Bayern 2 - Gedanken zum Tag


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Claudia Hammond Gedanken zum Tag

Für diejenigen, die zu Schuldgefühlen neigen, wenn sie den Geist schweifen lassen, und meinen, es habe mit Faulenzerei zu tun, kann die Neurowissenschaft vielleicht hilfreich sein.

Stand: 13.09.2024

Gedanken zum Tag - Bayern 2 | Bild: BR

13 September

Freitag, 13. September 2024

Für diejenigen, die zu Schuldgefühlen neigen, wenn sie den Geist schweifen lassen, und meinen, es habe mit Faulenzerei zu tun, kann die Neurowissenschaft vielleicht hilfreich sein. Wenn wir tagträumen, schalten wir den Geist nicht einfach ab, sondern wechseln in eine andere Form der geistigen Aktivität. So gesehen entspricht das Tagträumen eher einem Spaziergang als dem Verweilen im Sessel. Aber genau wie bei den besonders entspannenden Spaziergängen geht es nicht um ein bestimmtes Ziel, sondern um die Freude an dem zurückgelegten Weg. Das Gedankenwandern ist im besten Fall ein interessanter Streifzug, und man erfreut sich an dem, was man am Wegesrand zu Gesicht bekommt. Die Fähigkeit, mit offenen Augen zu träumen, ist ebenso entscheidend wie die Fähigkeit, an einer Aufgabe dranzubleiben. Was die Wissenschaft anbelangt, ist das ein ganz neues Fachgebiet, aber vielleicht werden wir eines Tages eine ärztliche Verordnung zum Tagträumen erhalten, wenn wir es besser verstehen und mehr darüber herausfinden, wie man anstelle von Sorgen und Grübelei nützliches Gedankenwandern fördern kann. Bis dahin scheint das Tagträumen etwas zu sein, was wir zwar gerne tun, wobei wir aber häufig Schuldgefühle haben; außerdem ist es etwas, was wir nicht wirklich verstehen beziehungsweise gut beherrschen. Und trotzdem finden wir es erholsam.

Entnommen aus: Claudia Hammond "Die Kunst des Ausruhens. Wie man echte Erholung findet", aus dem Englischen von Silvia Morawetz und Theresia Übelhör, DuMont Buchverlag, Köln 2021


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