Pandemien und Epidemien Wie Pandemien entstehen
Es gibt immer wieder neue Infektionskrankheiten. Auslöser sind Viren oder Bakterien. Manche Erreger bleiben lokal begrenzt und so eine Epidemie, andere wandern als Pandemie um die Welt.
Wie sich Pandemien verbreiten, konnten wir am Corona-Virus SARS-CoV-2 beobachten. Das Virus wurde im Jahr 2019 zum ersten Mal in China in der Großstadt Wuhan nachgewiesen. Dann wanderte es um den gesamten Globus und richtete viel Leid an: Das Statistik-Portal "Worldometer" zählte bis zu seiner Einstellung am 13. April 2024 weltweit über sieben Millionen Todesopfer in Zusammenhang mit dem Cornavirus. In Deutschland gilt eine Infektion mit SARS-CoV-2 inzwischen als endemisch. Das heißt: Corona-Infektionen treten als saisonale und regionale oder nationale Erkrankungswellen fortwährend auf, ähnlich wie Grippe-Infektionen.
Ein Blick in die Geschichte zeigt: Seuchen, Epidemien und Pandemien hat es immer wieder gegeben. Das Szenario könnte sich also auch in Zukunft wiederholen.
Der Unterschied zwischen Epidemie und Pandemie
Bleibt der Ausbruch einer Infektionskrankheit räumlich begrenzt, spricht man von einer Seuche oder Epidemie. Tritt die Krankheit in mehreren Ländern oder sogar weltweit auf, handelt es sich um eine Pandemie.
Definition einer Pandemie
Eine Pandemie bezeichnet eine weltweite Epidemie. Sie wird durch neue Erreger verursacht, die in der Lage ist, schwere Erkrankungen hervorzurufen und sich gut von Mensch zu Mensch zu verbreiten. Da dieser Erreger zuvor nicht oder sehr lange nicht in der menschlichen Bevölkerung vorgekommen ist, ist das Immunsystem nicht darauf vorbereitet und somit weitgehend ungeschützt. Pandemien führen meist zu hohen Todeszahlen.
Influenzaviren verbreiten sich jedes Jahr
Grippewellen sind meist Epidemien, bis auf die schweren nach den Weltkriegen. Dazu zählt die sogenannte "spanische Grippe" von 1918/1919. Allein in Europa forderte sie mindestens 20 Millionen Menschenleben. Auf der Nordhalbkugel breitet sich die saisonale Grippe mittlerweile immer im Herbst und Winter aus. Da sich die jährlichen Grippeviren ähnlich sind, kann sich das Immunsystem in der Regel dagegen wehren. Auch ein Impfstoff lässt sich jedes Jahr aufs Neue finden. Jährlich sterben in Deutschland bis zu 15.000 Menschen an der saisonalen Grippe, vor allem Senioren und Vorerkrankte. In den meisten Fällen läuft es aber glimpflich ab, weil ein gewisser Schutz vorhanden ist, auch wenn sich das Grippevirus immer wieder minimal verändert.
Bisher unbekannte Erreger können Pandemien auslösen
Alle dreißig oder vierzig Jahre passiert es, dass sich ein Influenzavirus durch Mutationen drastisch wandelt. Möglich ist auch, dass ein Coronavirus wie SARS-CoV-2 plötzlich zum Problem wird. Das menschliche Immunsystem kann einem neuen Erreger wenig entgegensetzen.
"Das vorrangige Kriterium für eine Pandemie ist: Es muss sich im Prinzip um ein völlig neues Virus für den Wirt Mensch handeln. Das heißt, der Immunschutz gegen dieses Virus fehlt. Ganz so wie wir es bei SARS-CoV-2 erlebt haben: Wir haben überhaupt keine Immunantworten, auf die wir zurückgreifen können."
Gerd Sutter (verst. im Oktober 2023), langjähriger Virologe an der Ludwig-Maximilians-Universität München, zu Beginn der Corona-Pandemie 2020
Leicht übertragbare Erreger können zu einer Pandemie führen
Eine Pandemie kann insbesondere dann entstehen, wenn das Virus neu ist, unser Immunsystem sich also noch nicht mit dem Erreger auseinandergesetzt hat. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit einer Pandemie, wenn sich das Virus leicht von Mensch zu Mensch überträgt.
