Teile von Reichertshofen sind vom Wasser überflutet. (Luftaufnahme mit einer Drohne) (Archivbild vom 02.06.2024)
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Teile von Reichertshofen sind vom Wasser überflutet. (Luftaufnahme mit einer Drohne) (Archivbild vom 02.06.2024)

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Flutschutz: Glauber verspricht mehr Geld und raschere Enteignung

Bayerns Umweltminister Glauber kündigt für den Hochwasserschutz zusätzlich einen dreistelligen Millionenbetrag an. Allein an vorhandenen Anlagen lägen die Schäden bei 30 Millionen Euro. Für weitere Projekte sollen Enteignungen erleichtert werden.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Im Zuge der Flutkatastrophe Ende Mai und Anfang Juni in Bayern sind auch an den Anlagen zum Hochwasserschutz große Schäden entstanden: Sie summieren sich auf mehr als 30 Millionen Euro, wie Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags schilderte. So zeige eine erste Bilanz, dass an den staatlichen Wildbachverbauungen, Speichern und Hochwasserschutzanlagen ein Schaden in Höhe von etwa 22,5 Millionen Euro entstanden sei, an den Messanlagen von mehreren Hunderttausend Euro. Bei den kommunalen Gewässeranlagen betrage die Summe rund acht Millionen Euro.

Diese Mängel müssen laut Glauber nun rasch beseitigt werden: "Wir werden natürlich alles daran setzen – das ist die Aufgabe für wieder anstehende oder wieder bevorstehende Hochwasserereignisse –, so schnell wie möglich unsere Anlagen zu ertüchtigen und hochwasserfest zu machen." Den Kommunen habe der Freistaat für die Sanierung ihrer Anlagen eine Förderung von 45 Prozent zugesagt.

Anlagen "haben Schlimmeres verhindert"

Einmal mehr wies Glauber Vorwürfe zurück, Bayern habe beim Hochwasserschutz gespart. "Der Freistaat Bayern hat keine Mittel gekürzt", betonte der Minister. In den fünf Jahren seiner Amtszeit seien die Haushaltsmittel für den Hochwasserschutz von 220 auf 280 Millionen Euro im Jahr 2023 aufgestockt worden. Im aktuellen Doppelhaushalt würden noch einmal sieben Millionen Euro "draufgepackt".

Bei der jüngsten Flut hätten die bayerischen Hochwasserschutzanlagen - Wasserspeicher, Polder und der Rhein-Main-Donau-Kanal als Überleitungssystem – "absolut funktioniert", sagte der Freie-Wähler-Politiker. "Sie haben Schlimmeres verhindert."

"Dreistelliger Millionenbetrag"

Dennoch sieht der Minister über die bisherigen Anstrengungen hinaus Handlungsbedarf. Das Kabinett werde im Juli darüber diskutieren, was das jüngste Hochwasser für Bayern bedeute und welche finanziellen Konsequenzen dies habe.

Dabei müsse über die Wiederinstandsetzung der belasteten Hochwasserschutzanlagen sowie über neue staatliche Hochwasser-Mittel gesprochen werden, erläuterte Glauber. Eine erste Abschätzung zeige, dass wohl ein "dreistelliger Millionenbetrag" nötig sei. Eine konkrete Summe nannte der Minister nicht. Diskutiert werden müsse auch die Frage, inwieweit eine "Vorfahrtstraße" erreichtet werden könne, um baureife Hochwasserschutzprojekte zu beschleunigen.

Glauber will Thema Enteignung anpacken

Zudem verwies der Freie-Wähler-Politiker darauf, dass konkrete Hochwasserschutzprojekte "nicht immer überall großen Applaus" finden. "Es ist oft die Frage der nötigen Grundstücke", sagte er. "Wir müssen am Ende des Tages auch zum Instrument der Besitzeinweisung, sprich Enteignung, greifen, weil eben vor Ort die Grundstücke nicht für den Hochwasserschutz zur Verfügung gestellt werden." Zuweilen gebe es keinen Baufortschritt, weil jahrelang über den Preis einzelner Grundstücke verhandelt werde. "Die Zeit haben wir nicht."

