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Die Geige Die Stradivaris aus Mittenwald

Empfindlich ist sie, geradezu zickig. Sie verlangt eine energische Hand, doch auf Grobheiten reagiert sie schrill. Sie will von flinken Fingern liebkost werden und goutiert das mit wohligen Lauten. Sie ist eine echte Diva, die Königin der Instrumente: die Geige. Einige der besten werden in Mittenwald gebaut.

Von: Maximilian Burkhart

Stand: 02.04.2012 | Archiv

Einige der besten Geigen der Welt kommen aus Mittenwald. | Bild: BR

Ebenso schwierig wie das perfekte Spiel der Geige ist ihr perfekter Bau. Nur wenige haben es hier jemals zur Meisterschaft gebracht. Andrea und Nicola Amati, Gasparo da Salò, Andrea und Giuseppe Guarneri und natürlich Antonio Stradivari setzten im 16. und 17. Jahrhundert in Oberitalien die bis heute gültigen Maßstäbe im Geigenbau.

Für den Besitz eines ihrer Meisterstücke wird zumindest in Film und Literatur fleißig gemordet. In der Realität sind diese Instrumente heute begehrte Spekulationsobjekte und nahezu unbezahlbar.

Auf das Holz kommt es an

Eine Werkstatt in der Ausstellung des Geigenbaumuseums in Mittenwald.

Doch für den begabten, aber nicht eben begüterten Virtuosen gibt es hervorragende Alternativen – aus Bayern, aus einer Isar-Stadt. Glücklich, wer eine echte Klotz sein Eigen nennen darf! Nach einer langen Ausbildung in Füssen und in Padua kehrte Matthias Klotz (1653-1743) um 1680 in seinen Geburtsort Mittenwald zurück, um eine Geigenbauwerkstatt zu eröffnen. Er schuf damit eine bis heute anhaltende Tradition.

Doch war es nicht nur Heimweh, das Matthias Klotz zurückkehren ließ, sondern das heimische Holz. Das Geheimnis einer guten Geige liegt in ihrem Aufbau, ihrer Verarbeitung, ihrem Lack - und ihrem Holz. Die Decke einer Geige besteht aus Fichte, Seiten und Boden aus Ahorn.

Das Geheimnis der Bäume

Der Geigenbaum in Mittenwald ist ein Symbol für den meisterhaften Instrumentenbau in der Stadt.

Für den perfekten Instrumentenkorpus kommen nur ganz wenige Bäume aus ausgesuchten Regionen in Betracht. Das Fichtenholz muss langfaserig und gleichmäßig sein. Diese Eigenschaft haben nur langsam gewachsene Stämme aus dem Hochgebirge, die im Winter geschlagen wurden. Das Geheimnis um den genauen Standort geeigneter Bäume wird bis heute eifersüchtig gehütet, der Schmuggel von Instrumentenholz ist strafbar.

Die nährstoffarmen Böden bei Mittenwald bieten ideale Bedingungen für das Holz der Geigenbauer. Und den nötigen Ahorn in entsprechender Qualität finden die Instrumentenbauer im Ahornboden im Karwendel. Da Mittenwald an einer im 17. und 18. Jahrhundert wichtigen transalpinen Handelsroute lag und zudem den wichtigen "Bozener Markt" abhielt, konnte sich hier schnell der Geigenbau etablieren. Neben Matthias und seinem Sohn Sebastian Klotz begründeten vor allem die Familien Baader, Hornsteiner, Jais und Neuner den Ruhm der Mittenwalder Geigenbauer.

Hörprobe

Mittenwalder Geigenbau: So klingt eine Klotz

Massenware und Spitzengeigen

Im 18. Jahrhundert beherbergte Mittenwald über 90 Geigenbauer, viele wanderten ab. Industrialisierung und Arbeitsteilung machten jedoch auch vor dem Gegenbau nicht Halt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde vor allem billige Massenware nachgefragt. In Mittenwald gab es Korpusmacher und Besaiter, Lackierer und Halsmacher. Sogenannte Geigenverleger lieferten Mittenwalder Produkte in die halbe Welt. Aber alleine eine vollständige, gute Geige bauen, das konnte fast niemand mehr.

Für König Maximilian II., der die bayerische Kultur durch die Gründung von Trachten- und Schützenvereinen bewahren wollte, war das ein unhaltbarer Zustand. Und so gründete er 1858 die Mittenwalder Geigenbauschule. Derzeit werden dort jährlich von weit über 100 Bewerbungen aus aller Welt nur zwölf Geigenbau- und vier Zupfinstrumentenbauschüler zugelassen. Denn ein guter Geigenbauer ist nicht nur Schreiner, Lackierer und Zeichner, sondern auch Musiker. Heute zählen die Mittenwalder Schüler wieder zu den besten ihres Fachs.