53

Altmodische Auswahl Die Kandidaten-Kür der Nobelpreisträger

Bei der Kür der Nobelpreisträger geht es sehr traditionell zu: Vorschläge für Kandidaten werden handschriftlich eingereicht - und im streng geheimen "Roten Buch" gesammelt. Im Oktober werden dann die Preisträger ausgewählt.

Stand: 13.09.2024 | Archiv |Bildnachweis

symbolische Darstellung des Roten Buchs der Nobelpreise | Bild: BR/Angela Smets, picture-alliance/dpa

Es erinnert in seiner Prozedur und in der Kompliziertheit seiner Abläufe an eine Hochzeitszeremonie in gut betuchten Kreisen: Nobelpreisträger wird man nicht auf Zuruf oder weil die Akademie in Stockholm das so übers Jahr beschlossen hat. Beim Nobelpreis pflegt man Traditionen, und das sehr bewusst.

Wer einen Nobelpreis erhält, entscheidet nicht die Nobelstiftung (Nobel Foundation). Nach dem Willen Alfred Nobels sind damit verschiedene Institutionen beauftragt:

  • Physik, Chemie und Wirtschaft: Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften
  • Physiologie oder Medizin: Karolinska-Institut in Schweden
  • Literatur: Schwedische Akademie
  • Frieden: Norwegisches Nobel-Komitee (fünf Personen, vom norwegischen Parlament ernannt)

alpha-thema: Nobelpreis: alpha-thema: Ausgezeichnet - Wie wird man Nobelpreisträger?

Was macht Forscher zu Nobelpreisträgern?

Harte Arbeit oder Zufall

Alexander Fleming vor einem Mikroskop

Alle Nobelpreisträger sind kluge Köpfe. Doch ob sie den Preis tatsächlich zuerkannt bekommen, darüber entscheidet manchmal der Zufall. So wie im Fall des schottischen Nobelpreisträgers Alexander Fleming, der seinem unaufgeräumten Schreibtisch und einer gewissen Schludrigkeit die Entdeckung des bakterientötenden Penizillins verdankte. Eine große Portion Glück gehört also dazu.

Handschriftliche Empfehlungen

Die erste Verleihung der Nobelpreise 1901

Zu Beginn jeden Jahres - und das seit 1901 - gehen von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften Einladungen an bis zu 3.000 wissenschaftliche Einrichtungen in den naturwissenschaftlichen Fächern Medizin, Physik und Chemie. Bis zum 31. Januar sind diese aufgerufen, ihre Vorschläge für den Nobelpreis nach Stockholm zu schicken. Die Formulare müssen handschriftlich ausgefüllt und mit kurzer Begründung versehen per Post zurückgeschickt werden. E-Mails werden nicht angenommen.

Das Rote Buch der Kandidaten

Was zur Folge hat, dass auch nur tatsächlich rund 500 der Angeschriebenen antworten und ihre Vorschläge einschicken. Gesammelt werden die Empfehlungen in einem gebundenen und sehr geheimen Roten Buch. Einige hundert Kandidaten sind dort vertreten, "aber natürlich tauchen die meisten Namen ja immer wieder auf", berichtete Prof. Astrid Gräslund, damals "Ständige Sekretärin" beim Chemie-Komitee in Stockholm, vor einigen Jahren.

Konflikte im Komitee

Astrid Gräslund, ehemals "Ständige Sekretärin" im Nobel-Komitee für das Fach Chemie.

Einige Mitglieder im Chemie-Komitee wählen zusammen im Frühjahr zwanzig bis dreißig Namen für den engeren Kandidatenkreis aus. Für sie werden weltweit Fachgutachten eingeholt. Nach den Sommerferien wird diese Liste dann weiter zusammengestrichen. Da es im Komitee unterschiedliche Vorlieben gibt, kommt es auch immer wieder zu Konflikten. Manche Komiteemitglieder vergeben gerne einen Preis für Grundlagenforschung, andere lieber für angewandte Forschung.

Der ersehnte Anruf

Warten vor dem Telefon

Kurz vor der offiziellen Verkündung informieren die Nobelpreis-Juroren die Preisträger per Telefon. Größen aus der Wissenschaft sitzen dann vor ihrem Telefon und hoffen, dass es klingelt. Viele Forscher liegen aber auch im Bett, wenn der Anruf kommt, denn zahlreiche Preisträger leben in die USA. Dort schlafen die meisten Menschen noch, wenn die schwedische Jury ihre Entscheidung bekanntgibt.

Männlich, grau sucht geeignete Preisträger

Anfang Oktober wird dann von den über hundert und meist ergrauten, männlichen Mitgliedern der Wissenschaftsakademie die Entscheidung für die Preisträger gefällt. In der über hundertjährigen Geschichte des Nobelpreises ist es wohl erst einmal vorgekommen, dass die Akademie beispielsweise im Bereich Chemie den Vorschlag des Komitees nicht angenommen hat.

"Man wird schon sehr zuvorkommend behandelt, wenn man auf Kongressen auftaucht."

Astrid Grälsund, ehemals Ständige Sekretärin beim Komitee des Chemie-Nobelpreises

Sendungen zum Nobelpreis und zur Auswahl der Nobelpreisträger







53