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Chemie der Liebe Was Küssen mit unseren Hormonen macht

Vom unschuldigen Bussi zum wilden Knutschen: Küssen ist Geste für Leidenschaft und Zärtlichkeit, über Kulturen hinweg. Aber was genau passiert dabei mit unserem Körper, unseren Hormonen und Emotionen? Und welcher ist eigentlich der beste Filmkuss?

Stand: 03.07.2024 |Bildnachweis

Es hat gefunkt. Das weiß der Körper, noch bevor ihr euch über eure Gefühle im Klaren seid. Schon der Gedanke an euren Schwarm lässt euer Herz bis zum Hals klopfen. Ihr seid aufgedreht, schlaflos, appetitlos. Das Ziehen in der Brust kann fast unerträglich werden. Und dann: ein Kuss. Die Biochemie der Liebe ist in Gang gesetzt.

Was ein Kuss verrät und was eine gute Kusstechnik ausmacht

Der erste Kuss, das ist oft der Anfang einer Romanze - bis hin zur lebenslangen Partnerschaft. Kein Wunder also, dass daran jede Menge Erwartungen geknüpft sind. Stimmt die Chemie? Wie fühlen sich die Lippen an? Klappt es mit der Technik? Daran kann man ganz wunderbar gemeinsam arbeiten, indem man den anderen noch besser kennenlernt. Denn zum guten Küssen gehören auch Sozialkompetenz und die Fähigkeit, die Körpersprache des anderen zu lesen und entsprechend zu antworten, sagt der Psychotherapeut Wolfgang Krüger. Er beschreibt den Kuss als "die intimste Form der erotischen Annäherung, die uns zur Verfügung steht". Doch ein Kuss ist immer auch ein biologischer Check. Er gibt Aufschluss über Geruch und Geschmack des anderen, überträgt aber auch Informationen über den Gesundheitszustand und die genetische Eignung des potenziellen Partners, so Julia Zwank, Professorin für Entwicklungspsychologie der SRH Fernhochschule.

Chemie der Liebe: Sich lieben hält fit

Beim Küssen: Wie viele Muskeln beteiligt sind und Kalorien verbraucht werden

An einem Kuss sind über 30 Gesichtsmuskeln beteiligt und mehr als einhundert weitere Muskeln. Durch Küssen werden außerdem die Nervenzellen angeregt, Botenstoffe aktiviert und Hormone ausgeschüttet. Vor allem sind das Hormone wie Serotonin, Endorphin und Dopamin, die Glücksgefühle in uns auslösen. Und ein Kuss verbraucht, je nach Einsatz, etwa 20 Kalorien pro Minute, ihr tut also sogar etwas für euren Energieumsatz. Bei einem Kuss schlägt unser Herz schneller, der Puls steigt, wir fühlen uns beflügelt. Gleichzeitig wird uns warm, der Körper wird quasi in positiven Stress versetzt. Die Durchblutung wird gefördert und strafft sogar unsere Haut. Umgekehrt könne küssen aber auch helfen, den Cortisolspiegel zu senken und damit Stress zu reduzieren, sagt Julia Zwank. Es gebe zwar kein Rezept für den besten Kuss - aber für den gesündesten: "Forschende empfehlen den 6-Sekunden-Kuss, bei dem besonders viel Oxytocin ausgeschüttet wird, was ein Gefühl von psychologischer Sicherheit, Verbindung und Bindung schaffen kann."

"Die Lippen sind ein besonders sensibler Bereich des menschlichen Körpers. Sie sind mit zahlreichen Nervenenden ausgestattet, die sie extrem empfindlich für Berührungen machen. Diese Sensibilität hat die Lippen als ideal für den Austausch von Zärtlichkeiten und Intimität auserkoren. Auch befinden sich auf Lippen und Zunge sehr viele sensorische Rezeptoren - viel mehr als normalerweise auf der Haut. Die Nähe der Lippen zum Mund ermöglicht dabei den Austausch von Pheromonen und anderen chemischen Signalen, die eine wichtige Rolle bei der Partnerwahl spielen können."

Prof. Dr. Julia Zwank, Professorin für Entwicklungspsychologin an der SRH Fernhochschule

Küssen trainiert und stärkt unser Immunsystem

Wir Deutschen küssen gerne - über 50 Prozent gaben bei einer Umfrage an, dass sie küssen, so oft es geht. Im Schnitt sind wir ganze 76 Tage unseres Lebens mit Küssen beschäftigt. Laut einer niederländischen Studie aus dem Jahr 2014 können wir schon während eines zehnsekündigen Kusses bis zu 80 Millionen Bakterien übertragen. Mit positivem Effekt, wie die Untersuchung zeigte: Durch den häufigen Bakterienaustausch beim Küssen gleicht sich auch die Zusammensetzung der oralen Mikroflora der Kusspartner an. Küssen trainiert das Immunsystem und kann es stärken - wenn die Küssenden nicht krank oder mit Krankheitserregern infiziert sind.

Einer Studie des Allergologen Hajime Kimatan aus dem Jahr 2006 zufolge hat Küssen auch einen Einfluss auf allergische Reaktionen. Er untersuchte Japaner, die auf Hausstaubmilben und japanische Zedernpollen allergisch waren. Die Probanden küssten sich 30 Minuten. Vor und nach dem Küssen wurde die Reaktion auf die beiden Allergene an der Haut getestet. Das Ergebnis: Nach dem Küssen war die Reaktion der Haut infolge des Kontakts deutlich geringer. 

Kribbeln im Bauch: Wie entsteht Verliebtsein?

