Menschen stehen in Saugendorf um ein schwarzes Auto herum.
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Als ukrainische Geflüchtete Hilfe brauchten, haben die Einwohner von Saugendorf zusammengeholfen und ihnen ein Auto finanziert.

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Wie ein Auto in der Fränkischen Schweiz zum Glücksbringer wurde

Schon zweimal hat ein kleines schwarzes Auto den Menschen in der Fränkischen Schweiz geholfen: erst Flüchtlingen, dann einem Verein. Im Ort spricht man bereits von einem wahren Glücksbringer, denn bald soll der Wagen ein drittes Mal wichtig werden.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Ein kleines schwarzes Auto rollt auf den Hof der Familie Berner in Saugendorf im Landkreis Bayreuth. Vier Menschen steigen aus und werden gleich freudig begrüßt. Sie alle kennen sich, sind Nachbarn, Freunde, eine Hilfsgemeinschaft. Und sie haben sich freigenommen, sind an einem Vormittag unter der Woche zusammengekommen, um die Geschichte von ihrem Glücksauto zu erzählen.

"In der Pampa gelandet"

Begonnen hatte alles mit zwei ukrainischen Flüchtlingsfamilien, die zu Beginn des Krieges in der Ukraine bei ihnen in Saugendorf gestrandet waren. In einem Ort mitten in der Fränkischen Schweiz, abseits der großen Straßen. "Die sind bei uns in der Pampa gelandet. Öffentlicher Nahverkehr: Fehlanzeige! Also haben wir eine WhatsApp-Gruppe gegründet und haben sie zu Behördengängen, Freunden oder ihren Jobs gefahren", berichtet Johannes Berner.

Doch die Ukrainer sollten nicht immer fragen müssen und somit als Bittsteller agieren. Sie sollten ihre Freiheiten haben. Deshalb kommt in der Chat-Gruppe die Idee auf, den Geflüchteten ganz schnell und unbürokratisch ein Auto zu kaufen.

Übergabe mit großer roter Schleife

Keine acht Stunden später ist die Summe für einen kleinen, gebrauchten VW-Fox zusammen. "Da gab der erste hundert Euro, dann der zweite auch, und der dritte schrieb, dass er das Geld auch gar nicht wieder zurück will, erinnert sich Hedwig Schrüfer. "Ich bin unglaublich stolz auf meinen kleinen Ort mit nicht mal 70 Einwohnern, dass die das so schnell finanziert haben", sagt sie.

Mit einer dicken roten Schleife dran übergeben die Saugendorfer das Auto an die zwei ukrainischen Familien. "Die sind superstolz darin rumgefahren, haben rausgewunken, das war herrlich. Und dementsprechend haben sie sich auch bei uns eingebracht. Sie haben die Kirchweih mitgefeiert, und so waren sie voll dabei im Dorfleben", erinnert sich Johannes Berner.

Versteigerung mit überraschendem Ausgang

Als die zwei Familien später ihre eigenen Autos aus der Ukraine holen können und schließlich wegziehen, geben sie den Saugendorfern ihr Auto zurück. Die überlegen nicht lang und spenden es dem Verein "Wir sind alle gleich" im Nachbarort Waischenfeld. Um an Geld zu kommen, verlost der Verein das Auto. In der Vorweihnachtszeit verkaufen sie Lose zu je zehn Euro in der Umgebung. So kommt ein mittlerer vierstelliger Betrag zusammen – das ist etwa doppelt so viel, wie das Auto eigentlich noch wert ist.

Am Weihnachtsmarkt erfolgt dann die Ziehung. Es gewinnt ein Bayreuther Geschäftsmann. "Der wollte mit dem Loskauf eigentlich nur den Verein unterstützen. Seine spontane Reaktion war, dass er das Auto nicht braucht und es dem Verein zurückschenkt", berichtet Claus Hempfling vom Verein "Wir sind alle gleich".

Jobs und Wohnungen für Menschen mit Behinderung

Die Vereinsmitglieder sind darüber superglücklich. Denn sie arbeiten gerade an ihrem Herzensprojekt, werden in wenigen Wochen eine Gärtnerei und einen Laden übernehmen und wollen dort Menschen mit Behinderung einen Job am ersten Arbeitsmarkt bieten. Auch Wohnungen für Menschen mit speziellen Bedürfnissen wollen sie finanzieren. "Das Auto ist ein riesengroßer Glücksbringer für uns und ich denke, das wird auch noch einige Jahre hier in Waischenfeld und Saugendorf herumfahren", sagt Claus Hempfling. Und vielleicht bringt es ihnen ja auch noch ein viertes Mal Glück.

Menschen stehen in Saugendorf um ein schwarzes Auto herum.
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Als ukrainische Geflüchtete Hilfe brauchten, haben die Einwohner von Saugendorf zusammengeholfen - und ein Auto finanziert.

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