Fake-News, Social Bots und Trolle: Sie setzen auf Verunsicherung und spielen mit Ängsten. Doch Experten raten zur Gelassenheit: Fürchten müssen wir uns vor den Netz-Unholden nicht. Wie man mit ihnen umgeht, will der bayerische Verfassungsschutz aufzeigen – und betritt damit selbst Neuland.
Von: Jürgen P. Lang
Stand: 14.07.2017
| Archiv
Bild: picture-alliance/dpa
Werden die Bundestagswahlen von Social Bots entschieden? Simon Hegelich, Politikwissenschaftler an der TU München hat darauf eine eindeutige Antwort: Nein. Es gebe aber zwei Szenarien, über die man nachdenken müsse, sagte er gegenüber BR24. Zum einen könnten sie in Krisensituationen gesellschaftliche Spannungen „extrem verstärken“. Zum anderen gebe es eine „schleichende Destabilisierung“:
"Über die ganze Fake News-Debatte entsteht der Eindruck, ich kann eigentlich niemandem mehr glauben. Und dann glaube ich nur noch meinen eigenen Netzwerken. Aber das Netzwerk auf Facebook ist eben nicht mehr das gleiche wie früher das Netzwerk der Kumpels ."
Professor Simon Hegelich, TU München, gegenüber BR24
Fake News über Fake News
Rechtsextemismus: Die Radikalisierung zu Hause
Your browser doesn’t support HTML5 video
Bild: Bayerischer Rundfunk
Webaktuell | BR.de
„Der Brexit wurde durch Bots herbeigeführt!“ – „Trump kam über Bots an die Macht!“ Solche Behauptungen sieht Hegelich skeptisch. Die bislang vorliegenden Studien könnten sie jedenfalls nicht untermauern. Es gebe „keine belastbaren empirischen Daten.“
Eine Untersuchung zum Brexit zeige beispielsweise, dass sich ein Drittel der Bots gleichzeitig sowohl für als auch gegen den Ausstieg Großbritanniens aus der EU ins Zeug legte.
Radikalisierung am heimischen PC
Mit großer Sorge beobachtet der bayerische Verfassungsschutz, dass der Rechtsextremismus immer mehr ausfranst. Rassismus werde anschlussfähig für Menschen, die bislang dagegen immun waren.
"Personen, die noch nie in rechtsextremistischen Strukturen organisiert waren, werden plötzlich gewalttätig gegen Flüchtlinge und gegen Flüchtlingsunterkünfte. Offenkundig radikalisieren sie sich in den eigenen vier Wänden am PC – aufgrund all der Hass- und Fake News-Meldungen, die dort verbreitet werden."
Markus Schäfert, Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz, gegenüber BR24
Vertrauensfrage
Ziel von Fake News, darüber sind sich die Experten einig, ist nicht die falsche Nachricht selbst. Wer sie in die Welt setzt, will das Vertrauen in staatliche und zwischenstaatliche Strukturen unterminieren. BfV-Chef Burkhard Körner spricht von einer „Umbruchsphase. Es wäre allerdings falsch, ein Gespenst an die Wand zu malen. Wir dürfen diese Technik nicht verteufeln. Aber wir müssen die Medienkompentenz der Menschen stärken.“
VS goes SM
Damit beschreitet der Verfassungsschutz Neuland und ein Gebiet, das bislang den Einrichtungen der politischen Bildung vorbehalten war. Ein YouTube-Video soll junge Leute für die Gefahren aus dem Netz sensibilisieren. Markus Schäfert zu BR24: „Wir sind momentan dabei, uns zu überlegen, ob und wie wir uns in sozialen Netzwerken präsentieren können.“