"Das ist der zweite Faktor bei einer Pandemie: Der Erreger kann ganz schnell und leicht von Mensch zu Mensch übertragen werden. Somit verbreitet er sich womöglich auf der ganzen Welt."
Gerd Sutter (verst.im Oktober 2023), langjähriger Virologe an der Ludwig-Maximilians-Universität München, zu Beginn der Corona-Pandemie 2020
Ist ein Erreger dem Immunsystem neu und überträgt er sich leicht von Mensch zu Mensch, kann er sich in Windeseile auf der ganzen Erde verbreiten. Bei SARS-CoV-2 kommt hinzu, dass das Virus bereits zu einem frühen Zeitpunkt ansteckend ist, noch bevor ein Infizierter Symptome zeigt. Außerdem überträgt sich das Virus leicht über Aerosole. Es reicht dafür lauteres Sprechen, kräftiges Ausatmen, Singen oder Nießen.
Pandemie in Europa im 6. und 14. Jahrhundert: die Pest
Die Pest, die vor allem im 6. und 14. Jahrhundert in Europa wütete, gehört zu den verheerendsten Pandemien überhaupt. Sie ist noch nicht besiegt: Die WHO meldete zwischen 1978 bis 1992 insgesamt 1.451 Todesfälle in 21 Ländern. Im Jahr 2017 gab es in Madagaskar mehrere Tausend Ansteckungen - 200 Menschen starben. 2019 bestätigte China vier Pestinfektionen. Die Krankheit lässt sich heutzutage mit Antibiotika behandeln.
Die schlimmsten Pandemien der Geschichte
Welche Errger Potenzial für eine Pandemie haben, ist oft unklar
Ob ein Erreger das Zeug dazu hat, sich über den Erdball zu verbreiten und großen Schaden anzurichten lässt oft am Anfang der Ausbreitung noch nicht erkennen. Das zeigt sich erst im Laufe der Zeit.
"Wir kennen nicht alle detaillierten Charakteristika, die generell zu einem echten Pandemie-Virus führen. In der Petrischale oder in in-vitro Experimenten können wir zumindest noch keine Aussage treffen, ob sich aus einem Virus mal ein gefährliches Pandemie-Virus entwickeln wird."
Gerd Sutter (verst. im Oktober 2023), langjähriger Virologe an der Ludwig-Maximilians-Universität München, zu Beginn der Corona-Pandemie 2020
Zoonosen - Infektionen durch Tiere
Es gibt Infektionskrankheiten, die ihren Ursprung im Tier haben und dann auf den Menschen übertragen wurden. Wie und wann SARS-CoV-2 erstmals vom Tier auf den Menschen übertragen wurde, ist nach wie vor ungeklärt. Fest steht, dass der erste größere Covid-19 Ausbruch sich 2019 auf einem Tiermarkt im chinesischen Wuhan ereignete. Dort werden Pangoline (Schuppentiere) verkauft, die in China als Delikatesse gelten. Neben Fledermäusen stehen die Schuppentiere im Verdacht, das Virus auf den Menschen übertragen zu haben - wie schon eine frühere Version des SARS-Virus im Jahr 2003. Auch die sogenannte Schweinegrippe, die 2009 entdeckt wurde, hatte ihren Ursprung in einem Tier, dem Schwein. Das Ebola-Virus, das in den Jahren 2014 und 2015 in Westafrika wütete, stammte von der Fledermaus. Auch Tollwut und Borreliose kommen bei Tier und Mensch vor. In solchen Fällen spricht man von Zoonosen.
UNO warnt vor Anstieg von Zoonose-Erkrankungen
Virologen gehen davon aus, dass es weltweit etwa 40 Viren gibt, die ein Pandemiepotential hätten. Tiere können diese Viren in sich tragen, ohne daran zu erkranken. Kommen sich Mensch und Tier zu nah, kann es zu einer Übertragung kommen.
"Wenn wir weiterhin die Tierwelt ausbeuten und unsere Ökosysteme zerstören, können wir in den kommenden Jahren einen stetigen Strom von Krankheiten erwarten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden."
