Knigge von gestern Wie man richtig rülpst und furzt

Elizabeth P. Archibald ist Historikerin und lehrt an der Universität in Baltimore, wo sie sich auf Erziehungsgeschichte spezialisiert hat. Vor ein paar Jahren startete sie einen Blog mit dem Titel „Ask the past“, in dem sie ihre Leser mit skurrilen Ratschlägen aus der Vergangenheit, vorzugsweise aus dem Mittelalter, beglückte. Nun gibt es das Ganze auch als Buch, auf Deutsch heißt es „Gutes von Gestern“. Untertitel: „Wie man höflich rülpst und andere Tipps aus über 1000 Jahren“.

Von: Christoph Leibold

Stand: 29.11.2016

Bild: colourbox.com

"Dies ist auch eine schlechte Angewohnheit (wenn du wegen deines vielen Essens oder eines kalten Magens das Bedürfnis hast, Wind herauszulassen), dies so nachlässig und mit einem  solchen Geräusch zu tun, dass alle es merken müssen: Es sollte vielmehr so heimlich geschehen, dass man es nicht wahrnimmt, und manche sind so wohlerzogen, dass sie, wenn sie gähnen oder Wind herauslassen, ihre Hand über das Gesicht gleiten lassen, als ob sie ihren Bart glätten, und gleichzeitig ihren Mund bedecken, damit man nichts merkt."

Lucas Garcián Dantisco, Galateo espganol (1640)

Von Hundedressur bis zu Verdauungsproblemen

Ratgeberliteratur füllt ja heute Regalmeter in den Buchläden. Weshalb man sie aber nicht für eine Erfindung unserer Zeit halten sollte. Elizabeth P. Archibald hat die Jahrhunderte durchforstest und dabei historische Handbücher mit Tipps zu allen Lebenslagen aufgestöbert. In kurzen Kapiteln, illustriert mit Bildern aus der Zeit der jeweiligen Verfasser der Tipps, zitiert sie nun lebenspraktische Anregungen von Autoren wie dem Theologen und Dominikaner Albertus Magnus, der sich 1260 darüber Gedanken machte, wie man einen Hund dressiert; vom britischen Gelehrten Thomas Hill, der erklärt wie man über Wasser geht; oder von Erasmus von Rotterdam, der sich als einer der bedeutendsten Vertreter des europäischen Humanismus in seinem „Handbuch des guten Benehmens für Jungen“ mit so banalen Problemen wie dem  – Pardon – Pfurzen aufhielt.

"Manche lehren, dass ein Junge die Pobacken zusammenkneifen sollte, um die Gase in seinem Unterleib zu halten. Aber es ist nicht kultiviert, wenn man krank wird, nur weil man höflich sein will. Wenn die Möglichkeit besteht, den Raum zu verlassen, soll er es allein tun, wenn aber nicht, soll er dem alten Sprichwort folgen: Einen Furz versteckt man hinter einem Huster."

Erasmus von Rotterdam, De civilitate morum puerilium (1530)

Geschichte der Umgangsformen

Kurios sind diese Verhaltensregeln aus der Vergangenheit, überaus unterhaltsam. Interessant aber auch, weil sie, wie Elizabeth P. Archibald im Vorwort schreibt, wertvolle Informationen zur Geschichte der Umgangsformen enthalten über die jeweilige Zeit, der sie entstammen. Wir lernen in diesem Buch nichts über die großen historischen Zusammenhänge, über Krieg und Frieden, über Macht und Unterwerfung. Dafür umso mehr über Alltägliches. Das reicht von mittelalterlichen Verhütungsmethoden – die Frau soll einen Wieselhoden am Busen tragen – über Heimwerkerpraktisches und Kochrezepte bis hin zu sachdienlichen Hinweisen zur Zahnpflege:

"Halte dein Zähne sauber, indem du sie und deinen Gaumen jeden Morgen mit einem Leintuch reibst, denn das ist besonders gesund. Sie mit Urin zu spülen, überlass den Spaniern."

William Fiston, The Schoole of Good Manners (1595)

Piper Verlag
Deutsche Übersetzung von Karin Schuler