heute eine Herausforderung. Je nachdem wie das Holz brennt, verändert sich die Temperatur. Deshalb sind alte Rezepte mit viel mehr Butter und Eiern angereichert. Ein Schweinsbraten aus dem Holzofen schmeckt anders, manche meinen besser, als aus dem Elektroherd.

Ab der Mitte des 21. Jahrhunderts schreitet die Elektrifizierung des Haushalts weiter voran. Strom wird in der Werbung als saubere Energie verkauft und die Energieanbieter unterstützen den Verkauf der "Weißen Ware", die ihren Namen der Lackierung verdankt.

Die Waschmaschine - was Frauen wünschen

Zu den anstrengendsten Aufgaben der Hausfrau gehörte der Waschtag. Es war eine schweißtreibende Arbeit, die viele Frauen an den Rand ihrer Kräfte brachte.

"Ich kann mich erinnern: da gab es ein Waschhaus. Und meine Mutter hat das mit anderen Frauen angeschürt.  Das muss so 1965 gewesen sein. Es war brühheiß in dem Raum, 40 Grad bestimmt, da lief der Schweiß in Strömen. Dann das Herausfischen der Wäsche und das Spülen in weiteren Unmengen kalten Wassers. Das Auswringen geschah noch mit der Hand, später gab es dann so eine elektrische Trommelschleuder. Das sparte schon mal viel Kraft. Und dann wurde die Wäsche auf der Wiese auf die Wäscheleine gehängt. Damit die Bettlaken nicht ins Gras hingen, wurde die Leine dann mit langen Latten, die oben eine Kerbe hatten, nach oben geschoben und abgestützt."

Regine Franzke, Kuratorin im Museum Industriekultur in Nürnberg

Frühe AEG Waschmaschine Bild: BR / Andreas Höfig

Eine frühe Form der Waschmaschine erfand bereits im Jahr 1767 der Regensburger Theologe Jacob Christian Schäffer. Er nannte das Gerät Rührflügelmaschine: ein Holzbottich mit einer Kurbel. Gerade einmal 50 Stück ließ Schäffer bauen. Es dauerte noch fast zwei Jahrhunderte, bis der erste Waschvollautomat auf den Markt kam. 1954 startete der Elektrokonzern AEG mit der Hausgeräteherstellung in Nürnberg. Schon ein Jahr später arbeiteten bereits 3.700 Menschen in dem Werk und stellten jährlich 255-tausend Waschmaschinen her.

Der Kühlschrank - die Revolution in der Küche

Carl von Linde Bild: picture-alliance/dpa / Leemage

Es war eine aufwändige Sache, Lebensmittel über längere Zeit frisch zu halten. Vor allem die Brauereien suchten ständig nach Möglichkeiten, ihr Bier auch im Sommer zu kühlen. Der Durchbruch gelang dem bayerischen Ingenieur Carl Linde. Der gebürtige Oberfranke entwickelte von 1873 bis 1876 ein spezielles Verfahren, wie Wärme in Kälte umgewandelt werden kann: die Geburtsstunde der ersten Kälteerzeugungsmaschine, dem Vorläufer des heutigen Kühlschranks. Zum Dank erhob Prinzregent Luitpold Carl Linde in den Adelsstand.

Erst Mitte der 1950er Jahre hielt der Kühlschrank Einzug in die private Küche. Er machte es den Hausfrauen endlich möglich, die Lebensmittel länger aufzubewahren, ja - tiefzukühlen! Bald wurde Tiefkühlkost als gesund und vitaminreich propagiert. Der Kühlschrank wurde zum "Wohlstandstresor".

Quirl aus einem Christbaum Bild: BR / Andreas Höfig

Bei all den grandiosen bayerischen Erfindungen bleibt der Christbaumquirl doch der einfachste und billigste Haushaltshelfer. Und so gehts: Nach dem Abräumen des Baumes wird die Spitze kurz unter den ersten Seitenästen abgesägt. Die Rinde vorsichtig abschälen, die Seitenäste einkürzen auf 2-3 cm und den Quirl mit Schleifpapier feinschmirgeln und trocknen lassen.
Der Quirl eignet sich besonders gut für Pfannkuchenteige - und jedes Jahr gibt es einen neuen.

Sendung

Programmhinweis

  • Bayern 2 Zeit für Bayern Immer samstags und feiertags von 12.05 bis 13.00 Uhr auf Bayern 2. Wiederholung sonntags von 21.05 bis 22.00 Uhr auf Bayern 2 und BR Heimat.