Inger Andersen, Chefin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP)
Pandemie: Die sechs Warnstufen der Weltgesundheitsorganisation
Wenn Mensch und Tier immer näher zusammenrücken, weil Lebensräume aufgrund wachsender Bevölkerungszahlen enger werden, schwindet der natürliche Puffer zu den Wildtieren, die gefährliche Erreger in sich tragen können. Wärmere Temperaturen, die wegen des Klimawandels auftreten, schaffen für Keime jeder Art ideale Bedingungen, sich zu vermehren und zu verbreiten. Viele Faktoren führen dazu, dass Pandemien in Zukunft vermutlich noch häufiger auftreten werden als bisher.
Sendungen zu Pandemien und Epidemien:
- "Was wird die nächste Pandemie?": alpha-Thema, ARD alpha, 24.04.2024, 21.00 Uhr
- "Wenn Pandemien normal werden": Hirschhausen & Adick - Medizin von morgen, ARD Podcast, 22.03.2024
- "Wie verhindern wir die nächste Pandemie?": ARD Wissen, das Erste, 20.11.2023, 23.20 Uhr
- "Menschen und Viren - Vorsorge für die nächste Pandemie?": Planet Wissen, ARD alpha, 31.08.2023, 13.30 Uhr
- "Das große Sterben - Pest, Typhus und Cholera": Schatten des Todes - Die Geschichte der Seuchen, alpha-thema, ARD alpha, 08.08.2023, 21.00 Uhr
- "One Health: Gesunder Planet, gesunder Mensch?": IQ - Wissenschaft und Forschung, Bayern 2, 21.06.2023, 18.05 Uhr
- "Die nächste Pandemie kommt bestimmt": quer, BR, 16.03.2023, 20.15 Uhr
- "Vogelgrippe H5N1: Wie wahrscheinlich sind Infektionen beim Menschen?": IQ - Wissenschaft und Forschung, 17.02.2023, 18.05 Uhr
- "Drei Jahre Corona - Lernen für die Zukunft": alpha-thema, 17.01.2023, 21.00 Uhr
- "Zoonosen: Krankheiten aus dem Tierreich": Wissenswerte, rbb Inforadio, 01.01.2023
- "CITES-Artenschutzkonferenz - Wie der Wildtierhandel Zoonosen befördert": IQ - Wissenschaft und Forschung, Bayern 2, 14.11.2022, 18.05 Uhr
- "Vernetztes Denken: Wie Komplexitätsforscher die Welt retten wollen": IQ - Wissenschaft und Forschung, Bayern 2, 27.10.2022, 18.05 Uhr
- "Mensch gegen Virus · Sind wir gerüstet für die nächste Pandemie?": Gut zu wissen, BR, 24.09.2022, 19.00 Uhr
- "Dr. Ghows Azzam: Lebensgefährliche Tiere": Campus Talks, ARD alpha, 08.11.2021, 22.15 Uhr
- "Kampf gegen neue Erreger": Gut zu wissen, BR, 19.06.2021, 19.00 Uhr
- "Mensch gegen Virus - von der Spanischen Grippe bis Corona": DokThema, BR Fernsehen, 11.11.2020, 22.00 Uhr
- "Geschichte der Grippeepidemien": alles wissen - Das Wissensmagazin, ARD alpha, 09.11.2020, 17.00 Uhr
- "Pest bis Corona: Pandemien der Vergangenheit und Gegenwart": Gut zu wissen, BR, 17.07.2020, 21.50 Uhr
- "Woher kommen Zoonosen?": Gut zu wissen, BR, 11.04.2020, 19.00 Uhr
- "Wie verbreiten sich Virus-Infektionen?": Gut zu wissen, BR, 11.04.2020, 19.00 Uhr
- "Spanische Grippe vs. Corona: Haben wir dazugelernt?": Mr. Wissen2Go Geschichte, funk, 02.04.2020
- "Umgang mit Corona - Aus früheren Pandemien gelernt?": SWR 2 Wissen, 23.03.2020
- "Pandemien: Tödliche Naturgewalten": alpha-thema, ARD alpha, 29.01.2020, 17.15 Uhr