Aus dem Kernkraftwerk in Gundremmingen müssen auch "aktivierte" Materialien entfernt werden. Sie kommen in ein Zwischenlager.
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Aus dem Kernkraftwerk in Gundremmingen müssen auch "aktivierte" Materialien entfernt werden. Sie kommen in ein Zwischenlager.

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Rückbau eines Atomkraftwerks: "Jede Schraube wird kontrolliert"

Das Kernkraftwerk Gundremmingen ist längst abgeschaltet, trotzdem herrscht auf dem Gelände Hochbetrieb. Denn die Anlage wird von Hunderten Mitarbeitern rückgebaut. Betreiber RWE gab nun einen Einblick in die aufwendigen Arbeiten.

Über dieses Thema berichtet: Rundschau Magazin am .

Wer ins Kernkraftwerk Gundremmingen will, muss sich erst einmal quasi nackig machen. Auch wenn das AKW schon seit eineinhalb Jahren nicht mehr läuft, die radioaktive Strahlung ist immer noch da und soll das Kraftwerk möglichst nicht verlassen. Deshalb müssen Mitarbeiter, wie einst zu Betriebszeiten, durch Schleusen und sich umziehen. Sogar Socken, Unterhose und Unterhemd werden gewechselt. Alltag für die rund 450 Beschäftigen, die mit der Zerlegung der Anlage beschäftigt sind.

  • Zum Artikel: Wie die Atomkraft nach Gundremmingen kam

Verfahren für Dekontamination

Block A des ehemaligen Kraftwerks ist zu einer Art Fabrik geworden. Hier zerkleinern die Mitarbeiter die ausgebauten Teile, beispielsweise mit Sägen oder Fräsen, aber auch durch Lichtbogen- und Plasmaschneiden. Im nächsten Schritt befreien Beschäftigte die Teile von radioaktiven Partikeln. Denn am Ende sollen möglichst viele Materialien wieder im Wertstoffkreislauf landen.

Für die Dekontamination gibt es eine ganze Reihe von Verfahren. Bei einigen wird keine Oberfläche abgetragen, hier reicht Absaugen, Wischen oder eine Behandlung mit Hochdruck oder Ultraschall. Beim Beizen, Bürsten oder Schleifen geht hingegen Substanz verloren.

Belastetes Material kommt ins Endlager, aber viel kann recycelt werden

Doch es gibt auch belastete Stoffe, die "aktiviert" sind. Das heißt, sie sind nicht mehr zu reinigen, weil sich ihre Materialstruktur verändert hat. Sie werden in gelbe 200 Liter Fässer verpackt und diese wiederum in einen großen Container. Ein Zug bringt die Behälter dann ins Zwischenlager nach Mitterteich in die Oberpfalz. Perspektivisch soll bis 2029 ein Endlager für schwach- und mittel-radioaktive Stoffe im Schacht Konrad in Salzgitter entstehen.

"Die gesamte Rückbaumasse des Atomkraftwerks mit den Gebäuden beträgt ungefähr 1,8 Millionen Tonnen. Den Großteil davon, also 90 bis 95 Prozent, können wir wiederverwerten oder normal entsorgen. Das betrifft vor allem Beton, Stahl oder Glas", sagt Anlagenleiter Ringel. Bevor die Stoffe allerdings das Kraftwerksgelände verlassen, werden sie erst noch freigemessen, das heißt auf ihre Strahlenbelastung hin überprüft. Das geschieht nicht allein durch Mitarbeiter der Anlage, sondern auch durch das Landesamt für Umwelt.

Unendliche Suche nach Endlager

Stoffe, die freigegeben werden, dürfen eine jährliche Strahlenbelastung von zehn Mikrosievert pro Person nicht überschreiten. "Zum Vergleich: Bei einem Transatlantikflug hin und zurück nehmen sie hundert Mikrosievert auf", so ein Pressesprecher von RWE. Der Anlagenleiter ergänzt, dass jedes Teil geprüft werde, sogar einzelne Schrauben kontrolliere man. "Wir arbeiten genau, sind aber trotzdem voll im Zeitplan", so Ringel. Der Rückbau des Kernkraftwerks Gundremmingen soll bis Mitte der 2030er Jahre abgeschlossen werden.

Auch hoch radioaktives Material befindet sich noch auf dem Kraftwerksgelände. Während Block B seit September 2022 frei von Brennelementen ist, strebt RWE selbiges bei Block C für das Jahr 2026 an. Die Castorbehälter fallen unter die Zuständigkeit der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung. Bis wann ein Endlager in Deutschland für hoch radioaktive Stoffe gefunden und vor allem gebaut sein wird, ist noch nicht absehbar. Die ursprünglichen Pläne, es bis 2050 fertigzustellen, dürften sich wohl um mehrere Jahrzehnte nach hinten verschieben.

Im Video: Wie beseitigt man ein Atomkraftwerk?

Diese Fässer mit schwach radioaktivem Inhalt kommen ins Endlager nach Salzgitter.
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Diese Fässer mit schwach bis mittel radioaktivem Inhalt kommen ins Endlager nach Salzgitter.

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