Er werde darauf drängen, im Wassergesetz das "überragende öffentliche Interesse des Hochwasserschutzgesetzes" anzuwenden, um beim Thema Enteignung einen Schritt voranzukommen. Diese Diskussion müsse sowohl im Kabinett als auch im Landtag geführt werden, "weil das schneller gehen können muss".

AfD gegen Wassercent

AfD-Fraktionsvize Ingo Hahn lobte den Minister für seinen "sehr sachbezogenen und neutralen" Bericht im Ausschuss. Auch die AfD sei der Meinung, dass eine Anpassung an Klimagegebenheiten nötig sei. Dabei stellte Hahn einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und der Häufigkeit von Extremereignissen infrage.

Für den Katastrophenschutz müsse zwar langfristig Geld ausgegeben werden. Der AfD-Politiker kritisierte aber Pläne der Staatsregierung, einen "Wassercent" einzuführen: "Muss denn noch eine zusätzliche Steuer kommen?"

Eine solche Wasserentnahmegebühr gibt es bereits in vielen Bundesländern. In Bayern will die Koalition mit den Einnahmen vor allem Projekte zum Wasserschutz und zur nachhaltigen Wasserbewirtschaftung finanzieren.

SPD: Es muss schneller gehen

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Florian von Brunn attestierte dem Minister zwar, dass er sich dem wichtigen Ziel des Hochwasserschutzes immer verpflichtet gefühlt habe. "Das erkennen wir an." Zugleich kritisierte der SPD-Politiker aber, "dass die Maßnahmen einfach zu lang dauern".

Angesichts der Klimakrise und enormer Starkregenereignisse müsse es insgesamt schneller gehen. Es könne nicht sein, dass beispielsweise der Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens bei Dinkelscherben weit mehr als 20 Jahre dauere. Daher begrüße er Glaubers Bereitschaft, dort durchzugreifen – "gegen Versuche, möglicherweise sich Profite zu sichern oder einzelne Interessen zu verfolgen".

Grüne: Zu wenig Geld, zu wenig natürlicher Hochwasserschutz

Grünen-Umweltexperte Christian Hierneis betonte, Bayern müsse deutlich mehr tun, um Eigentum und Leben zu schützen. "Im Augenblick ist es für uns zu wenig Geld, zu wenig Personal, zu wenig Wasserwirtschaftsämter und zu wenig natürlicher Hochwasserschutz", sagte Hierneis und warf Glauber vor: "Der natürliche Hochwasserschutz steht bei Ihnen leider ganz hinten an." Es gelte, das Wasser dort abzufangen, wo es vom Himmel regne - und "nicht erst warten, bis es in die Bäche und Flüsse fließt, dann durch unsere Kommunen, sie überschwemmt und dann quer durch Bayern überall Schäden anrichtet".

Zwar kürze der Freistaat keine Mittel für den Hochwasserschutz. Von den genannten 280 Millionen Euro fließe allerdings fast ein Drittel in den Unterhalt der Anlagen, sodass nur 200 Millionen für neue Maßnahmen zur Verfügung stünden. Zwischenzeitlich seien aber die Baukosten gestiegen. "Und Sie haben die Finanzmittel nicht angepasst. Das heißt, Sie können mit den 200 Millionen Euro weniger machen als noch vor einigen Jahren."

Im Video: Glauber verspricht mehr Geld bei Flutschutz

Umweltminister Glauber will in Zukunft Projekte wie Flutpolder notfalls mithilfe von Enteignungen durchsetzen.
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Umweltminister Glauber will in Zukunft Projekte wie Flutpolder notfalls mithilfe von Enteignungen durchsetzen.

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