Verliebte Männer und Frauen gleichen sich hormonell an

6. Juli - Internationaler Tag des Kusses

Der weltweite Tag des Kusses soll an den Genuss sowie die positiven Effekte des Küssens erinnern. Und natürlich soll er zum Küssen aufrufen. Schwierig wird es nur, den Rekordkuss zu übertreffen: Der wurde am 14. Februar 2013 in Thailand aufgestellt und dauerte 58 Stunden, 35 Minuten und 58 Sekunden.

Frisch verliebt, dieser Zustand soll möglichst lange andauern, unser neuer Partner oder unsere neue Partnerin am besten für immer bei uns bleiben. Damit das nicht von vornherein schief läuft, gleichen sich Frauen und Männer zumindest hormonell gesehen an: Bei Männern sinkt die Menge des männlichen Sexualhormons Testosteron stark, bei Frauen ist es genau umgekehrt. Das hat die italienische Wissenschaftlerin Donatella Marazziti von der Universität Pisa in einer Studie herausgefunden, bei der sie Blutproben untersucht hat.

Tag der Liebenden: Woher kommt der Valentinstag?

Rätselhafter Valentinstag am 14. Februar

Am 14. Februar feiern viele den Valentinstag als "Tag der Liebenden". Dann gibt's kleine Aufmerksamkeiten - und besonders häufig Blumen. Woher der Brauch tatsächlich stammt und auf welchen Valentin sich dieser Tag bezieht, darüber wird viel spekuliert.

Liebe im Körper: Bei Verliebten schlägt nicht nur das Herz schneller

Im seligen Zustand des Verliebtseins geht es im Körper drunter und drüber. Das "Verliebtheitshormon" Phenylethylamin löst erotisches Interesse und Hochgefühl aus. Jetzt wird die Produktion des Zelltreibstoffs Adenosintriphosphat kräftig angekurbelt - das sorgt für die nötige Energie, damit das Herz schneller schlägt. Die Atemfrequenz steigt, der Puls rast, die Gefäße weiten sich, der Kreislauf kommt in Schwung.

"Good and bad touch": "Was bedeutet Berührung für uns?

Sexuelle Duftstoffe verdrehen uns den Kopf

Noch heftiger geht's in unserem Inneren bei Hautkontakt zu: Dann sendet das Gehirn der Verliebten Befehle an die Muskeln in den Arterien. Sie entspannen sich, die Durchblutung steigt, die Bronchien weiten sich, die Atmung wird flach, das Herz schlägt schneller. Jetzt wäre eine Abkühlung willkommen! Prompt sorgen Schweiß- und Talgdrüsen für kleine Perlen auf der Haut. Dabei setzen sie sexuelle Duftstoffe frei, die dem Partner erst recht den Kopf verdrehen. Und die Nebennierenrinde putscht den Körper mit noch mehr Adrenalin auf.

Hormone zwischen Leidenschaft und tiefer Bindung

Das muss Liebe sein - doch die Reaktionsabläufe sind ganz ähnlich wie bei Angst oder Stress, zum Beispiel in Angriffs- oder Fluchtsituationen. Hoden und Eierstöcke produzieren das luststeigernde Hormon Testosteron. Jetzt ist der gesamte Organismus hellwach. Beim Höhepunkt setzt der Körper Opiate frei, wie in einem kurzen, aber heftigen Drogenrausch. Bei Frauen ist es vor allem Oxytocin. Das sogenannte Kuschelhormon spielt auch bei langfristigen und tieferen Bindungen eine entscheidende Rolle und wird daher auch als "Bindungshormon" bezeichnet.

Der romantische Kuss: Eine Kulturgeschichte

Seit wann gibt es den sexuell-romantischen Kuss?

Wie Wissenschaftler im Jahr 2023 in Untersuchungen herausfanden, küssen wir uns bereits seit mindestens 4.500 Jahren aus Liebe und Zuneigung auf den Mund. Damit ist die Kusspraxis ein Jahrtausend älter als bisher angenommen. Schon in Texten in Keilschrift aus dem Alten Mesopotamien und Ägypten rund 2.500 v. Chr. gibt es Belege für romantische Küsse auf den Mund.

Laut Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Hektor Haarkötter von der Hochschule Bonn Rhein-Siegen ist Küssen eher in den nördlichen Weltregionen verbreitet. In der Sub-Sahara-Region oder am Amazonas käme der Kuss praktisch überhaupt nicht vor. Besonders beliebt sei das Küssen schon immer im indoeuropäischen Sprach- und Kulturraum gewesen. Allerdings sei es dort anfangs nicht sexuell-romantischer, sondern zeremonieller Natur gewesen.

Wie küsst man in anderen Ländern?

USA

Wangenkuss - für US-Amerikaner normalerweise der Horror - nicht so für Barack Obama 2010

Der Wangenkuss zur Begrüßung ist in Amerika nicht üblich. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama allerdings schien sich bei internationalen Treffen den europäischen Sitten angepasst zu haben.

Der Liebeskuss dagegen ist nicht nur das Markenzeichen von Hollywood-Filmen, sondern Gang und gäbe: Schon bei der ersten Verabredung ist ein dicker Schmatzer erlaubt.

Überraschende Fakten zum Küssen

Warum wir beim Küssen die Augen schließen.

Wissenschaftler gingen lange davon aus, dass Menschen beim Küssen die Augen schließen, weil ihnen das Gesicht des anderen so nahe kommt. Zwei Wissenschaftlerinnen fanden aber in einer Studie heraus, dass Menschen Berührungen intensiver wahrnehmen, wenn die Augen geschlossen sind. So müssen wir weniger Reize gleichzeitig verarbeiten und können uns auf einen Sinn konzentrieren.

Hollywood-Küsse: Das sind die legendärsten Kuss- und Liebesszenen

Sendungen über das Küssen und die Chemie der Liebe:







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